Karim Adeyemi ist also doch von diesem Planeten!
Der 19-jährige Durchstarter des FC Salzburg zeigte in dieser Saison teilweise Leistungen von einem anderen Stern und mischte die Champions League trotz seines jungen Alters mit vier Scorerpunkten aus den ersten drei Runden ordentlich auf.
Ausgerechnet beim ersten "Machtball-Spiel" der Salzburger in Wolfsburg, bei dem die "Bullen" vorzeitig den historischen Aufstieg ins Achtelfinale fixieren hätten können, versagten Adeyemi allerdings die Nerven.
Der DFB-Teamspieler ließ bei der 1:2-Niederlage in der Volkswagen Arena (Spielbericht>>>) zwei absolute Sitzer liegen und wurde nach einer auch sonst schwachen Leistung bereits nach einer guten Spielstunde von Matthias Jaissle ausgetauscht.
"Das Spiel war nicht so schlecht von uns, aber die Chancenverwertung hat es uns schwer gemacht. Bei denen ist heute jeder Schuss reingegangen. Ich bin extrem enttäuscht von mir selber. Es war für mich persönlich kein gutes Spiel, deswegen bin ich zurecht raus", geht der sichtlich mitgenommene Deutsche im Interview mit "DAZN" hart mit sich selbst ins Gericht.
Chancenverwertung machte den Unterschied
Die Partie in Wolfsburg war eine klassische Schnittpartie, aus der beide Mannschaft als Sieger hervorgehen hätten können. Ein Remis wäre wohl das gerechteste Ergebnis gewesen, das zeigt auch ein Expected-Goals-Wert von 1,74 zu 1,57 für Wolfsburg. Schlussendlich machte allerdings die von Adeyemi angesprochene Chancenverwertung den Unterschied. Neben den Adeyemi-Sitzern ließen auch Noah Okafor und Brenden Aaronson gute Möglichkeiten ungenützt.
"Heute wurden wir brutal bestraft von den Wolfsburgern, die enorm effektiv vor unserem Tor waren, und wir waren auf der Gegenseite nicht so effektiv vor der Kiste der Wolfsburger", ärgert sich Matthias Jaissle auf der Pressekonferenz nach dem Spiel.
Grundsätzlich kann der 33-Jährige mit dem Auftritt seiner im Vergleich zu Wolfsburg durchschnittlich drei Jahre jüngeren Mannschaft gut leben: "In Summe war es ein richtig couragierter Auftritt. Wir wollten so mutig und frech auftreten wie in den letzten Champions-League-Spielen und das ist uns auch gelungen."
Jaissle stellt sich schützend vor Adeyemi und Co.
Neben Adeyemi, dem zweitjüngsten Spieler in der Startelf der Salzburger, erwischte auf der jüngste, Luka Sucic, einen rabenschwarzen Tag. Der Kroate machte bei beiden Gegentreffern keine gute Figur, beide Tore wären mit einem aufmerksameren Defensivverhalten des 19-Jährigen zu verhindern gewesen.
"Bei so jungen Burschen gehört das auch dazu. Das ist ein Entwicklungsprozess, das ist uns bewusst. Deswegen sind sie hier in Salzburg. Wir gestehen den Jungs die Zeit zu, das zu lernen. Die Jungs haben den Anspruch auch selbst, dass sie in den nächsten Spielen noch kaltschnäuziger vor der Kiste sind. Das wünsche ich mir natürlich auch für Karim", stellt sich Jaissle schützend vor sein unerfahrenes Team, das in den bisherigen Spielen eine beinahe unheimliche Reife an den Tag legte.
Salzburg wirkte am Dienstag nicht nur erstmals etwas unreif, auch eine zuvor unter Jaissle unbekannte defensive Instabilität trat in der Volkswagen Arena des Öfteren auf. Während die erste drei "Königsklassen"-Gegentore der Mozartstädter in dieser Saison allesamt aus Standards resultierten, fing sich Salzburg in der Autostadt gleich zwei aus dem laufenden Spiel entstande Treffer ein.
Für Jaissle keine Überraschung: "Wir hatten den Anspruch, bestmöglich alles wegzuverteidigen. Dass das nicht über 90 Minuten gegen so eine Topmannschaft machbar ist, ist uns auch bewusst. Leider haben wir das erste Gegentor relativ früh kassiert. Kurz davor hatten wir selbst die Chance - ich glaube, das ist bezeichnend für die Partie heute."
Kristensen: "Jetzt haben wir zwei Finali"
Salzburg bleibt auch trotz der etwas unnötigen Niederlage in Wolfsburg klar auf Aufstiegskurs, weiterhin hat Österreichs Meister Rang eins der Gruppe G inne. Noch immer fehlt außerdem nur ein Sieg, um den historischen Einzug ins Achtelfinale zu realisieren. Entweder in drei Wochen in Lille oder Anfang Dezember daheim gegen Sevilla gibt es die nächste Möglichkeit auf diese wichtigen drei Punkte.
"Jetzt haben wir noch zwei Finali in der Gruppe, wir müssen es besser machen", fordert Rasmus Kristensen. Der Däne, ebenfalls nicht ganz im Bilde beim ersten Gegentor, konstatiert: "Das ist Champions League. Du kannst ein Spiel verlieren, das ist ganz normal."
Für den Rechtsverteidiger hat Salzburg trotz der Pleite ein gutes Spiel gemacht: "Wir sind nicht zufrieden, aber unser Spiel, unsere Leidenschaft, unsere Qualität war schon top. Es war heute nicht in unserer Richtung, aber so ist Fußball. Es waren die Kleinigkeiten, die heute nicht gepasst haben. Die waren heute nicht für uns. Aber wir können stolz sein, wir haben super gespielt, wir haben es super gemacht."
Seiwald: "Werden nächsten Matchball verwerten"
Zustimmung bekommt der Däne dabei von Coach Jaissle: "Wie wir es heute über weite Strecken gemacht haben, war richtig gut. Wir haben versucht, die Wolfsburger permanent zu stressen und ich hoffe, dass die Wolfsburger das bestätigen können."
Über seine erste Pflichtspiel-Niederlage als Trainer einer Profimannschaft macht sich der 33-Jährige keine großen Gedanken: "Ich versuche, das alles recht neutral einzuordnen, egal ob wir einen Gegner mit 7:1 aus dem Stadion jagen oder mit 1:2 verlieren. Heute haben wir über weite Strecken ein richtig gutes Spiel gemacht und wurden leider nicht belohnt. Trotzdem Kompliment an die Truppe, die Jungs dürfen erhobenen Hauptes nach Hause fliegen."
Dass Salzburgs Mentalität durch den Umfaller in Wolfsburg wohl nicht einmal eine Schramme davonträgt, zeigt folgende Kampfansage von Nicolas Seiwald: "Die Enttäuschung ist groß, in der Kabine ist es still wie nie zuvor. Wir ärgern uns natürlich. Aber wir haben noch zwei Spiele, zwei Matchbälle – und die werden wir verwerten!"