Also sprach Günter Kreissl Ende Februar 2018: "Ein guter Frühjahrs-Start im nächsten Jahr. Das ist das Ziel und bleibt es jetzt einmal für die nächsten zwölf Monate."
Zu diesem Zeitpunkt konnte der Geschäftsführer Sport des SK Sturm Graz natürlich noch nicht wissen, welche Höhen und Tiefen ihn in den folgenden zwölf Monaten erwarten würden - sei es der Cupsieg im Frühjahr, der hektische Transfer-Sommer oder der turbulente Herbst mit dem Switch von Heiko Vogel auf Roman Mählich als Trainer.
Nun ist der Zeitpunkt gekommen, das "große Saison-Ziel" Realität werden zu lassen. Der damalige Galgenhumor hat nämlich durchaus einen ernsten Kern.
"Es hat sogar definitiv einen ernsten Kern", betont Kreissl, "denn Sturm ist in den letzten Jahren traditionell nicht gut ins Frühjahr gestartet, speziell die letzten zwei Frühjahrs-Auftakte gegen Mattersburg gingen beide verloren."
Wie es der Zufall so will, geht es für die "Blackies" diesmal beim Frühjahrs-Auftakt wieder gegen die Burgenländer (Sonntag, 14:30 Uhr im LIVE-Ticker).
Kreissl: "Das Sprichwort soll nicht aller schlechten Dinge sind Drei heißen."
VIDEO: Kreissls Freude über die Neuzugänge:
(Text wird unter dem Video fortgesetzt)
2012 letzter Sturm-Sieg beim Frühjahrs-Auftakt
Die Frühjahrs-Müdigkeit des SK Sturm ist so hartnäckig, dass sie sich mehr oder weniger schon fast durchs ganze Jahrzehnt zieht.
Ältere Fans der Grazer werden sich vielleicht noch an den letzten Sieg bei einem Frühjahrs-Auftakt erinnern. Sieben Jahre liegt dieser bereits zurück, genau gesagt gelang er am 11. Februar 2012. Gegner war - eh klar - auswärts der SV Mattersburg.
Für Freunde der Nostalgie die damalige Startelf unter der Anleitung des amtierenden Meistertrainers Franco Foda: Cavlina - Standfest, Dudic, Burgstaller, Popkhadze - Wolf, Säumel, Weber, Kainz - Szabics, Pavlov.
Der Großteil der damaligen "Auftakt-Helden" hat inzwischen die Karriere beendet. Siegtorschütze war Imre Szabics, er ist inzwischen Co-Trainer von ÖFB-Teamchef Foda.
Im Rückspiegel betrachtet, wachte Sturm damals nur früh aus dem Winterschlaf auf, der Frühjahrs-Müdigkeit entging man nicht. In den folgenden fünf Partien gelang weder ein Sieg geschweige denn ein Tor. Im weiteren Rückrunden-Verlauf wurde Foda beurlaubt.
In den folgenden Jahren sollte es jeweils dauern, bis der erste Sieg gelang. Ein schneller Rückblick:
2017/18:
Gegner | Ergebnis |
---|---|
SV Mattersburg (a) | 0:1 |
Wolfsberger AC (h) | 0:1 |
Rapid Wien (a) | 1:1 |
Red Bull Salzburg (h) | 2:4 |
Als Herbstmeister mit Titel-Hoffnungen ins Frühjahr gestartet, setzte es - zum wiederholten Male - in Mattersburg den ersten Dämpfer. Eine Heimniederlage gegen den WAC, ein Remis bei Rapid und eine Heim-Pleite gegen Salzburg später war der Fehlstart in die Trainer-Ära von Heiko Vogel perfekt und man musste den "Bullen" quasi bereits zur Meisterschaft gratulieren. Wenigstens erfing man sich in der Folge und wurde noch Cupsieger.
Eine Erklärung für die hartnäckige Frühjahrs-Müdigkeit hatte Kreissl damals nicht in petto, mit Galgenhumor meinte er: "Vielleicht gibt es esoterische Ansätze und irgendwer bearbeitet uns mit einer Voodoo-Puppe."
2016/17:
Gegner | Ergebnis |
---|---|
Mattersburg (a) | 0:1 |
Austria Wien (h) | 0:4 |
SKN St.Pölten (a) | 1:2 |
Auch Foda weiß zu Genüge, wie sich Frühjahrs-Auftakt-Frust anfühlt. Der spätere Sturm-Kicker Thorsten Röcher schoss Mattersburg zum obligatorischen Sieg, gegen die Austria setzte es ein 0:4-Debakel und auch in St. Pölten konnte man nicht gewinnen. Den ersten Sieg im Frühjahr schaffte man erst im vierten Spiel, als man sich mit einem 3:0 gegen Altach den Frust von der Seele schoss.
2015/16:
Gegner | Ergebnis |
---|---|
SCR Altach (a) | 2:2 |
Wolfsberger AC (a) | 0:0 |
Rapid Wien (h) | 0:2 |
Auch im Frühjahr 2016 hieß es für die Foda-Elf bis zum vierten Frühjahrs-Spiel warten, ehe der erste Sieg eingefahren werden konnte. Thorsten Schick rettete beim Auftakt in Altach in allerletzter Minute ein 2:2. Eine Nullnummer in Wolfsberg später ging man zu Hause gegen Rapid als 0:2-Verlierer vom Platz. Erst ein 1:0-Sieg in Ried ließ Sturm durchatmen, ehe es auch in den folgenden vier Spielen keinen Sieg zu bejubeln gab.
2014/15:
Gegner | Ergebnis |
---|---|
Wiener Neustadt (h) | 3:2 |
Rapid Wien (a) | 0:1 |
Ein Jahr davor war man bei Sturm mit dem ersten Frühjahrs-Sieg vergleichsweise "flott" dran. Einem 3:3 gegen Wiener Neustadt folgte eine 0:1-Niederlage bei Rapid, das Goldtor erzielte Ex-Sturm-Angreifer Robert Beric. Ein 2:1-Heimsieg im dritten Frühjahrs-Match gegen die Austria bedeutete den Auftakt in eine gute Phase mit sechs Siegen in sieben Spielen.
2013/14:
Gegner | Ergebnis |
---|---|
Admira (a) | 1:1 |
Red Bull Salzburg (h) | 1:4 |
SV Ried (a) | 2:2 |
Wolfsberger AC (h) | 1:4 |
Wiener Neustadt (a) | 1:2 |
Austria Wien (h) | 1:1 |
Gleich sechs Spiele zogen im Frühjahr 2014 unter Trainer Darko Milanic ins Land, ehe es Ende März mit einem 3:1 gegen den FC Wacker Innsbruck den ersten Frühjahrs-Sieg zu feiern gab. Bei der bitteren 1:4-Heimniederlage gegen den WAC schoss übrigens ein gewisser Peter Zulj einen Treffer für die Kärntner.
2012/13:
Gegner | Ergebnis |
---|---|
SV Mattersnurg (a) | 0:0 |
Wolfsberger AC (h) | 1:3 |
Rapid Wien (a) | 1:1 |
Admira (h) | 1:2 |
Peter Hyballa hieß beim Fehlstart 2013 der Feldherr. In den ersten vier Partien nach dem Jahreswechsel gab es zwei Unentschieden und zwei Heimniederlagen. Mit Siegen in Ried und gegen den FC Wacker verschaffte sich der deutsche Coach eine Atempause. Im schwarz-weißen Horror-Frühjahr sollte in den zehn Runden danach tatsächlich nur noch ein weiterer Sieg folgen - unter Interims-Coach Markus Schopp gegen die SV Ried.
Schwierige Ursachenforschung
Diese Zeitreise soll verdeutlichen, dass es wohl nicht den einen Grund dafür gibt, dass der SK Sturm beim Frühjahrs-Anpfiff selten ready ist.
Diverse Trainer (Hyballa, Milanic, Foda, Vogel) schafften keinen Sieg im ersten Liga-Spiel des jeweiligen Kalenderjahres und das mit zahlreichen verschiedenen Spielern - Kaderumbrüche gab es in Graz seit 2012 bekanntlich einige, verschiedene Sportchefs sowieso.
Auch Kreissls Ursachenforschung geht eher in Richtung Schicksal: "Es gibt manchmal Serien, die irgendwann eine Kraft haben und auf eine Mannschaft wirken, wobei sich immer wieder die Personen verändern. Wenn man es vergleicht, waren beim Frühjahrs-Auftakt vor drei Jahren ganz andere Leute am Werken."
Hohe Dringlichkeit, von Beginn an voll da zu sein
Daher sei dieser Fluch eine Geschichte, die immer wieder an den Verein herangetragen werde. Generell meint Kreissl: "Warum Serien manchmal so eine Kraft entwickeln, man gegen irgendeinen Gegner oft sehr gut aussieht und gegen andere Gegner nicht gewinnen kann, ist schwer zu analysieren. Aber Serien sind dazu da, um irgendwann gebrochen zu werden. Wir haben in den letzten Jahren viele Serien gebrochen, und die nächste, die wir angehen wollen, ist der Frühjahrs-Auftakt in Mattersburg."
"Die Mannschaft ist sich der Wichtigkeit der Aufgaben, die vor uns liegen, bewusst. Wir müssen in diesen vier Spielen alles tun, um in die Meisterrunde zu kommen. Hoffentlich werden wir auch wirklich auf den Punkt da sein."
In diesem Jahr ist die Dringlichkeit, gleich in den ersten Frühjahrs-Runden hellwach zu sein, durch die Teilung der Liga nach den ersten vier Spielen besonders groß. Sturm will unbedingt in die Meisterrunde, befindet sich als Sechster jedoch auf dem Schleudersitz. Der Spielraum für unnötige Punkteverluste ist eher gering.
"Die Mannschaft ist sich der Wichtigkeit der Aufgaben, die vor uns liegen, bewusst. Wir müssen in diesen vier Spielen alles tun, um in die Meisterrunde zu kommen. Hoffentlich werden wir auch wirklich auf den Punkt da sein", betont der Sportchef.
Mählich der richtige Muntermacher?
Kreissl geht jedenfalls mit einem "neugierigen und grundsätzlich guten Gefühl" ins Frühjahr, mit der Vorbereitung zeigt sich der 44-Jährige zufrieden:
"Es war für Roman Mählich sehr wichtig, ohne den Liga-Stress die Mannschaft noch besser kennenzulernen, weil er ja erst im November mitten im Betrieb eingestiegen ist. Daher war die Zeit sehr wertvoll für uns."
Wie wertvoll, wird sich bereits in Mattersburg weisen. Sturm hat es jedenfalls selbst in der Hand, diese Thematik zu einem Fall für die Archive zu machen.
Mit Mählich ist jetzt jedenfalls ein Trainer am Werk, der schon in seinen ersten Partien als Sturm-Coach bewiesen hat, dass er guten Ergebnissen alles unterordnet.
Vielleicht ist genau dies der richtige Muntermacher gegen den Winterschlaf.