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Mattersburg: Robert Almers 80-Stunden-Woche

Warum die Doppelbelastung beim SV Mattersburg auf Sicht ein Ende haben muss:

Mattersburg: Robert Almers 80-Stunden-Woche Foto: © GEPA

Das Wort Doppelbelastung kann im Fußball auch einen anderen Kontext haben als alternierende Auftritte in Liga und Europacup.

Robert Almer beispielsweise übt beim SV Mattersburg zwei Jobs auf einmal aus - jenen des Sportdirektors und jenen des Tormann-Trainers. Dass ein Job unter dem anderen leidet, lässt sich nicht verleugnen.

"Wenn man es mit einer gewissen Professionalität machen will, ist es einfach schwierig", gesteht der langjährige ÖFB-Team-Torhüter im Gespräch mit LAOLA1.

Ganz zu schweigen von der persönlichen Belastung für den Familienvater. "Es sind schon so 70 bis 80 Stunden in der Woche. Ich gehe morgens aus dem Haus und komme abends wieder heim, das allerdings sieben Tage die Woche."

Warum das Tormann-Training leidet

Mehr als die persönlichen Strapazen stört Almer jedoch die inhaltliche Komponente - die Begründung ist simpel:

"Es ist schwierig, weil das Torwart-Training darunter leidet, oder zumindest die Professionalität, die ich mir darunter vorstelle. Viele haben vielleicht noch folgenden Blick: Der Tormann-Trainer geht raus auf den Platz, schießt ein paar Mal aufs Tor und dann geht er wieder heim. Das ist heutzutage nicht mehr so. Du hast Video-Analysen, bereitest das Training vor, willst in allen Bereichen trainieren, solltest die Trainingssteuerung nicht außer Acht lassen und mit den Torhütern Video-Analysen machen. Außerdem solltest du dich weiterbilden und schauen: Was sind im Moment die Trends? Welche Trainingsmethoden sind international gerade gefragt? Es gibt viele Dinge, die man berücksichtigen muss."

"Es ist schwierig, weil das Torwart-Training darunter leidet, oder zumindest die Professionalität, die ich mir darunter vorstelle."

Robert Almer

Außerdem wäre es notwendig, mit Statistiken zu arbeiten: "Nur ein Beispiel: Es gibt Statistiken, mit denen du ausrechnen kannst, wie gut ein Tormann etwa bei Flanken ist. Da gibt es Prozentbereiche, in denen du dich bewegen musst, und du weißt: Er ist dort gut oder er hat Defizite und wir müssen das mehr trainieren."

Die logische Schlussfolgerung: "Torwart-Trainer ist mittlerweile auch schon ein Fulltime-Job. Das sind alles Dinge, die Zeit beanspruchen. Das leidet dann natürlich darunter."

Plötzlich Sportdirektor

Vor allem, wenn man eigentlich eine andere Aufgabe hat, die alleine mancherorts bei handelnden Personen für Burnout-Gefahr sorgen soll.

Zu Saisonbeginn heuerte Almer nach dem durch seine schwere Knieverletzung verursachten Ende seiner aktiven Karriere als Coach der Goalies beim SVM an. Bereits Ende August übernahm er dann auch die Agenden des sportlichen Leiters, nachdem sich die Burgenländer neben Trainer Gerald Baumgartner auch vom langjährigen Sportchef Franz Lederer getrennt haben.

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Mit einem Schlag hatte Almer zwei Jobs. "Wenn Not am Mann ist, springt Thomas Borenitsch als Tormanntrainer ein. Aber in der Vorbereitung bin ich jeden Tag auf dem Platz gestanden", berichtet der Steirer.

In der Winterpause krempelte Almer den Betreuerstab rund um Trainer Klaus Schmidt gehörig um. Mit Thomas Höller kam ein neuer Co-Trainer, mit Bernd Eibler ein Video-Analyst, der auch als zweiter Co-Trainer auf dem Platz mitarbeitet, mit Gerald Linshalm ein neuer Athletiktrainer. Das Ziel: Gerade im Monitoring-Bereich die notwendige Professionalität einkehren zu lassen.

Die eigene Nachfolge liegt auf Eis

Einzig ein Nachfolger für ihn selbst war ihm bislang nicht vergönnt: "Ich habe natürlich mit vielen Kandidaten gesprochen, mit zwei war ich auch schon relativ weit. Das hat sich dann aber zerschlagen. Aktuell liegt das alles ein wenig auf Eis. Aber Fakt ist für mich auch, dass beides auf Sicht nicht möglich ist."

Seine klare Ansage: "Je früher es diesbezüglich eine Änderung gibt, umso besser! Denn natürlich ist meine Situation nicht einfach, weil ich auch die Kaderplanung machen und die Mannschaft weiterentwickeln sollte. Gleichzeitig wirst du den Torhütern nicht gerecht, wenn dir diese Stunden, die du eigentlich zum Beispiel für Videoanalysen verwenden müsstest, einfach fehlen und das nicht in jener Qualität durchgeführt werden kann, wie es notwendig wäre."

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Wenn Almer eines nicht leiden kann, ist es mangelnde Qualität. An Visionen, wie er den SV Mattersburg in seiner Ägide als Sportchef positionieren möchte, mangelt es keinesfalls. Von der Qualität und den finanziellen Möglichkeiten her seien die Top-6 auf jeden Fall ein Ziel, das für den SVM perspektivisch erreichbar sei:

"Wir haben ja auch die Akademie im Hintergrund, die meiner Meinung nach zu den besten in Österreich gehört. Wir haben die Möglichkeit, auf Sicht junge Spieler zu entwickeln und raufzubringen. Dieses Ziel zu erreichen, ist auf alle Fälle möglich, dafür ist aber auch sehr viel Arbeit notwendig."

Warum Almer keinen Neuzugang holte

Dass er in seiner ersten vollen Transferzeit der Verlockung widerstand, auch nur einen Neuzugang zu präsentieren, ist keineswegs einem gewissen Zeitmangel geschuldet. Dahinter stecken andere Überlegungen.

"Natürlich hätte es einige Optionen gegeben, die auch interessant gewesen wären. Aber aufgrund der Konstellation wäre es nicht seriös gewesen, wieder neue Spieler dazuzuholen."

Robert Almer

"Einerseits vertrauen wir unseren Spielern, andererseits liegt es an der Kadergröße. Teilweise hatten wir 31 Spieler im Kader. Darunter leidet einfach die Qualität im Training, weil du nicht jedem Spieler gerecht werden kannst und einige laufen schicken musst, wenn du zehn gegen zehn über das ganze Feld spielst."

Daher sei es die Prämisse gewesen, den Kader zu reduzieren. Barnabas Varga (Lafnitz) und Daniel Kerschbaumer (Steyr) wurden fix abgegeben, Jefte Betancor (ebenfalls Steyr) und Raffael Behounek (Horn) in die 2. Liga verliehen, um wichtige Spielpraxis zu sammeln.

"Jetzt haben wir einen Kader von 27 Spielern, was für mich auch schon oberes Limit ist. Aber so kann man einigermaßen gut am Platz arbeiten. Deshalb hat sich für mich das Thema, dass wir jemanden holen, gar nicht eröffnet. Natürlich hätte es einige Optionen gegeben, die auch interessant gewesen wären. Aber aufgrund der Konstellation wäre es nicht seriös gewesen, wieder neue Spieler dazuzuholen", betont Almer.

Großer Unterschied zwischen Theorie und Praxis

Der 33-fache Internationale hat bei dieser Herangehensweise auch die kommenden Transferzeiten im Blick. Im Sommer würden einige Verträge auslaufen. Dann hieße es für den Verein zu planen, in welche Richtung es geht, wie das Spiel angelegt werden soll. Entsprechend müsse am Kadersektor gehandelt werden:

"Wir haben im Nachwuchsbereich einige Trainer, die versuchen, offensiv zu pressen und sehr viel Ballbesitz in der gegnerischen Hälfte zu haben. Auch unsere Amateure versuchen das. Der Weg muss dahin gehen, dass wir von unten bis oben Durchgängigkeit haben. Fakt ist aber auch: Das geht nicht von einem Tag auf den anderen, diese Entwicklung braucht Zeit. Dafür werden wahrscheinlich noch einige Transferperioden notwendig sein."

Ein Karriereende in vergleichsweise frühen Jahren hatte der 34-Jährige naturgemäß nicht eingeplant. Die Ausbildung zum Tormann-Trainer mit UEFA-Diplom beziehungsweise ein Studium der Business Administration und Sport an der FH Burgenland hatte er er dennoch zeitgerecht begonnen. Zu seinen Sportchef-Aufgaben kam er dennoch sehr früh in der Karriere nach der Karriere.

Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis sei ein großer: "Ein Fußball-Verein ist etwas ganz anderes, als es in der Theorie bei einem Unternehmen der Fall ist. Aus diesem Blickwinkel war es eigentlich Learning by doing. Wobei man sehr viele Dinge aus der Karriere mitnimmt. Als Ex-Spieler hat man natürlich den Vorteil, dass man die Szene, auch was die Berater betrifft, sehr gut kennt. Außerdem glaube ich, eine relativ gute Menschenkenntnis zu haben. Also kann ich das schon sehr gut einordnen."

Auf der anderen Seite des Verhandlungstisches

"Jetzt hat man natürlich mehr Einblick in die Strukturen eines Vereins, in die Budget-Möglichkeiten. Als Spieler setzt du dich an den Tisch und sagst: 'Das hätte ich gerne!' Entweder kriegst du es oder du kriegst es nicht. So gesehen ist es jetzt schon etwas ganz anderes."

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Als Spieler ist Almer in eigener Sache oft genug am Verhandlungstisch gesessen. Nun nimmt er auf der anderen Seite Platz. Ob im Nachhinein das Verständnis für seine früheren Sportdirektoren gestiegen sei?

"Sowohl als auch. Wenn man sehr oft damit zu tun hatte, kennt man beide Seiten. Jetzt hat man natürlich mehr Einblick in die Strukturen eines Vereins, in die Budget-Möglichkeiten. Das muss man alles berücksichtigen. Als Spieler setzt du dich an den Tisch und sagst: 'Das hätte ich gerne!' Entweder kriegst du es oder du kriegst es nicht. So gesehen ist es jetzt schon etwas ganz anderes. Ob es die Qualität oder den Charakter eines Spielers betrifft, es gehören viel mehr Dinge dazu, als sich nur an den Tisch zu setzen und zu verhandeln. Du musst die Spieler scouten und schauen, wie sie von der Spielidee und vom System in die Mannschaft passen. Es gibt viele Punkte, die man in diesem Bereich berücksichtigen muss."

Zukunft als Trainer?

Man darf gespannt sein, wie und wann Almer das Problem seiner Doppelbelastung löst. Man darf jedoch ebenso gespannt sein, auf welchem Feld er auf Dauer tätig sein möchte. Ob Sportdirektor oder Torwart-Trainer - Limits möchte er sich keine setzen:

"Mich würde es auch reizen, Trainer zu sein. Das ist ein Thema. Ich hatte beginnend mit Ivica Osim und Joachim Löw in meiner Karriere sehr viele Trainer. Da sieht man viele Dinge. Wo ich mich in zehn Jahre sehe, kann ich also noch gar nicht beurteilen - aber auf alle Fälle im Sportbereich, in dem ich mich wohl fühle und immer bewegen werde."

Die fehlende Planungssicherheit kennt Almer aus der aktiven Zeit bestens. "Jetzt nach der Karriere ist alles neu und interessant, ich kann auf vielen Gebieten Lerneffekte erzielen", freut er sich auf die vielen Erkenntnisgewinne.

Wobei es derzeit eben fast zu viele sind.

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