Wer gedacht hat, mit der Einführung des Video Assistant Referee (VAR) würden Diskussionen über Schiedsrichter-Entscheidungen der Vergangenheit angehören, wurde schnell eines Besseren belehrt.
Die Diskussionen halten munter an und erhalten mitunter neuen Zündstoff. Eines der Teams, das am häufigsten von VAR-Entscheidungen betroffen ist, ist Austria Klagenfurt. Trainer Peter Pacult hat sich in der Saison durchaus schon mit erhitztem Gemüt zu Wort gemeldet.
Bei einer Diskussionsrunde auf ServusTV stellt der Klagenfurt-Coach zu Beginn klar: "Ich bin ein Befürworter des VAR." Allerdings vermisst er eine klare Linie bei der Umsetzung. Und erneuert seine Kritik an einigen Entscheidungen, die zu der Vielanzahl an Ausschlüssen bei den Kärntnern geführt haben: "Wir haben sechs Rote Karte, davon gehören vier gar nicht hin, weil es in der Zeitlupe ganz anders ausschaut als wie im normalen Fußballtempo."
"Wir müssen die Hauptschiedsrichter stark machen"
Für den ehemaligen Schweizer Top-Schiedsrichter Urs Meier (Im Bild als Gast-Schiedsrichter in der Bundesliga) ist klar: Der VAR kann helfen, darf aber nicht zu wichtig werden.
"Wir müssen die Hauptschiedsrichter stark machen. Der VAR muss die Ausnahme sein", gibt der Schweizer die Richtung im Schiedsrichterwesen vor. "Der Schiedsrichter soll die Entscheidung treffen, nicht der VAR."
Als Problem sieht Meier, dass Bilder in der Zeitlupe mitunter ganz anders wirken würden, als im vollen Spieltempo. Eine diskutierte Szene ist jene von Austria Klagenfurt gegen Austria Wien. Stürmer Gloire Amanda sieht nach einem Zweikampf und mit Verzögerung rot. Das Highlight-Video des Spiels (Szene ab 2:40 Min)>>>
"VAR kann die Absicht fast nicht erkennen"
"Im Fernsehen sieht das brutal aus. Der VAR schaut sich das ja mehrmals an und mit jedem Mal anschauen, wird es brutaler. Die Frage ist: Was ist die Wahrheit? Und das Problem ist: Die Wahrheit am Platz ist eine andere, als wir sie im Fernsehen haben. Der VAR kann in dieser Szene die Absicht fast nicht erkennen, das muss der Schiedsrichter am Feld machen", analysiert Meier die Szene. "Wenn es Absicht ist, dann müssen wir nicht diskutieren. Aber da ist keine Absicht, das ist ein normaler Ablauf, der Ball ist im Spiel."
Ein Paradebeispiel für seine Forderung, dass die Schiedsrichter am Feld das Heft in der Hand behalten müssen.
Peter Pacult hatte diese Szene bereits unmittelbar nach dem Spiel heftig kritisiert. Mit Abstand sieht er es ruhiger, an seiner Kritik ändert das aber nichts. "Wir haben damals auf der Bank gerätselt, ob er nicht Elfer für uns checkt", so der 61-Jährige, der ergänzt: "Mir tut vor allem der Spieler leid, weil er eine Rote Karte bekommt und nicht weiß, warum."
Pacult: "Man hat bei uns keine Linie in den Entscheidungen"
Grundsätzlich bleibt Pacult dem Video-Assistenten gegenüber positiv eingestellt: "Ich bin ein Befürworter des VAR." Was ihn aber stört: "Man hat bei uns in Österreich keine Linie in den Entscheidungen. Es geht nicht, dass man in zwei Spielen ähnliche Szenen hat – in einem wird es gewertet, im anderen nicht."
Die anhaltenden Diskussionen über VAR-Entscheidungen sieht Pacult jedenfalls kontraproduktiv: "Wenn wir permanent über gewisse VAR-Entscheidungen diskutieren, hilft das dem Fußball auch nicht weiter."