Der kommende Mittwoch wird in die Fußball-Geschichte Österreichs eingehen.
Mit dem FC Salzburg tritt erstmals eine österreichische Mannschaft in einem Champions-League-Achtelfinale an, niemand Geringerer als der FC Bayern München ist der Gegner der "Bullen" bei ihrem ersten K.o.-Abenteuer in der "Königsklasse" (Mittwoch, 21 Uhr im LIVE-Ticker).
Doch dieser Mittwoch könnte noch aus einem anderen Grund äußerst spannend für österreichische Fußball-Historiker werden. Mit Paul Wanner wurde bei den Bayern ein in Dornbirn geborener 16-Jähriger über die sogenannte B-Liste für die Champions League nachnominiert.
Sollte FCB-Coach Julian Nagelsmann dem Mittelfeld-Supertalent erneut eine Einwechslung vergönnen, würde Wanner mit einem Alter von 16 Jahren einem Monat und 24 Tagen zum jüngsten in Österreich geborenen Champions-League-Spieler aller Zeiten avancieren. Aktuell hält Roman Wallner (16 Jahre 10 Monate 5 Tage beim Debüt) diesen Rekord.
Der – aus rot-weiß-roter Sicht – Haken an der Sache: Wanner besitzt neben der österreichischen Staatsbürgerschaft auch die deutsche und läuft momentan im U17-Nationalteam des DFB auf.
LAOLA1 stellt Paul Wanner etwas genauer vor und klärt darüber auf, wie hoch die Chancen stehen, den Ausnahmekönner einmal im ÖFB-Dress auflaufen zu sehen:
In Vorarlberg geboren, im Allgäu aufgewachsen
Wanners Geschichte ist seit jeher eine zwischen zwei Nationen. Einen Tag vor Heiligabend 2005 erblickte er im Krankenhaus der Stadt Dornbirn als Kind einer Vorarlberger Mutter und eines deutschen Vaters, der einst als Aktiver für Austria Lustenau und den FC Hard die Fußballschuhe schnürte, das Licht der Welt.
Nach seinen ersten Lebensjahren verschlug es Wanners Familie allerdings ins Allgäu, wo er zunächst beim SV Amtzell und anschließend beim FV Ravensburg das Kicken lernte. In Ravensburg erkannte man schon früh das enorme Potenzial des jungen Edeltechnikers. "Er bringt alles mit, was man braucht", erklärte der Ravensburger Jugendleiter, Wolfgang Grünhagel, gegenüber dem "SWR". Wanner sei ein "Wahnsinnstalent".
Bayern statt Freiburg oder Leipzig
Dies wurde auch in den Nachwuchsabteilungen der deutschen Bundesligisten erkannt. Neben dem SC Freiburg zeigte auch RB Leipzig reges Interesse am Linksfuß, mit 12 Jahren übersiedelte er im Sommer 2018 allerdings in den damals nagelneuen und hochmodernen FC Bayern Campus.
Dort hatte Wanner, der bereits zuvor immer wieder Jahrgänge übersprang, kaum Probleme sich durchzusetzen. Bereits als 15-Jähriger durfte er in der A-Junioren-Bundesliga (U19) ran, nur wenige Monate später trainierte er bereits mit der von Julian Nagelsmann gecoachten Profimannschaft.
Seinen Durchbruch erlebte der großgewachsene Teenager schließlich Anfang dieses Jahres. Als der FC Bayern im ersten Spiel nach der Winterpause im Corona-Chaos versank, beorderte Nagelsmann Wanner aus einem Trainingslager der deutschen U17 in Marbella kurzerhand zurück, um ihn für das Spiel gegen Borussia Mönchengladbach für den Spieltagskader zu nominieren.
Nagelsmann: "Ein unfassbares Talent"
Doch dabei blieb es nicht: 15 Minuten vor Schluss der Partie, die die Bayern schlussendlich mit 1:2 verloren, folgte das Bundesliga-Debüt - und Wanner wurde mit nur 16 Jahren und 15 Tagen zum jüngsten Bayern-Spieler aller Zeiten. Einzig BVB-Juwel Youssoufa Moukoko war bei seinem ersten Bundesliga-Einsatz noch ein paar Tage jünger.
Wanner überzeugte nach seiner Einwechslung auf Anhieb mit einem starken Dribbling und kam auch in den folgenden beiden Bundesliga-Spielen der Bayern zu jeweils einem Kurzeinsatz. Ende Jänner folgte schließlich der nächste Karriere-Höhepunkt, als Wanner seinen auslaufenden Vertrag in München verlängerte und seinen ersten Profivertrag unterschrieb.
"Er ist ein unfassbares Talent, linker Fuß, sehr schnell, sehr ballsicher, mutig", sprudelte es aus Nagelsmann nach dem Debüt seines jüngsten Schützlings heraus. Allerdings warnte der ebenfalls noch recht junge Bayern-Coach im gleichen Atemzug mit einem Fingerzeig auf den Kopf: "Hier oben wird es entschieden, wo es hingeht. Unten, das kann er alles."
Mischung aus Özil und Havertz
Tatsächlich gilt Wanner momentan als eines der größten Talente des Weltfußballs. Technisch bringt der feine Linksfuß alles mit, seine Ballführung wirkt trotz einer Körpergröße von 1,86 Metern extrem elegant und auch an Grundspeed mangelt es nicht. Da der polyvalente Zehner, der auch am Flügel aufgeboten werden kann, im Spiel gegen den Ball starke Ansätze zeigt und sich im Pressing um keinen Meter zu schade ist, wird er von deutschen Medien bereits als eine Art moderner Mesut Özil gehuldigt. Auch Vergleiche zu Champions-League-Sieger Kai Havertz fallen immer wieder.
Seine Schwächen hat Wanner momentan noch im Abschluss, auch körperlich weist er altersbedingt noch Rückstände auf. Mental ist der 16-Jährige allerdings bereits sehr weit entwickelt, aufgrund eines gut behüteten Elternhauses ist der von Adidas gesponserte Youngster fest am Boden verankert.
In den nächsten Monaten geht es für Wanner vor allem darum, "ein qualitativ gutes Training zu erleben, um sich körperlich zu entwickeln und auf ein Top-Niveau zu kommen. Dann ist er ein Spieler, mit sehr, sehr großem Potenzial, an dem idealerweise ich und der FC Bayern in den nächsten Wochen, Monaten und Jahren große Freude haben werden", so Nagelsmann.
Tendenz geht Richtung DFB, aber...
Welche Nationalmannschaft an Wanner einmal große Freude haben wird, steht noch offen – wenngleich die Tendenz momentan Richtung Deutschland geht.
Auf Nationalteamebene war der Doppelstaatsbürger nämlich zunächst für die baden-württembergische und bayrische Landesauswahl im Einsatz, ehe er mit nur 13 Jahren erstmals für die U15-Nationalmannschaft des DFB einberufen wurde. Aufgrund seiner bisherigen sportlichen Laufbahn hat Wanner laut LAOLA1-Informationen fußballerisch einen größeren Bezug zu Deutschland. Aktuell befindet er sich in Gesprächen mit dem deutschen U21-Teamchef Antonio di Salvo, um perspektivisch für die deutsche A-Nationalmannschaft aufgebaut zu werden.
Allerdings schlagen in Wanners Brust zwei Herzen. Nicht umsonst hat er zu seinem Instagram-Profil neben der deutschen auch die österreichische Fahne hinzugefügt. Der bodenständige 16-Jährige nützt jede Gelegenheit, um seine noch immer in Vorarlberg lebenden Großeltern so häufig wie möglich zu besuchen.
ÖFB-Sportdirektor Schöttel: "Extrem interessanter Spieler"
Der ÖFB hat jedenfalls bereits Kontakt mit Wanner und seiner Familie aufgenommen. Auf Nachfrage von LAOLA1 erklärt Sportdirektor Peter Schöttel: "Wir sind im vergangenen Spätsommer auf Paul Wanner aufmerksam geworden. Die Erstkontaktaufnahme mit Pauls Management fand über Oliver Lederer statt, der als zuständiger Teamchef des Jahrgangs 2005 das große Interesse des ÖFB an Paul deponiert hat. Ich stehe ebenfalls mit dem Umfeld von Paul in Kontakt, wir kennen seine genaue Situation. Er ist in Deutschland aufgewachsen und vonseiten des DFB gibt es ein großes Interesse, dass er für Deutschland spielt. Aber natürlich ist er auch für uns ein extrem interessanter Spieler, die Dynamik seiner Entwicklung hat alle überrascht."
Laut LAOLA1-Informationen hat Schöttel bereits ein persönliches Gespräch mit Wanner geführt, um zeitnah ein gemeinsames Treffen mit Teamchef Franco Foda zu vereinbaren. Gelingt es der ÖFB-Führungsriege, das 16-jährige Ausnahmetalent vom österreichischen Nationalteam zu überzeugen, wird der Name Paul Wanner in der zukünftigen Fußballgeschichte Österreichs womöglich eine noch sehr bedeutende Rolle spielen…