Die Location ist die gleiche, die Vorzeichen sind doch gänzlich andere.
Wie einst im April 2017 brach die U19 des FC Red Bull Salzburg am Montag in die Schweiz auf, wo ab Mittwoch in Nyon das Finalturnier der UEFA Youth League stattfindet.
Während die "Jungbullen" vor drei Jahren als krasser Außenseiter zum Final-Four mit dem FC Barcelona, Real Madrid und Benfica Lissabon zum Hauptquartier der UEFA am Genfer See reisten, geht es heuer Corona-bedingt schon für das Viertelfinale nach Nyon.
Vor dem Duell gegen Olympique Lyon am Mittwoch (15 Uhr im LIVE-Ticker) gelten die Salzburger Millionen-Talente als einer der heißesten Titel-Anwärter im verbliebenen Teilnehmerfeld.
Der Weg nach Nyon
Nachdem die "großen" Salzburger in der Vorsaison bekanntlich endlich die Champions League erreichen konnten, durften auch die "Jungbullen" 2019/20 erstmals in der Youth League schon in der Gruppenphase starten. Bei den bisherigen Antritten stiegen die jungen Mozartstädter stets im sogenannten Meisterschaftsweg ein, der 2015 eingeführt wurde und auch Teams eine Teilnahme an der Youth League ermöglichen soll, deren erste Mannschaft wenig bis keine Chance auf die Champions League hat.
2015/16, 2016/17 und 2017/18 nahm Salzburg so bereits an der Youth League teil - im Vorjahr durfte die Admira ran, die sensationell U18-Meister wurde - und erreichte dabei stets zumindest die Zwischenrunde, die die Sieger aus den Qualifikationsrunden des Meisterschaftsweges gegen die Zweiten der Gruppenphase ums Achtelfinale kämpfen lässt.
Auch heuer mussten die "Jungbullen" in dieser Zwischenrunde ran, nachdem sie sich in der Gruppe mit KRC Genk, dem SSC Neapel und dem FC Liverpool äußerst unglücklich auf Rang zwei hinter den "Reds" platzierten. Dort traf das Team von Frank Kramer, der mittlerweile nicht mehr bei Salzburg unter Vertrag steht und für das Final-Turnier durch Liefering-Coach Bo Svensson und U18-Trainer Matthias Jaissle ersetzt wird, auf Titelverteidiger FC Porto.
Gegen die portugiesische Talentschmiede sicherten sich die Salzburger in einem höchst dramatischen Spiel den Aufstieg mit 8:7 nach Elfmeterschießen und trafen im Achtefinale auf Derby County. Die Angelegenheit gegen den U19-Vertreter des englischen Zweitligisten, dessen U18 2018/19 überraschend die U18-Premier-League gewann, ging entschieden deutlicher aus. Mit einem klaren 4:1 und einer drückend überlegenen Leistung wies der österreichische dem englischen Jugendmeister die Schranken auf.
Kommen die "Jungbullen" im Viertelfinale auch über Olympique Lyon drüber, würden sie im Halbfinale am 22. August auf den Sieger der Begegnung Inter Mailand gegen Real Madrid treffen, das Finale im Stade de Colovray in Nyon würde am 25. August steigen.
Nur Lyon wertvoller als Salzburg
Einfach wird die Titelmission freilich nicht, vor allem da mit Lyon ein echtes Top-Team des Jugendfußballs auf die "Jungbullen" wartet. Die Franzosen bestechen seit Jahren mit großartiger Jugendarbeit und verkaufen immer wieder Spieler aus dem eigenen Nachwuchs um hohe Millionen-Beträge. Alexandre Lacazette (53 Millionen Euro zu Arsenal), Corentin Tolisso (41,5 Millionen Euro zu Bayern München) oder Karim Benzema (35 Millionen Euro zu Real Madrid) heißen nur einige wenige Abgänger der renommierten OL-Akademie.
Alleine beim sensationellen Aufstieg ins Champions-League-Halbfinale kamen mit Anthony Lopes, Maxence Caqueret und Houssem Aouar drei Kicker, die ihre gesamte bisherige Karriere in Lyon verbracht haben und künftig den Verein um viel Geld verlassen könnten, zum Einsatz. Bezeichnend ist auch, dass Lyon mit einem Marktwert von 26,65 Millionen Euro (Zahlen laut "transfermarkt.de") die mit Abstand wertvollste Startelf aller 16 Achtelfinalisten stellte. Gleich dahinter folgt mit 15,75 Millionen Euro Salzburg.
Achtung auf Lyons Wunderkind
Der Hauptgrund für diese absurd hohe Zahl, mit der in der österreichischen Bundesliga nichtmal der SK Rapid und der LASK mithalten können, heißt Rayan Cherki und ist trotz seiner jungen Jahre bereits 18 Millionen Euro wert. Das Mittelfeld-Juwel, das erst am Montag seinen 17. Geburtstag feierte, gilt als eines der größten Talente seiner Generation und ist auch im Youth-League-Team von OL das Um- und Auf.
Obwohl er nur vier Spiele für die U19 der Franzosen bestritt, da er bereits zum Kader der ersten Mannschaft gehört, konnte er fünf Treffer und einen Assist in der Youth League verbuchen. Für das Herrenteam absolvierte Cherki bereits zwölf Einsätze, in seinem erst zweiten Spiel von Beginn an avancierte der Franzose mit algerischen Wurzeln mit zwei Treffern und zwei Assists beim 4:3-Sieg über den FC Nantes im Coupe de France prompt zum Matchwinner.
Beim 3:1-Erfolg von Lyon über Manchester City saß der technisch beschlagenen Offensiv-Alleskönner auf der Bank und hält seither den Rekord für den jüngsten Spieler, der es jemals in den Matchkader eines Champions-League-Viertelfinales geschafft hat. Wenig überraschend ist bereits die gesammelte Fußball-Elite an Cherki dran. Barcelona, Real Madrid, Manchester City, Juventus Turin - alle wollen den 17-Jährigen. Cherki selbst sieht seine nähere Zukunft aber noch in seiner Geburtsstadt, erst kürzlich verlängerte er seinen Vertrag in Lyon bis 2023. Länger erlauben es die Regularien Unter-18-Jährigen nicht.
Wer tritt in die Fußstapfen von Wolf und Co.?
Verstecken brauchen sich die Salzburger von Cherki und Co. allerdings nicht, besitzen sie mit Kickern wie unter anderem Karim Adeyemi, Luka Sucic oder Maurits Kjaergaard ebenfalls viele Talente, die in ganz Europa zu den besten ihrer Altersklasse gehören. Zudem bekamen es die "Jungbullen" auch bei ihrem Titelgewinn 2017 mit einem sogenannten "Wunderkind" zu tun. Einen gewissen Joao Felix montierten die Salzburger damals im Finale gegen Benfica komplett ab.
Überhaupt sind die Parallelen zu vor drei Jahren auffällig. Schafften es aus dem Final-Kader der Salzburger 2017, in dem Xaver Schlager verletzungsbedingt fehlte, mit Hannes Wolf, Amadou Haidara, Patson Daka, Igor, Luca Meisl und Mergim Berisha fünf Spieler zu Einsatzminuten für die Profimannschaft der Salzburger, ist ein solches Unterfangen auch aus dem aktuellen Kader vielen Kickern zuzutrauen.
Adeyemi hat es schon geschafft, Seiwald und Adamu wollen es schaffen
Allen voran steht natürlich Karim Adeyemi. Der 18-jährige Deutsche bringt alles mit, was in Salzburg gefragt ist. Der Angreifer verfügt über enormes Tempo, eine tolle Technik sowie die nötige Coolness vor dem Tor. Bereits in der abgelaufenen Saison durfte der Linksfuß, den sich die "Bullen" vor zwei Jahren über drei Millionen Euro kosten ließen, seine ersten Einsätze in der Bundesliga absolvieren und sein erstes Profi-Tor schießen. In der Saison 2020/21 hat Adeyemi nach dem Abgang von Hee-chan Hwang gute Chancen auf einen Stammplatz.
Von einem solchen noch etwas weiter entfernt sind Nicolas Seiwald und Junior Adamu. Die beiden ÖFB-Nachwuchsteamspieler haben eine starke Saison beim FC Liefering hinter sich und wurden als Belohnung zur neuen Spielzeit in die erste Mannschaft hochgezogen.
Seiwald gilt als Mittelfeld-Allrounder, der beidfüßig ist und mit seiner Vorliebe zum Pressing perfekt nach Salzburg passt, wo er in der kommenden Saison auf Einsätze kommen wird. Das Youth-League-Team führt der Rotschopf als Leader an, dabei konnte er drei Treffer und zwei Assists sammeln.
Etwas schwieriger gestaltet sich die Situation bei Adamu. Der 19-Jährige ist zwar hochveranlagt, die Konkurrenz im "Bullen"-Sturm ist mit Karim Adeyemi, Patson Daka, Sekou Koita, Smail Prevljak und Mergim Berisha aktuell aber schier überwältigend. Auf seiner Visitenkarte hat der schnelle Stürmer aber immerhin 14 Tore aus der Saison 2019/20 für den FC Liefering stehen. Zudem traf er in der Youth League drei Mal.
Pokorny, Sucic und Dedic brauchen Geduld
Ebenfalls mit im Trainingslager der "Bullen" in Bramberg waren Peter Pokorny, Luka Sucic und Amar Dedic. Für die beiden Letzteren war dies eine Premiere, Pokorny war schon im Winter in Doha dabei.
Pokorny kam 2018 aus seiner slowakischen Heimat nach Salzburg und präsentierte sich seither als beinharter Sechser beim FC Liefering. Das Problem des 19-Jährigen ist, dass Salzburg auch im zentralen defensiven Mittelfeld mit Enock Mwepu, Zlatko Junuzovic, Mohamed Camara, Antoine Bernede und auch Nicolas Seiwald gewaltig überbesetzt ist und der Sprung in die erste Mannschaft aktuell nur schwer vorstellbar ist.
Auch Sucic wird nicht so schnell Stammspieler bei den Profis sein, wer dem 17-jährigen Kroaten aus Linz aber schon mal auf die Beine geblickt hat, weiß, dass ihm eine ganz große Karriere blühen kann. Sucic besitzt eine Wahnsinns-Schusstechnik, eine perfekt ausgefeilte Ballbehandlung und eine tolle Übersicht. Mit fünf Treffern ist er zudem der gefährlichste Torschütze der "Jungbullen" in der Youth League, damit belegt er den geteilten dritten Platz in der allgemeinen Torschützen-Liste des Bewerbs.
Und auch Dedic besitzt ein enorm hohes Potenzial und wird in Salzburg hoch geschätzt. Der Grazer, der für Bosnien-Herzegowina auf Nationalteamebene seine Schuhe schnürt, beackert beide defensiven Außenpositionen gleichermaßen gut und gilt aufgrund seiner Vergangenheit als Flügelstürmer als äußerst offensivstark. Ausgestattet mit einer hohen Grundgeschwindigkeit und einem starken Zweikampfverhalten passt er perfekt in das Profil, das Salzburg an seine Außenverteidiger stellt.
"Millionen-Teenager" scharren in den Startlöchern
Noch um einen Jahrgang jünger sind Maurits Kjaergaard, Benjamin Sesko und Bryan Okoh, die allesamt 2003 geboren sind und im Vorsommer um kombinierte sieben Millionen Euro in der Mozartstadt aufschlugen.
Der Däne Kjaergaard, dessen Ablösesumme sogar auf bis zu vier Millionen Euro steigen könnte, ist ein filigraner Mittelfeldspieler, der sich trotz seines jungen Alters bereits in der 2. Liga beweisen konnte und in 13 Partien zwei Treffer und vier Assists beisteuern konnte. In der Youth League blieb der technisch hochveranlagte Linksfuß noch etwas außen vor und kam nur auf zwei Einsätze.
Das kann man von Sesko nicht behaupten. Der slowenische Angreifer absolvierte alle Youth-League-Partien der Salzburger bis auf eine und traf dabei gleich drei Mal. Beim FC Liefering blieb der schlaksige Stürmer noch etwas glücklos und hält nach 15 Einsätze erst bei einem Treffer.
Okoh wiederum gilt als einer der Gewinner der Corona-Unterbrechung. Nachdem der Schweizer Innenverteidiger bis zur Spielpause in der 2. Liga nur einmal für Liefering ran durfte, absolvierte er nach Wiederaufnahme des Spielbetriebs acht von zehn möglichen Spielen und war mitverantwortlich für einen starken Frühling der Salzburger Zweitvertretung, die am Ende Rang drei belegte. In der Youth League war Okoh zuletzt ohnehin immer gesetzt, bis auf die ersten beiden Spiele bestritt der physisch weit entwickelte Teenager alle Matches von Beginn an.