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BVB vs. Real: Der legendäre Torfall von Madrid

Über 26 Jahre ist das denkwürdige Ereignis schon wieder her. Einer der TV-Moderatoren erinnert sich zurück.

BVB vs. Real: Der legendäre Torfall von Madrid Foto: © getty

Nie hätte ein Tor einem Spiel so gut getan wie vor über 26 Jahren: Am 1. April 1998 fiel vor der Champions-League-Partie zwischen Real Madrid und Borussia Dortmund ein Tor um.

Erst mit 78-minütiger Verspätung wurde das Halbfinal-Hinspiel im Estadio Santiago Bernabeu angepfiffen. Am Ende siegte Real 2:0 und gewann in der Folge auch erstmals die Champions League.

Am Samstag können die "Königlichen" ihren inzwischen neunten Titel seit der großen Königsklassen-Reform holen. Der Gegner lautet, wie an diesem denkwürdigen Tag, Borussia Dortmund (ab 21 Uhr im LIVE-Ticker >>>).

Sternstunde für Marcel Reif und Günther Jauch

(Artikel wird unter dem Video fortgesetzt)

Der Torfall von Madrid: Er passierte zwei Minuten vor Anpfiff und mündete in der Sternstunde der deutschen TV-Moderatoren Marcel Reif und Günther Jauch.

95.000 Fans fieberten im Bernabeu dem Anpfiff zum Duell zwischen dem seit zwölf Jahren im Europacup titellosen Gastgeber und dem Titelverteidiger Borussia Dortmund, bei dem ÖFB-Legionär Wolfgang Feiersinger wegen einer Sperre fehlte, entgegen.

Hinter dem Tor von Madrids Goalie Bodo Illgner heizten die "Ultra Sur", die hartgesottenen Real-Fans, die Stimmung an. Einige kletterten am Absperrgitter hoch und zerrten so brachial an diesem, dass das mit Drahtseilen daran befestigte Tor umstürzte.

Spieler und Schiedsrichter standen zu diesem Zeitpunkt bereits auf dem Rasen bereit, mussten diesen nach dem Vorfall aber wieder verlassen, da sich keine rasche Lösung finden ließ. Danach dauerte es eine gefühlte Ewigkeit, bis eine solche gefunden wurde.

Vom Trainingsgelände der "Königlichen" wurde mittels Pritschen-Wagen unter Mithilfe einige Fans ein Tor herangekarrt und solange notdürftig befestigt, bis Schiedsrichter Mario van der Ende grünes Licht gab. 

"Das erste Tor ist schon gefallen"

 

"Ein Tor fiel um - kein Scherz, es war Real" titelte die Schweizer Zeitung "Blick" am nächsten Tag.

Die TV-Kommentatoren waren in der außergewöhnlichen Situation speziell gefordert, ganz besonders jene bei RTL. Bis zum Anpfiff, der eigentlich um 20:45 Uhr hätte erfolgen soll, jedoch dann erst um 22:03 Uhr ertönte, waren diese ohne Werbe-Unterbrechung live auf Sendung.

Während Real-Offizielle und Stadion-Handwerker also verzweifelt versuchten, das Tor zu reparieren, und ein Fan sich auf den Weg machte, mit seinem Lastwagen ein Ersatztor auf dem mehrere Kilometer entfernten Trainingsgelände abzuholen, mussten Marcel Reif und der zur Verstärkung kurzfristig zugeschaltete Studio-Moderator Günther Jauch improvisieren.

Die beiden begegneten der Situation im Stile einer Late-Night-Show mit Humor, und das gelang ihnen vorzüglich.

Sätze wie "Nie hätte ein Tor einem Spiel so gut getan" (Reif) oder "Für alle die, die nicht rechtzeitig eingeschaltet haben: Das erste Tor ist schon gefallen" brachten den beiden eine Auszeichnung mit dem bayerischen Fernsehpreis und eine Nominierung für den renommierten Grimme-Preis ein.

"Es war ja verrückt, was da passierte. Wir reden nicht über ein Vorbereitungsspiel auf dem flachen Land, sondern über ein Champions-League-Halbfinale", sagte Marcel Reif dieser Tage in einem Interview auf der BVB-Website.

"Das ist wie bei den Pfadfindern hier. Wie im Zeltlager"

Auch im Vor-Social-Media-Zeitalter verhalf die Sternstunde der beiden RTL-Moderatoren dem Sender zu einem Quotenhit. Rund 12,76 Millionen Zuschauer schalteten während des Stillstands ein, das eigentliche Spiel sahen dann nur noch etwa 6 Millionen.

"An das Ergebnis erinnert sich kaum jemand. Das Spiel haben dann sechs Millionen geguckt, während zwölf Millionen den ganzen Irrsinn davor geschaut haben. Mir ist Fußball lieber", meinte Reif.

Weitere Kommentare des 74-Jährigen waren: "Ich dachte, wir könnten jetzt bisschen Fußball gucken, Halbfinale der Champions League. Bis jetzt erleben wir hier nur einen Heimwerkerkurs."

Und: "Das ist wie bei den Pfadfindern hier. Jetzt wird der Hering eingeschlagen. Wie im Zeltlager." Jauch erkannte auch die Gewinner der Situation: "Wer auf der Seite die Werbebanden gebucht hat, übrigens: Glückwunsch!"

Weniger Gefallen hatten die Verantwortlichen von Dortmund. "Von einem Verein wie Real Madrid und einem solchen Stadion darf man erwarten, dass ein Reserve-Tor zur Verfügung steht", enervierte sich der damalige BVB-Klubpräsident Gerd Niebaum. Den eingelegten Protest zogen die Dortmunder später zurück.

Torschützen für Real waren übrigens Fernando Morientes (25.) und Christian Karembeu (67.). Daran erinnern sich aber im Gegensatz zum legendären "Torfall" die wenigsten.

"Ist das jetzt die letzte Ehrung dafür?"

"So etwas vergisst du nicht", erzählte Reif über den "Torfall". "Und wenn ich es vergessen möchte, werde ich bis heute immer noch darauf angesprochen."

Darauf angesprochen, dass dieses Ereignis sogar einen eigenen Wikipedia-Eintrag habe, erwiderte der TV-Moderator etwas süffisant: "Ist das jetzt die letzte Ehrung dafür, ist dann mal Ruhe …?"

Der 74-Jährige kommentierte neben dieser denkwürdigen Partie auch das CL-Finale 1997 zwischen Dortmund und Juventus Turin. In diesem holte der BVB durch ein 3:1 zum ersten und einzigen Mal den Henkelpott. Ähnlich wie Juve damals sei auch Real, "bei allem Respekt vor Borussia", der Favorit.

Aber: "Fußballer sind abergläubisch. Man erinnert sich an solche Konstellationen." Zu verlieren hat der BVB wahrlich nichts. Und die Tore im Londoner Wembley werden am Samstagabend bestimmt ganz besonders festgezurrt sein. Sicher ist sicher.

Der Torfall von Madrid mit Original-Kommentar zusammengefasst:


Sabitzers Vorgänger: Österreicher im Europapokal-Finale

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