Der SK Sturm Graz schwimmt weiterhin auf der Erfolgswelle und ruft dabei in beeindruckender Konstanz die eigenen Erfolgsgeheimnisse ab.
So auch beim 3:1-Heimsieg im Schlager gegen Rapid. Die Wiener mussten einsehen, dass sie mit der Kaderqualität oder der Spielweise der Steirer aktuell nur bedingt mithalten können.
Otar Kiteishvili, Albian Ajeti, Bryan Teixeira oder Amadou Dante - die Klasse, die sich gegen die Hütteldorfer auf Sturms Bank wiedergefunden hat, spricht für sich. Und das, obwohl große Namen wie Gregory Wüthrich, Jakob Jantscher oder William Böving noch verletzungsbedingt fehlen.
Ein Kennzeichen funktionierender Teams ist es fraglos, dass sich Spieler auch mal hinten anstellen, wenn man sich hinter ganz speziellen Zielen versammeln kann.
Geschichte schreiben mit einem Traditionsverein
Dies ist beim Salzburg-Herausforderer derzeit durchaus der Fall.
"Wir alle sind Teil eines Traditionsvereins. Ein Traditionsverein hat ein Gedächtnis, das weit über unsere Zeit hinausgeht. Das heißt, wir haben das Privileg, dass wir jetzt in einem Traditionsverein richtig Geschichte schreiben können, die keiner so schnell vergisst. Das ist schon größer als jeder einzelne."
"Jeder einzelne Spieler muss verstehen, dass Egoismus im Sport natürlich eine gewisse Rolle spielt, der bringt einen auch auf ein gewisses Niveau. Aber es geht dann trotzdem um etwas Größeres", verdeutlicht Trainer Christian Ilzer und konkretisiert:
"Wir alle sind Teil eines Traditionsvereins. Ein Traditionsverein hat ein Gedächtnis, das weit über unsere Zeit hinausgeht. Das heißt, wir haben das Privileg, dass wir jetzt in einem Traditionsverein richtig Geschichte schreiben können, die keiner so schnell vergisst. Das ist schon größer als jeder Einzelne."
Wenn dies jedem bewusst sei und jeder für die gemeinsame Sache alles gibt, "dann werden wir am Ende sehr gute Möglichkeiten haben, diese Träume, die wir in uns tragen, realisieren zu können."
Es braucht Vorstellungskraft und Träume
Sturm Graz darf sowohl vom Meistertitel als auch vom Cupsieg träumen.
"Diese Saison kann zu einer legendären werden, von welcher wir in vielen Jahren noch unseren Kindern erzählen werden. Die Rechnung ist einfach: 10 Spiele - 10 Siege und der Meisterteller wandert wieder mal nach Graz. Aber alles step by step!", heißt es vor dem Duell mit Rapid in einer Botschaft des "Kollektiv 1909", den führenden Fangruppen der "Blackies".
Schritt für Schritt ist hier entscheidend. Den Traum vom Meistertitel nimmt Ilzer jedoch weder den Fans noch den Spielern. Ihm geht es um eine realistische Herangehensweise.
"Wer keine Vorstellungskraft vom ganz Großen drinnen hat, der limitiert sich selbst. Die Vorstellungskraft und die Träume können gar nicht groß genug sein, die können dich inspirieren und antreiben", betont der 45-Jährige.
Nicht auf Ergebnisse und Hirngespinste fokussieren
Träumer müssen jedoch auch wieder zurück in der Realität landen, und diese hieße, Woche für Woche abzuliefern. Jeder müsse versuchen, seinen bestmöglichen Beitrag zu leisten, um die nächste Aufgabe "top zu erledigen".
"Das ist der Fokus. Wer sich nur auf Ergebnisse und Hirngespinste fokussiert, wird vergessen das zu tun, was nötig ist, um dahinzukommen", so Ilzer.
"Der Gegner muss permanent bereit und online sein. Wenn du im Kopf nie eine Ruhe bekommst, ist natürlich die Folge, dass du fehleranfälliger wirst."
So ein Flow will gehegt und gepflegt werden.
Ist man in selbigem, muss auch nicht alles gelingen und man geht trotzdem als Sieger vom Platz. Gegen Rapid hat Ilzer auch nicht alles gefallen, aber gerade in Sachen "Qualität der Topchancen" sei man das bessere Team gewesen.
Stress beim Gegner
Auf Seiten Rapids beklagte man die Eigenfehler, die zu Sturms Toren geführt hätten. Eines der Erfolgsgeheimnisse der Steirer in dieser Saison ist es jedoch durchaus auch, dass man die Kontrahenten immer wieder zu besagten Fehlern zwingt.
Oder wie es Ilzer erläutert: "Im Fußball kann man verschiedene Herangehensweise wählen. Man kann sagen, ich versuche jede Spielphase zu entschleunigen, sich im Spiel gegen den Ball fallen zu lassen, Räume dicht zu machen, das Tempo rauszunehmen. Oder ich kann auch versuchen, im Spiel mit dem Ball zu entschleunigen, indem ich auf Kontrolle und Ballbesitz gehe."
Auf Sturm trifft dies alles nicht zu: "Unsere Herangehensweise ist, dass wir versuchen, jede einzelne Phase extrem zu beschleunigen und dadurch auch beim Gegner extrem hohen Stress auszuüben. Er muss permanent bereit und online sein. Wenn du im Kopf nie eine Ruhe bekommst, ist natürlich die Folge, dass du fehleranfälliger wirst."
Gegen die Hütteldorfer sei nicht alles nach Vorstellung gelaufen: "Aber wir waren immer dann bereit, wenn es Möglichkeiten gegeben hat. Wir haben unsere Ballgewinne hervorragend ausgespielt und richtig schöne Tore gemacht."
Rufen alle Beteiligten alles Notwendige ab, sei die Chance gut, das eigene Potenzial bestmöglich auszureizen. "Wenn es dann aber einen Gegner gibt, der noch besser ist, muss man ihm einfach gratulieren", unterstreicht der Sturm-Coach.
Dass Serienmeister FC Red Bull Salzburg, der die Tabelle drei Punkte vor Sturm anführt, in den letzten zehn Jahren stets besser als die Konkurrenz war, ist bekannt. Daher findet Ilzer weiterhin, dass auch der zweite Platz super sei: "Es ist nicht so, dass man den in Österreich im Spazierengehen erreicht."
Dadurch steigt die Trainingsqualität
Zurück zum großen Kader: Gerade in funktionierenden Mannschaften tragen jene Spieler, die nicht von Beginn an auflaufen, sehr viel zu Erfolgen bei.
Einerseits indem sie ihr Ego im Griff haben, andererseits indem sie ihre Klasse trotzdem einbringen. Damit sind nicht nur Joker-Einsätze wie jener von Otar Kiteishvili gemeint, der gegen Rapid den dritten schwarz-weißen Treffer erzielt hat.
Aktuell hätten sich jene Akteure, die im Februar und März performt haben, ihren Platz in der Startelf verdient.
"Otar ist aus einer Verletzung zurückgekommen. Ich sehe natürlich in den Trainings, wie er, Albian Ajeti oder William Böving Gas geben. Sie wissen genau, dass sie im Training ans Limit gehen müssen, um wieder in diese Mannschaft zu kommen. Diese Situation nützen wir für uns, weil wir dadurch eine enorme Trainingsqualität bekommen, und die ist eine Basis für gute Spiele."
Die schnellen Gegentreffer
Diverse Spieler im Kader haben sich in dieser Saison weiterentwickelt, sei es am Platz oder auch als Persönlichkeit, die in der Lage ist, dann voll bei sich zu sein, wenn es darauf ankommt.
Das heißt jedoch nicht, dass immer alles funktioniert. Ein Beispiel: In den letzten drei Heimspielen hat Sturm jeweils relativ bald nach der Führung den Ausgleich kassiert und so den Gegner unnötig wieder stark gemacht.
"Das ist bitter. Mit dieser Führung werden wir einfach ein bisschen zu passiv und können das hohe Tempo nicht halten, weil wir einfach im Kopf runterschalten", erläutert Ilzer.
Dies ist natürlich alles andere als ideal. Während es gegen die Wiener Vereine Austria und Rapid gut ging, läutete es zuvor gegen Klagenfurt die einzige Niederlage im Frühjahr ein.
Wann thematisiert man Fehler zu viel?
"Wir thematisieren das natürlich", sagt Ilzer, warnt jedoch gleichzeitig: "Die Gefahr ist jedoch auch: Wann thematisiert man es zu viel? Manifestiert es sich zu sehr im Kopf, kommen Gedanken. Um gute Leistungen zu bringen und sein Toppotenzial auszuspielen, sollte man nicht zu viele Gedanken im Kopf tragen."
Deshalb müsse man diesen Inhalt nebenher unterbringen: "Wir müssen schauen, dass wir es irgendwo in gewissen Situationen verpacken, in denen sie es gar nicht merken und unbewusst darauf reagieren."