Romano Schmid wird den SK Sturm Graz in Richtung Red Bull Salzburg verlassen, die Steirer geben sich im Kampf um ihr Super-Talent geschlagen.
"Die Sachlage ist, dass der Spieler fest entschlossen ist, diesen Schritt machen zu wollen. Ich teile seine Meinung, dass das für ihn der beste Schritt zur Weiterentwicklung ist, nicht, aber in gewisser Art muss man akzeptieren, wenn ein Spieler eine Entscheidung fällt und sich nicht beirren lässt", erklärt Sturms Geschäftsführer Sport Günter Kreissl am Mittwoch in Graz bei einer Pressekonferenz.
"Ich bin enttäuscht, weil er nicht sieht, was wir für ihn getan haben, aber ich bin ihm nicht böse, weil sich der Spieler einen Platz in meinem Herzen erarbeitet hat. Aber inhaltlich sehe ich es nicht so wie der Bursche", bekräftigt Kreissl.
Fragen und Antworten rund um diesen aufsehenerregenden Transfer:
WIE KAM ES ZUR AUSSTIEGSKLAUSEL?
Schmid nützt eine Ausstiegsklausel, um diesen Wechsel durchzuboxen. Viele Sturm-Fans fragen sich, wie es im Kontrakt des Teenagers überhaupt zu diesem Konstrukt kommen konnte. Rückblende von Kreissl in den Sommer 2016:
"Ich bin am Ende meines ersten Monats bei Sturm Graz informiert worden, dass der Vertrag mit Romano Schmid aufgrund einer nicht korrekten Zeichnung ungültig ist", erinnert sich der 43-Jährige, der daraufhin Experten mit einer rechtlichen Beurteilung beauftragt hat.
"Die erfolgreichsten Phasen von Sturm sind zwei Mal aus finanziellen Notsituationen heraus entstanden, als in der Folge auf Eigenbauspieler gesetzt wurde. Ich möchte solch eine Phase ohne finanzielle Notsituation schaffen. Deswegen bin ich enttäuscht, dass es der Spieler nicht genauso sieht."
Von Seiten Sturms hätte man nach der Devise "Wo kein Kläger, da kein Richter" vorgehen können: "Aber was ist, wenn die Partei des Spielers sagt, der Vertrag ist ungültig und er möchte den Verein verlassen? Alle Experten haben gesagt, dass wir dann schlechte Karten haben."
Schmids damaliger Berater habe Kreissl vom Interesse mehrerer großer Klubs aus dem In- und Ausland, darunter Red Bull Salzburg, informiert und ein paar Tage Zeit gegeben, um den Vertrag zu korrigieren. "Eine Ausstiegsklausel war darin ein K.o.-Kriterium", verdeutlicht Kreissl, der vor der Entscheidung gestanden sei, dass Schmid den Verein entweder auf gerichtlichem Wege und nur mit einer Ausbildungsentschädigung verlässt, oder zu versuchen, die Klausel in die Höhe zu treiben.
Medial kolportiert wurden bezüglich Höhe besagter Klausel 600.000 Euro. Kreissl: "Die Höhe der Ausstiegsklausel kann ich nur bedingt kommentieren, weil in jedem Vertrag eine Stillhalteklausel vereinbart ist. Ich kann nur sagen, dass diese Höhe nicht richtig ist."
Nun würde Sturm jedoch mehr Ablöse kassieren, als wenn man Schmid ohne Intregration der Klausel verloren hätte.
WO HAT SCHMID DIE BESSEREN CHANCEN?
Der 17-Jährige sieht ganz offenkundig im Red-Bull-Konzern, der bekanntlich nicht nur besser entlohnt, sondern sich auch nachhaltig als guter Förderer von Talenten etabliert hat, bessere Karriere-Chancen. Beim SK Sturm sieht man die Lage naturgemäß komplett anders.
Kreissl erläutert, dass ihm nach der Integration der Ausstiegsklausel im vergangenen Sommer bewusst gewesen sei, dass man alles tun müsse, um den Jungspund ideal zu fördern. Denn ein Talent, das sich wohl fühle, sollte der Verlockung, von der Ausstiegsklausel Gebrauch zu machen, weniger wahrscheinlich erliegen.
"Er selbst hat für sich herausgearbeitet, dass er bei Red Bull die besten Chancen auf eine Weiterentwicklung sieht. In meinen Augen ist aber Spielpraxis beim Tabellenführer der Bundesliga höher anzusiedeln als beim FC Liefering."
Der Geschäftsführer Sport spricht diesbezüglich auch dem Trainer-Team rund um Franco Foda ein Kompliment aus. Schmid sei gegen Ende der vergangenen Saison in den Kader gerutscht, in dieser Vorbereitung als fixer Bestandteil aufgenommen und für seine Arbeit auch mit Einsatzzeiten in Pflichtspielen belohnt worden.
"Aus meiner Sicht kannst du einen 17-Jährigen fast nicht besser fördern", meint Kreissl, der darauf verweist, dass er trotz der öffentlichen Meinung, dass Sturm an vorderster Front nachrüsten müsse, keinen weiteren Stürmer verpflichtet habe, um diesen Platz für Schmid freizuhalten.
Nachdem der Teenager gegen Austria Wien als erster in den 2000er-Jahren geborener Spieler ein Bundesliga-Tor erzielt hat, habe Kreissl noch öffentlich betont, dass man den Spieler nun nicht hypen dürfe und es das Wichtigste sei, dass er am Boden der Realität bleibt.
"Darum war es ein Schlag für mich, als ich drei Tage später - korrekt von seinem neuen Management - informiert wurde, dass der Spieler zu Red Bull wechseln möchte. Ich konnte es erst gar nicht glauben und wollte mit dem Spieler selbst sprechen", so Kreissl, der Berater Thomas Böhm jedoch nicht als treibende Kraft hinter diesem Transfer identifiziert hat.
Schmid ließ sich jedoch weder vom Präsidenten, Trainer oder Mitspielern umstimmen, auch nicht von einem neuen Vertragsangebot zu verbesserten Bezügen ("Wir hätten uns eine Verlängerung im Rahmen unserer finanziellen Hierarchie vorstellen können, ein junger Spieler kann nicht das Doppelte oder Dreifache von anderen verdienen") umstimmen.
Laut Kreissl sei Sturm die sportlich bessere Plattform für Schmid: "Es geht im Fußball immer um Wahrscheinlichkeiten - wo ist die Wahrscheinlichkeit am höchsten, dass man sich in den nächsten ein, zwei Jahren am besten entwickelt? Sie ist hier höher, weil wir einen Platz für ihn freigehalten haben. Die erfolgreichsten Phasen von Sturm sind zwei Mal aus finanziellen Notsituationen heraus entstanden, als in der Folge auf Eigenbauspieler gesetzt wurde. Ich möchte solch eine Phase ohne finanzielle Notsituation schaffen. Deswegen bin ich enttäuscht, dass es der Spieler nicht genauso sieht."
"Er selbst hat für sich herausgearbeitet, dass er bei Red Bull die besten Chancen auf eine Weiterentwicklung sieht. In meinen Augen ist aber Spielpraxis beim Tabellenführer der Bundesliga höher anzusiedeln als beim FC Liefering, wonach es jetzt einmal aussieht", so Kreissl weiter.
WIE WIRD STURM NUN REAGIEREN?
Noch ist der Transfer von Schmid nicht gänzlich fix, aber er wird passieren. Auch Kreissl selbst bewertet die Wahrscheinlichkeit, dass der Youngster am Ende der Woche Red-Bull-Spieler ist als höher, als dass er es nicht ist.
"Ich möchte keinen fertigen Stürmer verpflichten, sondern wenn einen jungen Spieler mit Entwicklungspotenzial, der vom Profil her etwas mitbringt, was wir derzeit noch nicht im Kader haben."
Kreissl betont, dass mit den Salzburger Verantwortlichen noch Gespräche bezüglich einer Beteiligung an einem etwaigen Weiterverkauf laufen würden: "Wir möchten noch das bestmögliche Ergebnis für den SK Sturm erzielen."
Werden die Grazer nun nachrüsten und einen Ersatz im Offensivbereich verpflichten oder dem aktuellen Spielermaterial vertrauen? "Wie immer ist beides denkbar", sagt Kreissl und verweist darauf, dass die "Blackies" mit Neuzugang Oliver Filip, der kommende Woche zu 100 Prozent ins Mannschaftstraining einsteigen soll, einen weiteren Spieler in der Hinterhand haben.
Desweiteren stehen im Angriff Deni Alar, Philipp Zulechner und Fabian Schubert zur Verfügung. Einen routinierten Neuzugang schließt der Grazer Sportchef aus.
"Ich möchte keinen fertigen Stürmer verpflichten, sondern wenn einen jungen Spieler mit Entwicklungspotenzial, der vom Profil her etwas mitbringt, was wir derzeit noch nicht im Kader haben", erläutert Kreissl.