Für Christian Ilzer geht es hinaus in die weite Fußballwelt.
Was sich in den vergangenen Tagen bereits abzeichnete, steht nun endgültig fest: Der 47-jährige Steirer wird neuer Cheftrainer der TSG Hoffenheim und folgt damit dem Ruf von Andreas Schicker (alle Infos >>>).
Dabei kommt mit Ilzers Abschied nicht nur Sturm Graz sondern auch der ADMIRAL Bundesliga nach einem Jahrzehnt eine prägende Persönlichkeit abhanden.
Fast genau zehn Jahren ist es nämlich her, dass die Bundesliga-Laufbahn des Christian Ilzer auf besondere Art ihren Lauf nahm. Weit weg von der Champions League, fernab von Titelträumen...
Debüt im Zeichen sportlicher Tristesse
(Text wird unter dem VIDEO fortgesetzt)
Wir schreiben den 22. November 2014 - es ist ein nasskalter Herbstabend in Wiener Neustadt.
Der Tabellenzweite aus Wolfsberg gastiert beim Tabellenletzten - der Rückstand der Lavanttaler auf Spitzenreiter Salzburg beträgt nach 15 Spieltagen nur unglaubliche drei Zähler. Die bisherige Saison-Bilanz macht stolz, obwohl die letzten vier Spiele nicht nach Wunsch verliefen.
Bei den Niederösterreichern herrscht indes absolute Krisenstimmung - nur neun Punkte aus 15 Spielen, sechs Zähler Rückstand auf Lokalrivale Admira - Wiener Neustadt bildet wenige Wochen vor der Winterpause abgeschlagen das Schlusslicht der Bundesliga. Cheftrainer Heimo Pfeifenberger muss nach zweieinhalb Jahren und einem 1:1 im NÖ-Derby den Hut nehmen.
Das alte Wiener Neustädter Stadion - ein Sinnbild für die Tristesse, die in diesen Tagen rund um die Giltschwertgasse vorherrscht. Dabei hoffte man gerade dieses Wochenende auf ein Zuschauerplus. "Was sollen wir noch mehr tun, als einen der außergewöhnlichsten österreichischen Spieler der vergangenen Jahre zu holen?", spielte Sportmanager Günther Kreissl im Vorfeld der Partie auf die Ankunft einer ganz besonderen Personalie an - Stefan Maierhofer.
Wie ein Formalfehler Ilzers Debüt ermöglichte
Nach seinem Aus beim FC Milwall und Monaten der Vereinslosigkeit unterschrieb der Ex-ÖFB-Stürmer gerade erst beim SCWN - drei Tage später stand nun sein Startelf-Debüt für das Bundesliga-Schlusslicht an.
1.900 Zuschauer sind es letztendlich, die sich an jenem Samstagabend ins Stadion verirren - ohne jegliche Vorahnung, Zeuge des Highlight-Spieltags einer rabenschwarzen Wiener Neustädter Saison, der Comeback-Gala eines Kultstürmers und des Debüts einer der aufregendsten Trainer-Personalie der Zukunft zu werden.
Neben Maierhofers Premieren-Auftritt in Blau-Weiß soll es nämlich ein weiteres Debüt an diesem Abend geben - Seite an Seite mit Sportmanager Günter Kreissl übernimmt erstmals ein gewisser Christian Ilzer an der Wiener Neustädter Seitenlinie die Verantwortung.
Reiner Zufall - mit Helgi Kolvidsson sitzt der etatmäßige Pfeifenberger-Erbe an jenem Samstagabend nämlich bereits auf der Tribüne. Nicht rechtzeitig gelang es, den Vertrag des Isländers bei seinem Ex-Klub aus Lustenau aufzulösen. Um 18:30 Uhr ist es dann endlich soweit - Schiedsrichter Manuel Schüttengruber pfeift die Begegnung an.
Ein Ferserl ins Glück
Am Feld tummelt sich geballte österreichische Fußball-Prominenz - Kühbauer bietet auf Seiten der "Wölfe" rechts hinten Joachim Standfest auf, in der Innenverteidigung zieht Kapitän Michael Sollbauer die Fäden. In der Offensive soll unter anderem ein gewisser Peter Zulj für Wirbel sorgen.
Auf der anderen Seite hofft man vor allem auf den Neuzugang im Angriff - auf der Ersatzbank nehmen Ersatzkeeper Domenik Schierl, Reinhold Ranftl, Tobias Kainz und Daniel Maderner Platz.
Dann folgen 45 Minuten Magerkost - ein harmloser Distanzversuch vom frischgebackenen Wiener Neustädter Sturm-Hoffnungsträger und zwei Gelbe Karten sind in Spielhälfte eins das Höchste der Gefühle. Alles deutet auf den nächsten trostlosen Fußball-Abend für den krisengebeutelten Abstiegskandidaten hin - doch es sollte anders kommen.
Minute 47, der Ball rollt wieder. Eine Freistoßflanke der Hausherren bringt nichts ein, den zweiten Ball schnappt sich dann Flügelspieler Osman Ali. Die Nummer 7 lässt zuerst Jacobo, dann Schwendinger aussteigen - ein erstes Raunen tönt von den Rängen. Ali marschiert weiter. Pass in den Rückraum. Getümmel, Abwehrriegel Dennis Mimm hält geistesgegenwärtig den Fuß hin.
"Solche Geschichten schreibt nur der Fußball"
Wieder raunt es, dann wird es ganz kurz still. "Major" - Ferserl - Tor.
Die verschlafene Wiener Neustädter Heimstätte gleicht plötzlich einem Tollhaus. Auch für Christian Ilzer und Kreissl gibt es auf der Bank kein Halten mehr. Der "Lange" dreht ab und lässt sich feiern - Wiener Neustadt steuert geradewegs auf einen Sensationserfolg zu.
Das Feuer ist nun entflammt. Der Tabellenletzte dominiert das Überraschungsteam der laufenden Saison nach Strich und Faden - der Mann der Stunde hat dabei bereits nach 62 Minuten Feierabend, Daniel Maderner kommt für ihn ins Spiel.
Zehn Minuten später - Flanke, Luftzweikampf Rnic gegen Maderner, Schiri Schüttengruber zeigt auf den Punkt. Des Elfmeters nimmt sich Conor O'Brien an, Sekunden später ist gewiss - das Bundesliga-Debüt des Christian Ilzer wird mit einem sensationellen Überraschungssieg für die in den Seilen hängenden Wiener Neustädter enden.
Der WAC ist geschlagen, schwächt sich mit Platzverweisen gegen Sollbauer und Schwendinger in den letzten Atemzügen der Partie auch noch doppelt selbst. Dann ist Schluss. Bei den Hausherren brechen alle Dämme, die Kühbauer-Elf bleibt entgeistert zurück.
Es sollte der einzige Auftritt des Christian Ilzer in der Cheftrainerrolle beim SC Wiener Neustadt bleiben - zwei Tage später heuerte offiziell Helgi Kolvidsson als neuer Coach an, Ilzer wechselte zurück in die Rolle des Assistenten.
Stefan Maierhofer formuliert es im Anschluss der Partie treffend: "Solche Geschichten schreibt nur der Fußball".