"Es ist schon eine Zeit her, dass ich mein letztes Pflichtspiel-Tor gemacht habe. Das kommt nicht so oft vor, deswegen war es ein besonderes Gefühl", strahlt Kevin Wimmer.
Genauer gesagt sind Treffer des Rapid-Innenverteidigers, wie jener zum 2:2-Ausgleich bei Sturm Graz (Spielbericht >>>), eine absolute Rarität.
Letztmals netzte der Oberösterreicher am 19. August 2018 beim 6:0-Erfolg im DFB-Pokal in Diensten von Hannover 96 gegen seinen späteren Arbeitgeber Karlsruher SC.
Davor? Zwei Tore für den 1. FC Köln in der Saison 2013/14 in der 2. deutschen Bundesliga, vier Tore für den LASK 2011/12 in der 2. Liga und eines im ÖFB-Cup in der Saison davor.
Das vielumjubelte Tor gegen Sturm ist also sein erstes in einer höchsten Spielklasse gewesen.
"Vor allem war es vor unseren Fans, die Stimmung war wirklich toll. Die Emotionen waren voll drinnen. Deswegen war es ein sehr geiles Gefühl, aber leider war es nur der Ausgleich. Noch mehr gefreut hätte es mich, wenn es der Siegtreffer gewesen wäre", so Wimmer bei "Sky".
Keine leichte Zeit in den letzten Jahren
Wenn man Vorgeschichte und Begleitumstände dieses Tors bedenkt, versteht man die Emotionen des 29-Jährigen erst recht.
"Er hatte eine alles andere als leichte Zeit in den letzten Jahren", erinnert sein Trainer Ferdinand Feldhofer.
2017 war Wimmer Stoke City noch eine Ablöse von 19,4 Millionen Euro an Tottenham wert. Das Engagement beim Premier-League-Verein entwickelte sich bekanntlich alles andere als nach Wunsch.
Leihweise Wechsel zu Hannover, Royal Mouscron und Karlsruhe brachten auch nicht den erhofften Turnaround.
Feldhofer geht mit Wimmer hohes Risiko
Im vergangenen Sommer beendete die Abwehrkraft die Wanderschaft durch Europa und kehrte nach Österreich zurück. Doch auch bei Rapid lief es nicht wirklich nach Wunsch.
Im Oktober musste er sich einer Leisten-OP unterziehen und wieder einmal eine Zwangspause einlegen. Womit wir bei den aktuellen Begleitumständen wären.
"Wir sind schon am Donnerstag mit seiner Einwechslung ein hohes Risiko gegangen", erinnert Feldhofer an den Joker-Einsatz gegen Vitesse, gegen Sturm stand Wimmer sogar in der Startelf.
"Auch heute sind wir ein hohes Risiko gegangen. Aber es spricht für ihn, dass er sagt, er ist bereit und dass er dem Team helfen will."
Der Kopf bleibt oben
Eigentlich wollte man sich laut Coach anschauen, wie lange der Oberösterreicher durchhält. Gut für Rapid, dass Wimmer auf die Zähne biss, durchspielte und so in Minute 83 nach einem Eckball von Yusuf Demir seinen persönlichen Befreiungsschlag landen konnte.
"Zur Halbzeit hat er gesagt, es schaut recht gut aus", grinst Feldhofer und betont: "Ich habe eine extreme Freude, dass ihm das heute geglückt ist, denn er ist ein absoluter Teamplayer und ein vorbildlicher Arbeiter im Training."
Dazu gesellt sich eben die schwere Zeit in den vergangenen Jahren.
Den Kopf habe Wimmer trotz diverser Rückschläge jedoch nie hängen lassen. "Ganz im Gegenteil. Er ist immer ein positiver Typ, der vorangeht, für die Jungs da ist. Großes Lob! Es freut mich wirklich, so einen Spieler in der Truppe zu haben", so Feldhofer.
Feldhofer würde Wimmer Pausen gönnen
Trotzdem will es der Coach mit dem Routinier nicht übertreiben. "Hoffentlich kann ich ihm auch die Zeit geben, dass er sukzessive gesteigert wird und nicht jedes Spiel spielen muss, weil wir keine Alternativen haben. Ich würde ihm Pausen gönnen."
Dass die grün-weiße Personalsituation angespannt ist, ist kein Geheimnis. Bisweilen wird ein gewisses Risiko jedoch auch belohnt.
Und wer weiß, vielleicht ist gerade diese Partie für Wimmer der langersehnte Turnaround gewesen. Das nächste Ziel steht für den neunfachen Internationalen jedenfalls mit der Meistergruppe bereits fest.
Wimmer glaubt an Meistergruppe
Denn auch dafür könnte sich der Punkt, den sein Ausgleich eingebracht hat, noch als sehr wertvoll erweisen.
"Wenn wir die verbleibenden zwei Spiele gewinnen, schaut es sehr gut aus, dass wir dabei sind. Das ist unser Ziel, daran werden wir arbeiten. Wenn wir so spielen wie heute und die Fehler abstellen, wird es auch keine Zweifel geben", ist Wimmer optimistisch.
So optimistisch, wie man es nach einem persönlichen Befreiungsschlag eben sein kann.