Jan Aage Fjörtoft ist zurück in Österreich!
Die norwegische Rapid-Legende, die für die Hütteldorfer in 162 Spielen 92 Tore erzielte, ist einer der vier neuen Experten, die bei "ServusTV" im kommenden Herbst durch den Europacup begleiten.
Fjörtoft wird gemeinsam mit dem ehemaligen deutschen Nationalspieler Steffen Freund bei den Champions-League-Spielen jeweils am Mittwoch zum Einsatz kommen, die beiden ehemaligen ÖFB-Teamspieler Florian Klein und Sebastian Prödl werden jeweils am Donnerstag mit ihren Expertisen durch ein Spiel der Europa League oder der Europa Conference League führen.
"Ich war 22 Jahre alt, als ich hier nach Österreich kam. Ich freue mich wieder hier zu sein. Ich werde immer Rapidler sein, aber ich hoffe natürlich, dass Red Bull Salzburg es schafft. Das wäre nicht nur gut für uns von ServusTV, sondern auch gut für den österreichischen Fußball", hofft Fjörtoft bei einem Medientermin von "ServusTV" auf einen Salzburger Aufstieg gegen Bröndby im Champions-League-Playoff am Mittwoch (21 Uhr im LIVE-Ticker und auf ServusTV).
Fjörtoft: "Das ist sensationell"
Fjörtoft beobachtet den internationalen Fußball seit seinem Karriereende aus journalistischer Sicht. Wer seinem Twitter-Account folgt, verpasst garantiert nichts, was im Weltfußball abgeht.
Und auch auf den österreichischen Fußball hat der 54-Jährige ein genaues Auge. Wenn er über den FC Red Bull Salzburg spricht, kommt der ehemalige Stürmer ins Schwärmen:
"Es gibt viele Ahnungslose, die vor dem Fernseher sitzen und analysieren, wie Red Bull Salzburg Fußball spielt und die Ausbildung macht. Die reden nur über Leipzig. Aber das sind zwei verschiedene Diskussionen. Wir müssen sehen, wie sie die Jungen entwickeln. Die Mannschaft gegen Bröndby – sensationell, 22,5 Jahre Durchschnittsalter. Wir sehen überall, wie gut sie in der Trainerausbildung arbeiten, das hat nicht nur mit Rangnick zu tun."
Darum wechselte Haaland nach Salzburg
Speziell das Scouting der "Bullen" hat es ihm angetan. "Wie man definiert, welche Spieler man holt – das Geheimnis ist für alle offen. Aber trotzdem wird über andere Sachen diskutiert. Keiner versteht, wie sie arbeiten", so Fjörtoft, der die ausgezeichnete Arbeit, die Salzburg in den letzten Jahren in der Nachwuchsausbildung leistet, mit einer Anekdote verdeutlicht:
"Das letzte Mal, dass ich in der Red Bull Arena war, war mit Papa Haaland und Erling, wir haben mittaggegessen. Es war ein Symbol für mich, dass er hier war. Er hätte zu Juventus gehen können, dort viel mehr Geld bekommen. Aber er geht nach Salzburg, um sich zu entwickeln."
Auch Steffen Freund schlägt in eine ähnliche Kerbe. Der 51-Jährige arbeitete vor seiner Karriere als TV-Experte als Trainer diverser Jugendmannschaften für den DFB und weiß, wie schwierig die Arbeit mit jungen Spielern manchmal sein kann. "Ich war auch Trainer beim DFB – die Spieler laufen durcheinander, die musst du alle fokussieren und dahin bringen, dass sie mit 19, 20 hier in der Arena direkt Leistung bringen. Das muss man erstmal hinbekommen als Verein und das schafft Salzburg Jahr für Jahr", so der Deutsche.
Freund von Salzburg beeindruckt
Für Freund ist das Erfolgsrezept ein einfaches: "Die Philosophie bleibt immer gleich, deswegen sind sie so erfolgreich. Das wissen mittlerweile alle in Deutschland. Wie schnell das geht, von Salzburg zu einer Spitzenmannschaft in Deutschland sofort Leistung zu bringen. Das zeigt, dass das System wunderbar funktioniert."
Dutzende Spieler wechselten in den vergangenen Jahren aus der Mozartstadt in die deutsche Bundesliga, die allermeisten konnten sich durchsetzen und manche zählen mittlerweile zu den absoluten Stars der Liga, wenn man an Erling Haaland, Dayot Upamecano oder auch Marcel Sabitzer denkt. Der Aderlass der "Bullen" speziell in Richtung Deutschland ist jedes Jahr groß, auch wenn in diesem Sommer mit Masaya Okugawa (Bielefeld) bisher nur ein Spieler aus der Mozartstadt in die deutsche Bundesliga gewechselt ist.
"Gestern habe ich einen Salzburg-Fan im Hotel getroffen, der hat gemeint: 'Mann, können die nicht mal ein bisschen länger zusammenbleiben, wir wollen mal was Großes gewinnen.' Aber ein Halbfinale in der Europa League ist gar nicht so schlecht", findet Freund, der Salzburgs eingeschlagenen Weg in einer Liga wie der österreichischen Bundesliga als alternativlos bezeichnet.
"Kann die österreichische Liga ja nicht zur Bundesliga machen"
"Ich glaube, das ist der richtige Weg. Das kriegen alle mit, wie das funktioniert. Das gesamte Paket Salzburg, mit Liefering und auch Leipzig. Ich kann die österreichische Liga ja nicht zur deutschen Bundesliga machen, sondern nur weiterarbeiten und so gut wie möglich davon profitieren", findet der 51-Jährige. Speziell das Transferplus der "Bullen" - alleine in den letzten fünf Jahren waren es über 210 Millionen Euro - beeindruckt ihn.
"Was für Einnahmen Salzburg aus diesem Geschäft Fußball macht, ist am Ende das Positivste. Du bildest aus und kriegst dann ganz viel Geld. Du scoutest schon vorher einen Haaland, da wissen andere noch gar nicht, dass es den gibt. Das ist schon großartig", so Freund, der beim Champions-League-Sieg von Borussia Dortmund 1997 im BVB-Kader stand, aber nur zu einer Einsatzminute kam.
In seiner deutschen Heimat weisen in den letzten Jahre nur wenige Vereine eine positive Transferbilanz auf. Ein Umstand, der Freund sauer aufstößt: "Viele Vereine in der deutschen Bundesliga haben ein Riesen-Problem, schaffen es kaum noch, die Mannschaft zu finanzieren – Corona kam dazu, das weiß ich. Will man das? Es ist eine Freude, zu sehen, wie so ein Weg funktioniert, ohne dass du ins finanzielle Chaos gehst, sondern sogar noch ein Plus machst."
Fjörtoft: "Hätte gern, dass Salzburg nicht so gut scoutet"
Obwohl sich Freund noch in den österreichischen Fußball "reinfuchsen" muss, hat er bereits einen Lieblingsspieler aus der österreichischen Bundesliga: Karim Adeyemi.
"Ich finde Adeyemi klasse. Er kriegt hier seine Spielmöglichkeiten. Ich habe zwei Jahre gebraucht, bis ich nach der A-Jngend mein erstes Spiel im Männerverein gemacht habe. Dieser Schritt ist der größte und schwerste und der wird hier vorbildlich und vom Feinsten gelebt. Er bekommt seine Spielpraxis, ohne dass er lange kämpfen muss und ohne, dass drei im Team, die 30 sind, die Ellbogen ausfahren und dafür sorgen, dass er gar nicht spielt. In Salzburg hat er zu spielen und muss sofort Leistungen bringen", so der 51-Jährige, der prognostiziert: "Die Schnelligkeit, die Dribbelfähigkeit – der ist spätestens in zwei Jahren weg."
Ob es bei all dem Lob für Salzburg auch Kritikpunkte gibt? Freund fällt nichts ein, dafür Fjörtoft: "Ich hätte gerne, dass Salzburg nicht so eine gute Scouting-Abteilung hat. Weil dann wäre ja Rapid besser. Die Scoutingabteilung ist mir zu gut", scherzt der Norweger.