Endstand
1:3
0:2, 1:1
news

Die Gründe für das Salzburger Europacup-Scheitern

LAOLA1 listet die fünf Hauptgründe dafür auf, warum die Mozartstädter erstmals seit 2016 am internationalen Überwintern scheiterten.

Die Gründe für das Salzburger Europacup-Scheitern Foto: © GEPA

Das war sie also, die fünfte Champions-League-Saison in der Klubgeschichte des FC Salzburg.

Das ein oder andere Highlight konnten die Mozartstädter auch in dieser Saison auf die größtmögliche internationale Bühne zaubern, schlussendlich wird die "Königsklassen"-Saison 2023/24 aber als riesengroße Enttäuschung in der Salzburger Erinnerung bleiben.

Zum allerersten Mal mussten die "Bullen" nämlich Rang vier einer Champions-League-Gruppe hinnehmen, weshalb sie nun erstmals seit 2017 wieder ohne Teilnahme an einem europäischen Frühjahr auskommen müssen.

LAOLA1 hat nach der Niederlage gegen Benfica Lissabon fünf Gründe zusammengetragen, warum die heurige "Königsklassen"-Kampagne so gar nicht nach Mozartstädter Wunsch verlief:

1. Die fehlende Reife

Der 20-jährige Nene Dorgeles musste am Dienstag sehr viel Lehrgeld bezahlen
Foto: © GEPA

Dieser Grund steht nicht umsonst an erster Stelle. Solange Salzburg seine (äußerst erfolgreiche) Transferstrategie verfolgt, fast ausschließlich U23-Kicker, vor allem aber Teenager am Transfermarkt zu verpflichten, wird es den Mozartstädtern immer an Reife fehlen, um mit den ganz Großen mitzuhalten. Dies ist nicht weiter schlimm, ist das Scheitern doch als fixer Bestandteil des Lernprozesses eines jeden jungen "Bullen"-Kickers eingeplant - es kann, wie am Dienstag geschehen, aber zeitweise auch zu großer Frustration führen.

Ein (zugegeben etwas unfaires) Beispiel: Petar Ratkov (19) und Nene Dorgeles (20), die gegen Benfica jeweils den zweiten Champions-League-Startelfeinsatz ihrer Karriere abspulten, waren mit dem Niveau und der Bedeutung dieses Spiels so sehr überfordert, dass sie im entscheidenden Drittel quasi ausschließlich falsche Entscheidungen trafen und auf teils billige Weise Großchancen ungenützt ließen. Kurz nach der Pause wurden die beiden Jungspunde erlöst und durch die beiden 24-Jährigen Sekou Koita und Fernando ersetzt - Salzburg war auf Anhieb griffiger und schaffte es plötzlich, seine Offensivaktionen sauber auszuspielen.

Nene und Ratkov hätten ihren Job zwar "brav erledigt", so die etwas euphemistische Beschreibung Gerhard Strubers, gleichzeitig habe man aber gesehen, "dass Fernando und Sekou (Koita, Anm.) in ihrer Entwicklung weiter sind und, dass uns das natürlich gut tut".

Bei den wenigen Chancen, die man auf diesem Niveau vorfindet, müsse man einfach "kaltblütig sein. Da müssen wir einfach zulegen. Das kommt mit der Zeit", so Struber, der nochmal die Personalie Petar Ratkov, der bis zu seinem Wechsel in die Mozartstadt nur Einsätze in der schwachen serbischen Liga vorweisen konnte, aufgreift:

"Wenn wir über ihn in einem Jahr sprechen, schaut die Situation ganz anders aus. Dann hat er viele Spielminuten gesammelt und ist gereift. Dann gibt es einen Ratkov oder einen Nene auf einem anderen Level, wo jetzt schon Fernando und Koita sind."

Es brauche "Jungs, die einen Schritt weiter sind", findet Struber und führt neben den bereits genannten Fernando und Koita auch Luka Sucic an, der zwar auch erst 21 ist, aber bereits seine vierte Champions-League-Saison absolviert hat.

2. Die brutale Gruppenauslosung

Nach der Gruppenauslosung hat der Sportdaten-Anbieter Opta die Champions-League-Gruppe D als drittstärkste der heurigen "Königsklassen" angeführt. Salzburg musste sich heuer mit einem Team nach dem anderen messen, das laut einem Powerranking von Opta entweder das fünftbeste (Inter), 14.-beste (Real Sociedad) oder 27.-beste (Benfica) der Welt ist. 

"Wir haben eine unglaublich schwere Gruppe erwischt", findet etwa Alexander Schlager zurecht. Oder wie es Struber ausdrückt: "Wir haben von der ersten Sekunde weg gewusst, dass das eine Gruppe wird, die uns besonders fordern wird."

Dass man gegen Portugals Rekordmeister, welcher letzte Saison im Viertelfinale der Champions League stand, einen Mailänder Top-Klub, der zugleich amtierender "Königsklassen"-Finalist ist, und das laut baskischen Experten beste Real Sociedad seit über 40 Jahren als österreichischer Klub verlieren darf, ist selbstverständlich. Dass man diesen Mannschaften großteils ebenbürtig entgegentrat, ist hingegen alles andere als selbstverständlich. Zumeist entschieden Kleinigkeiten zuungunsten der Salzburger. 

"In den engen Spielen waren es Nuancen, die den Unterschied gemacht haben", sagt Schlager. Und Struber führt an: "Man braucht viele Dinge, die zusammenpassen müssen, damit man in der Champions League als Sieger vom Platz geht - speziell, wenn die Spielererfahrung auf diesem Level noch sehr überschaubar ist."

(Artikel wird unterhalb des Videos fortgesetzt)



3. Das fehlende Spiel- und Schiedsrichterglück

Speziell in den Spielen gegen Inter war Salzburg vom Schiedsricher-Pech verfolgt
Foto: © GEPA

Schlussendlich mangelte es den Salzburgern in vielen Situationen schlicht einfach auch an Glück, um zu überwintern.

Das fängt damit an, dass die Mozartstädter ein einziges Tor in sechs Spielen zu wenig schossen, um die Gruppe trotz ausgeglichenem direkten Duell und gleicher Punkteanzahl sowie Tordifferenz vor Benfica zu beenden, geht damit weiter, dass die Lissaboner nur einen Stangenschuss von Inter davon entfernt waren, schon vor dem letzten Gruppenspiel fix Letzter zu sein, und betrifft auch die Schiedsrichterleistungen.

Insgesamt fünf teils äußerst strittige Schiedsrichterentscheidungen wurden im Laufe dieser Gruppenphase allesamt gegen den österreichischen Vertreter getroffen. Speziell bei den beiden knappen Niederlagen gegen Inter blieben so wichtige Punkte liegen - was indirekt wiederum dazu führte, dass die Mailänder am vorletzten Spieltag eine B-Elf nach Lissabon schickten, anstatt mit voller Kapelle Schützenhilfe für Salzburg zu leisten.

"Man hat gesehen, dass du am Ende auch ein Stück weit Glück brauchst, um gegen solch große Mannschaften Punkte mitzunehmen. Dabei haben wir auch realisiert, dass wir von den Schiedsrichterleistungen auch nicht immer verwöhnt worden sind", drückt sich Struber nach der Niederlage gegen Benfica diesbezüglich vorsichtig aus.

Zwischenzeitlich wurde er in seiner Schiedsrichterkritik um einiges deutlicher und warf den UEFA-Offiziellen vor, dass es für sie "scheinbar nicht so einfach, unsere Dynamik in dem Tempo wahrzunehmen" sei. Stürmer Roko Simic vermutete gar, dass Salzburg zu klein sei, um von den Referees im Duell mit Weltklasse-Klubs gleichbehandelt zu werden.

4. Die vielen Verletzten

Fernando fiel fast den gesamten Herbst aus. Am Dienstag zeigt er, was in ihm steckt
Foto: © GEPA

Man sei "in der Verfügbarkeit nicht immer verwöhnt" gewesen, so die kreative Bezeichnung Strubers für die äußerst angespannte Personallage der "Bullen" im abgelaufenen Herbst. Auf bis zu 15 zeitgleich verletzte Spieler musste der Kuchler in den letzten Monaten zwischenzeitlich verzichten und deshalb kreativ werden.

Speziell in der Abwehr und im Sturm waren die Mozartstädter von einer hartnäckigen Verletzungsmisere geplagt, die dafür sorgte, dass in sechs Gruppenspielen fünf verschiedene defensive Viererketten aufliefen und Struber im Angriff in jeder Partie neue Experimente wagen musste - von welchen die wenigsten aufgingen.

Ein einziges Stürmertor, jenes von Roko Simic beim Auftaktspiel in Lissabon, konnten die Mozartstädter in dieser Champions-League-Saison erzielen. Wie viele mehr möglich gewesen wären, wären Sekou Koita und Fernando nicht für den Großteil der Gruppenphase ausgefallen, lässt sich anhand des Gezeigten der beiden Angreifer nach ihrer Einwechslung im abschließenden Gruppenspiel gegen Benfica nur erahnen.

"Wir freuen uns darauf, wenn wir mit hoffentlich vielen fitten Jungs in die Vorbereitung gehen können", brennt Struber bereits darauf, endlich seinen Kader voll ausschöpfen zu können.

5. Die Salzburger Leistungen

Vorneweg: Die Schuld für das Scheitern auch nur zu einem geringen Anteil Gerhard Struber in die Schuhe zu schieben, wäre unfair. Der Kuchler trat seinen Traumjob zu einem Zeitpunkt an, als die Saison bereits losgegangen war; er bekam nie die Chance, seine taktischen Vorstellungen in einer klassischen Vorbereitung zu übermitteln, sondern versuchte da, während der Regenerationstrainings einer englischen Woche, und dort, mit einem Rumpfkader während Länderspielpausen, seine Inhalte einzustreuen.

Nun das Aber: Vom spektakulären, typischen "Red-Bull-Fußball", den der Kuchler bei seinem Amtsantritt versprach, war im abgelaufenen Herbst nur selten etwas zu sehen. In der Champions League nicht, speziell aber nicht in den nationalen Bewerben, wo die Mozartstädter viele Spiele nur dank ihrer hohen individuellen Qualität für sich entschieden.

Struber ist sich bewusst, dass Versprochenes und Realität in seinen ersten Monaten zum Teil weit auseinanderlagen: "Nachdem wir international nicht mehr dabei sind, können wir unsere Dinge nun sehr gut eintrainieren und einschleifen. Jetzt wollen wir über Trainingszeit zulegen, damit wir für die Bundesliga und den Cup schlagkräftig sind. Wir wollen schon auch versuchen, den Ton klarer anzugeben, als es in den letzten Wochen der Fall war. Wir haben zwar trotzdem Ergebnisse geschafft, aber nicht immer die Dominanz und Kontrolle, wie wir es uns vorstellen."

Obwohl die Mozartstädter in der Champions League, wie bereits oben erwähnt, all ihren Gegnern annähernd auf Augenhöhe entgegentraten, war keine der Niederlagen unverdient. Wenn man der doch recht aussagekräftigen Expected-Goals-Wertung Glauben schenkt, ging jede Partie ungefähr so aus, wie von der Statistik erwartet.

Erschreckend ist auch, dass Salzburg seine Heimstärke verloren zu haben scheint. Alle vier eingefahrenen Punkte wurden auswärts geholt; in ihrer ehemaligen Festung Red Bull Arena blieben die Mozartstädter ohne Punktgewinn und schossen nur ein mickriges Tor.


Kommentare