Am Ende war es - anders kann man es leider nicht formulieren - ein für diese Saison typisches Champions-League-Spiel des FC Salzburg.
Wieder einmal waren die "Bullen" einem internationalen Top-Gegner völlig unterlegen, wieder einmal setzte es eine deutliche Pleite.
Insgesamt 27 Gegentreffer kassierten die Salzburger bei der erstmaligen Austragung der Champions-League-Ligaphase und damit gemeinsam mit Slovan Bratislava die meisten aller 36 Teams.
Diesmal, also gegen Atletico Madrid (Spielbericht>>>), begann die Misere schon nach wenigen Minuten.
"Bis zum 0:1 war es richtig schlecht"
(Text wird unterhalb fortgesetzt)
Anders als noch in der Vorwoche bei Real Madrid, als sie sogar den besseren Start als ihre "königlichen" Gegenspieler erwischten, traten die "Bullen" von Anpfiff an extrem fahrig an und luden die "Rojiblancos" quasi zum Toreschießen ein. Trainer-Sohn Giuliano Simeone war es schließlich, der nach fünf Minuten "Danke" sagte.
"Bis zum 0:1 war es eigentlich richtig schlecht", wird Coach Thomas Letsch auf der Pressekonferenz nach der Partie deutlich. "Wir sind sehr schlecht ins Spiel gekommen, sind eigentlich nur hinterhergelaufen, haben nur reagiert, sind nie in die Zweikämpfe gekommen und haben dementsprechend auch relativ früh das 0:1 bekommen."
Ihn ärgert auch, dass seiner Mannschaft nicht der unmittelbare Ausgleich nach rund 12 Minuten gelang, als Nene Dorgeles nach einem hohen Ballgewinn Adam Daghim im Strafraum einsetzen konnte, dieser aber bei seinem Abschluss zu lange zögerte.
So erklärt Schlager seinen folgenschweren Ausflug
"Wenn ich nicht rauskomme, kommt läuft er Eins-gegen-Eins aufs Tor, spielt rüber und dann steht es halt so 2:0. So zwinge ich ihn zur Entscheidung."
Diese vergebene Chance hatte auch direkte negative Konsequenzen - quasi im Gegenzug bekam Simeone jr. einen hohe Ball von Koke in den Lauf gespielt, umkurvte den herauseilenden Alex Schlager und legte auf Antoine Griezmann ab, der zum 2:0 traf.
Schlager sah in dieser Situation nicht gut aus. Er verteidigt seinen unglücklichen Ausflug anschließend bei "Sky" folgendermaßen: "Eine Fifty-Fifty-Entscheidung. In der Situation macht es nicht viel Unterschied. Wenn ich nicht rauskomme, läuft er Eins-gegen-Eins aufs Tor, spielt rüber und dann steht es halt so 2:0. So zwinge ich ihn zur Entscheidung."
Und das sagt Letsch zu dieser für seine Mannschaft bittere Abfolge an Ereignissen:
"Wir müssen einfach das 1:1 machen. Das ist eine Chance, wie du sie nicht oft gegen Atletico bekommst. Wenn du diese Tore nicht machst und es gleichzeitig dem Gegner so einfach machst im Umschalten, wird es schwierig. Dann hast du einfach keine Chance und dann zeigt das, dass wir eben nicht bereit waren, um hier in der Champions League gegen so einen Gegner anzutreten."
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Champions-League-Qualitätsnachweis nicht erbracht
Nach acht Spielen, von denen sieben dermaßen in die Hose gingen, muss festgehalten werden, dass Salzburg generell nicht bereit war, in der Champions League anzutreten; dass die "Königsklasse" eine Nummer zu groß war, hört man am Mittwoch-Abend aus dem Mund von eigentlich allen Salzburger Akteuren.
Gegen Atletico wurden die altbekannten Schwächen wieder einmal anschaulich präsentiert:
Die Madrider Gäste wurden teilweise zum Toreschießen eingeladen, so auch beim 0:3 durch Griezmann kurz vor der Pause und beim 0:4 durch Marco Llorente nach einer guten Stunde. Selbst brachte man offensiv, bis auf einige wenige zumindest im Ansatz gute Kombinationen, erneut kaum etwas zustande.
Einzig Daghim durchaus sehenswerter Ehrentreffer fiel in dieser Hinsicht positiv aus der Reihe. "Als ich den Ball kommen sehen habe, habe ich gewusst, das wird definitiv ein Tor", grinst der Däne nach seinem Kunstschuss.
"Ich habe im Vorfeld gesagt, wir wollen heute zeigen, dass wir, auch wenn wir schon ausgeschieden sind, zu Recht in diesem Wettbewerb sind. Diesen Nachweis sind wir schuldig geblieben", knirscht Letsch hingegen.
"...sonst werden wir auch national nicht erfolgreich sein"
Das Thema Champions League sei "absolut zurecht durch"; nun gelte der volle Fokus den nationalen Bewerben.
"Und da darf man auf keinen Fall den Fehler machen zu sagen: 'Jetzt kommen Gegner auf einem anderen Leven auf uns zu.' Das ist Blödsinn. Das sind trotzdem Mannschaften mit sehr hoher Qualität und dementsprechend müssen wir einfach unsere Fehlerquote runterschrauben. Sonst werden wir auch in der Liga und im Pokal nicht erfolgreich sein", warnt der Deutsche.
Letsch übernahm die Salzburger Mannschaft zum denkbar undankbarsten Moment: Nach einem absoluten Horrorherbst und mit Spielen gegen Bayern München, Real Madrid und Atletico Madrid vor der Brust. Diese gingen, genau so wie das Testspiel gegen den FC Midtjylland, allesamt verloren.
Was hat das mit ihren Spielern mental gemacht, Herr Letsch?
"Man kann jetzt sagen, dass, wenn die Ergebnisse besser gewesen wären, wir mehr Selbstvertrauen hätten. Vielleicht wäre aber auch die Gefahr da, dass der eine oder andere überheblich wird. So sind hoffentlich die Sinne geschärft. Man kann immer etwas in die eine oder in die andere Richtung reininterpretieren."
Richtungsweisende Partie in Linz steht an
"Am Sonntag geht es einfach um das Ergebnis. Das geht es nicht darum, gute 90 Minuten zu spielen, sondern nur darum, das Spiel zu gewinnen und ins Halbfinale einzuziehen."
Zudem habe seine Mannschaft nun den Vorteil gegenüber dem am Sonntag im ÖFB-Cup-Viertelfinale wartenden LASK, bereits Pflichtspiele in den Beinen zu haben. "Und das muss man jetzt einfach merken", nimmt Letsch seine Kicker in die Pflicht.
Die Partie in der Raiffeisen Arena wird eine äußerst richtungsweise. Kommen die Salzburger weiter, sind sie weit voll auf Kurs, ihre Saisonziele zu erreichen; scheitern sie, ist Krisenmodus pur angesagt.
"Am Sonntag geht es einfach um das Ergebnis. Das geht es nicht darum, gute 90 Minuten zu spielen, sondern nur darum, das Spiel zu gewinnen und ins Halbfinale einzuziehen", so Letsch.
Letsch vom aktuellen Kader überzeugt
Er freue sich bereits darauf, die beiden Winterneuzugänge Karim Onisiwo und Maximiliano Caufriez sowie die ebenfalls in der Champions League nicht einsatzberechtigten Youngsters Joane Gadou, Edmund Baidoo und Gaoussou Diakite in seinem zuletzt dünn gewordenen Spieltagskader zu begrüßen.
Von seiner Mannschaft sei er überzeugt; weitere einkommende Transfers würden nur getätigt werden, wenn diese eine definitive Verstärkung für den Kader darstellen würden.
Der 56-Jährige hält fest: "Wir haben hier einige gute Jungs. Mit denen werden wir arbeiten, damit wir hoffentlich irgendwann wieder international spielen und uns dann besser präsentieren werden."
Bevor aber wieder von Europacup-Nächten geträumt werden darf, gilt es, die nationalen Hausaufgaben zu erledigen. Diese werden angesichts der letzten Monate schwierig genug.