James Jeggo und Uros Matic - im Herbst 2016 spielten sie gemeinsam für den SK Sturm, ab Sommer 2018 laufen beide für Austria Wien auf.
Die jüngsten Transferaktivitäten in der Bundesliga sorgen für Unmut im Fanlager der Schwarz-Weißen in Graz. Geschäftsführer-Sport Günter Kreissl schildert am Freitag seine Sicht der Dinge und kommt zur Einsicht, dass am Ende des Tages nicht Worte, sondern Taten zählen.
"Von der menschlichen Seite enttäuschen mich beide Transfers. Mir tut es sehr leid für unsere Fans, die gerade diese zwei Spieler ins Herz geschlossen haben und beide zum Teil auch öffentlich gesagt haben, dass Sturm Graz der einzige Verein in Österreich für sie ist", sagt der 44-Jährige.
"Inhaltlich habe ich damit aber viel weniger ein Problem, weil ich absolut davon überzeugt bin, dass wir in der nächsten Saison eine genauso schlagkräftige Mannschaft haben werden wie in diesem Jahr."
Kreissl: "Man wird skeptischer"
Die persönliche Enttäuschung kann Kreissl nach mehreren Gesprächen mit Jeggo nicht verhehlen: "Mir tut es schon weh, wenn dir jemand in vielen Gesprächen etwas sagt und es dann nicht so einhält."
"Das Geschäft will dich fast dazu zwingen, dir zu suggerieren, dass Geld das absolut oberste Maß aller Dinge ist. Ich will mich nach wie vor diesem Glauben nicht komplett anschließen, ich glaube nach wie vor an das andere. Auch wenn ich damit in der Minderzahl bin."
Die Erfahrung lehrt den Sturm-Sportchef in diesem Bereich. Wenn es auch kein angenehmer Lernprozess ist: "Du lernst, gewisse Dinge zu relativieren. Das ist gar nicht schön, aber eine Konsequenz. Man wird skeptischer. Es ist ein Prozess, den ich mir nicht gewünscht habe, aber das macht auch der Job. Ich sehe immer noch oft genug Spieler, die sich sehr loyal verhalten. Es wäre nicht gerecht, alle in einen Topf zu werfen."
Sturm wurde gesagt: Matic wechselt in die Emirate
Während sich der Abgang von Jeggo - wenn auch nicht zur Austria - aus Sicht von Sturm abzeichnete, war Uros Matic, der beim FC Kopenhagen zuletzt zum Zug kam, ein Thema für eine Rückkehr.
"Ich habe dreimal beim Management von Uros Matic angerufen und gesagt, für den Fall, dass sich bei uns etwas tut, denken wir über eine Rückkehr nach und habe gefragt, ob es Chancen gibt. Mir wurde dreimal gesagt, das sei unmöglich, weil Uros in die Emirate wechseln wird", erklärt Kreissl.
"Dann ist es verwunderlich, dass man ohne weitere Info liest, dass Matic bei Austria Wien unterzeichnet hat. Laut seiner Beratungsagentur auf ausdrücklichen Wunsch von ihm. Das ist ein wenig befremdlich, aber so hinzunehmen. Es hat aber keine Verhandlungssituation zwischen Uros Matic und Sturm Graz gegeben, weil die Beratungsagentur von vornherein gesagt hat, dass das nicht möglich ist."
Dass sowohl Jeggo als auch Matic betont haben, in Österreich nur bei Sturm spielen zu wollen, findet auch Trainer Heiko Vogel nicht glücklich, mit Jeggo im Sturm-Kader hatte er aber sowieso nicht mehr gerechnet.
"Es hat uns als Verein jetzt nicht getroffen, dass Jimmy den Verein verlässt. Er hat uns in Gesprächen immer wieder gesagt, dass es ein noch unerfüllter Traum von ihm war, nach England zu gehen, weil er dort Wurzeln hat. Insofern war ich nie naiv zu glauben, dass er bei uns verlängert. Ich bin überrascht über die Destination, aber das muss Jimmy selbst wissen. Er ist alt genug, um zu wissen, was er tut."
Kreissl auf Edomwonyi-Abgang vorbereitet
Noch dazu habe Sturm bereits mit Markus Lackner vorzeitig einen Ersatz verpflichten können. "Wir haben unseren Job gemacht. Es geht in dem Geschäft immer darum, vorbereitet zu sein. Es gibt immer das Gefüge Berater-Spieler-Verein. Das ist part of the game", sagt Vogel.
Dass mit Bright Edomwonyi ein weiterer Sturm-Spieler ins violette Lager wechseln könnte, versucht Kreissl gelassen zu sehen: "Wir versuchen auch auf dieser Position vorbereitet zu sein. Wir wissen noch nicht, in welche Richtung die Entscheidung von Rizespor und schon gar nicht in welche Richtung die Entscheidung von Edi gehen wird. Gerade angesichts der Ereignisse in den letzten Tagen ist es ein wenig schwierig, die Kommentare der Spieler richtig einzuordnen, also versuchen wir auch hier, vorbereitet zu sein."
"Durch den Abgang von James Jeggo gibt es einen freien Kaderplatz, da kann man jetzt über die linke Seite nachdenken. Aber das sind Prozesse, die wir abarbeiten. Wir sind bereits verschiedene Szenarien durchgegangen, wie das aussehen kann", sagt Kreissl. Dass Stefan Stangl als Linksverteidiger zu Sturm zurückkehrt hält er aktuell für "unwahrscheinlich".
Sturm als gallisches Dorf: "Wir stehen zu unserer Größe"
Sturm hat zwar im finanziellen Kampf um die Spieler Jeggo und Matic den Kürzeren gezogen, Kreissl setzt dafür auf Authentizität: "Ich bin super stolz, dass wir so sind, wie wir sind. Wir haben eine gewisse Größe. Wir stehen dazu, wir stehen auch zu unseren Mitteln. Wir wissen, dass es schwierig, aber möglich ist, so tolle Saisonen wie diese zu spielen und dass wir nie anfangen, größer zu sein, als wir sind. Wir müssen authentisch sein und genau diese Werte, für die Sturm steht, weiter vertreten. Zu dem stehe ich nach wie vor. Wenn Spieler glauben, dass sie wegen dem einen oder anderen Geldschein mehr wechseln müssen, dann ist es traurig, aber zu akzeptieren. Es wird unseren Weg nicht beeinflussen."
Trainer Vogel vergleicht die "Blackies" gar mit einem gallischen Dorf: "Ich habe die Asterix-Hefte früher verschlungen. Ich sehe uns ein bisschen wie das gallische Dorf. Die Gallier hatten ein schönes Leben, weil sie in sich zufrieden waren. Wenn jemand das Dorf verlassen und nach Rom will - bildlich gesprochen - dann sind wir die letzten, die den Gallier daran hindern wollen. Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied."