Auf Österreichs Fußball-Fans wartet ein Europacup-Spieltag der Superlative! Am Mittwoch und Donnerstag startet ein Bundesliga-Quartett in die Gruppenphase. Salzburg will wie im Vorjahr in der Champions League für Furore sorgen, Vizemeister Rapid, der LASK und der Wolfsberger AC versuchen in der Europa League zu überwintern.
Der Auftakt hat es für die heimischen Vereine in sich. Zwei prominente Top-Gegner aus London und zwei Spitzen-Teams aus Moskau stellen sich vor. Salzburg eröffnet die Gruppenphase in der Königsklasse mit dem Heimspiel gegen Lok Moskau.
Zu sehen ist die Partie am Mittwoch (21.10., 18:55 Uhr) live und exklusiv auf Sky Sport Austria 1. Dabei sorgt sicher Co-Kommentator Alfred Tatar für spannende Einblicke. Der Niederösterreicher war unter Raschid Rachimow als Co-Trainer bei Lok Moskau unter Vertrag und wird sein Insiderwissen über den Traditionsklub und die russische Liga mit den Sky-Sehern teilen.
LAOLA1 kontaktierte Russlands Teamchef Stanislaw Tschertschessow und bat den 57-Jährigen um eine Einschätzung über Lok Moskau, fragte aber auch nach, was der Wahl-Tiroler aus dem Nordkaukasus - Tschertschessow ist in Alagier einer Industriestadt der russischen Teilrepublik Nordossetien-Alanien geboren - von WAC-Gegner ZSKA Moskau hält.
Ehe "Stani" über Salzburgs Auftakt-Gegner Lok spricht, will er wissen, ob es in seiner zweiten Heimat Tirol schon schneit und wie sich die aktuelle Corona-Situation rund um Innsbruck entwickelt.
Der ehemalige FC-Tirol-Goalie plant für Mitte Dezember seine Teilnahme beim so genannten "Star-Revival" mit internationalen Fußballgrößen im Tiroler Oberland. Ralph "The Voice" Schader organisiert vom 14. bis 18.12. ein Treffen der ehemaligen Top-Kicker aus Deutschland und Österreich auf den Skipisten und im "Almhof" von Nauders inklusive eines Legenden-Hallen-Turniers in Imst, wo Stani Tschertschessow als Promi-Coach an der Bande stehen soll.
Lok Moskau ist in jeder Hinsicht ein sehr stabiler Verein
Über Salzburgs Auftakt-Gegner meint Russlands Teamchef: "Ich kann nicht sagen, ob Lok gefährlich oder leicht zu bespielen ist, ich kann nur sagen, dass Lok ein sehr stabiler Verein ist. Die Mannschaft ist homogen und auch der Verein steht auf guten Beinen. Lok ist das dritte Jahr in Folge in der Champions League im Einsatz. Sie haben immer sehr starke Gegner in der Gruppenphase gehabt und sind daher nie weitergekommen."
Tschertschessows aktuelles Urteil über Lok: "Sie besitzen eine erfahrene Mannschaft mit einem neuen Trainer aus Serbien (Anm.: der 41-jährige Marko Nikolic). Sie haben in der Transferzeit den einen oder anderen Wechsel getätigt. Mit Aleksey Miranchuk (Anm.: wechselte um 14,5 Mio. Euro zu Atalanta Bergamo) haben sie einen Top-Offensivmann verloren. Er war einer der besten Lok-Spieler der letzten Saison. Ich erwarte in Salzburg ein offenes Spiel. Das wird weder für Lok noch für Salzburg eine leichte Partie."
Die Gruppe A ist prominent besetzt. Mit Titelverteidiger FC Bayern und Atletico Madrid stehen die beiden Favoriten auf den Aufstieg ganz klar fest. Im Duell Salzburg gegen Lok geht es laut Papierform wohl "nur" um den dritten Endrang, oder? "Das denke ich auch", sagt Tschertschessow. "Wenn FC Bayern nicht in der Gruppe wäre, dann hieß der Gegner eben Manchester oder Real, Juventus oder FC Barcelona. In der Champions League ist es verdammt schwierig, leichte Gegner zu haben", lacht der Ex-Goalie und meint: "Die Vereine, die dort mitspielen, die sind nicht umsonst dort. Es gibt in dieser Liga wohl nur ganz selten eine Situation, in der eine Mannschaft aus Russland oder aus Österreich Favorit ist. Da gibt es keine leichten Gegner."
Tschertschessow: "FC Bayern und Atletico sind andere Kaliber!"
Und wie sieht der 50-fache ehemalige Teamtorhüter (39 Spiele für Russland, 2x für GUS, 9x für UdSSR) das Duell Salzburg gegen Lok? "Da gebe ich dir Recht, dass Salzburg und Lok wohl mit dem gleichen Gedanken in die direkten Duelle gehen. Sie wollen auf alle Fälle Rang drei erreichen, da Bayern und Atletico einfach andere Kaliber sind."
Red Bull kennt der zweifache Familienvater, dessen Tochter Madina (26) und Sohn Stani (23) einst in Innsbruck in die Schule gingen, mehrsprachig erzogen sind und perfekt Tirolerisch reden, nicht so gut.
Stani weiß, dass sich der Kader Jahr für Jahr ändert und erklärt: "Ich habe Salzburg im Vorjahr in der Champions League gesehen. Spiele der österreichischen Liga sehe ich selten und da kann ich die Klasse der Salzburger dann auch nicht so gut einschätzen. Aber ich habe die Spiele der Salzburger gegen Liverpool aus dem Vorjahr in Erinnerung (Anm.: 3:4, 0:2). Da war Salzburg richtig stark, auch wenn sie die Spiele verloren haben. Auch gegen Genk und Neapel hat mich Salzburg voll überzeugt."
"Salzburg bewundere ich für das hervorragende Scouting"
Wo sieht Tschertschessow die Stärken der Salzburger? "Sie haben vor allem ein hervorragendes Scouting-System. Sie holen immer gute junge Spieler und auch ihre Spielanlage ist sehr modern und attraktiv. Sie sind nicht umsonst Serien-Meister in Österreich, stehen in der Champions League und spielen seit Jahren eine gute Rolle in Europa."
Eine gute Rolle in ihren Meisterschaften spielen auch der WAC und ZSKA Moskau. Während die Lavanttaler international ein eher unbeschriebenes Blatt sind, im Vorjahr aber mit einem 4:0 bei Gladbach alle überraschten, ist das Team ZSKA ("Zentraler Sportklub der Armee") Stammgast in Europa. Tschertschessow hält viel vom aktuellen Tabellen-Dritten der russischen Premjer-Liga.
"Das ist eine ganz junge Mannschaft, die – so wie Lok - im Sommer ebenfalls einige Transfers getätigt hat. Sie haben einen starken Nigerianer, einen Brasilianer und einen Argentinier sowie einen guten Teamspieler aus Kasachstan von Rostov geholt, wo er im linken Mittelfeld starke Vorstellungen geliefert hat. Sie spielen jetzt schon das dritte Jahr mit einer sehr jungen Mannschaft. Dazu baut ZSKA auf eine routinierte Abwehr mit Tormann Igor Akinfeev, dem gebürtigen Brasilianer Mario Fernandes auf der rechten und Georgi Schennikov auf der linken Seite. Das sind drei sehr erfahrene Spieler, während der Rest der Mannschaft sehr jung und sehr bissig ist."
Die aktuelle Einschätzung des russischen Teamchefs klingt für den WAC bedrohlich: "Die Mannschaft ist gut in die Meisterschaft gestartet und spielt in der Tabelle ganz oben mit. In der letzten Saison hat ZSKA gerade so im letzten Moment noch den Sprung in die Europa League geschafft. In dieser Saison wirkt die gesamte Mannschaft auf mich viel stabiler, für eine so junge Mannschaft sogar sehr stabil. Bei derart jungen Teams sind die Leistungen oft ziemlich schwankend, die Spieler sind alle talentiert, aber die Ergebnisse sind unterschiedlich. ZSKA macht mir aktuell aber einen richtig gefestigten Eindruck, auch die Verantwortlichen rund um die Mannschaft herum sind sehr stabil und professionell."
Stani hofft auf viele Zuschauer bei den Spielen in Moskaus Stadien
Der WAC-Gegner ist im Aufwind: "ZSKA verfügt über ein tolles neues Stadion und ich hoffe, dass angesichts der momentanen Situation möglichst viele Zuschauer kommen können, um die Spiele mit zu verfolgen."
Die WEB Arena - benannt nach einem staatlichen russischen Kreditinstitut - ist seit 2016 bespielbar und verfügt über 30.000 Sitzplätze. Einzigartig und markant ist das verglaste Hochhaus, das in einer Ecke des Stadions integriert und dem UEFA-Pokal nachempfunden ist. ZSKA ließ sich dazu inspirieren, nachdem der Verein 2005 den UEFA-Cup-Bewerb für sich entscheiden konnte.
Was die Sympathien der Fans und der Fußball-Öffentlichkeit betrifft, hat ZSKA laut Tschertschessow gegenüber Lok Moskau knapp die Nase vorne. "ZSKA hat in den letzten zehn Jahren drei Meistertitel geholt und war 2005 UEFA-Cup-Sieger. Sie sind für mich gegenüber Lok einen Schritt voraus."
Spartak Moskau ist mit Abstand der populärste Verein in Russland
Was Popularität und Sympathie betrifft, werden aber beide Vereine von Spartak Moskau ausgestochen. "Spartak ist ganz klar der Verein mit der größten Popularität. Nicht nur in Moskau, sondern in ganz Russland", so der russische Teamchef, der seit August 2016 im Amt ist und bei 46 Länderspielen (20 Siege, 11 Unentschieden und 15 Niederlagen) hält.
Tschertschessow muss es wissen, er war als 21-jähriger Spieler von Ordschonikidse auf der Krim zu Sparak nach Moskau gewechselt und von 1984 bis 1987, dann von 1989 bis 1993 sowie 1995 und 2002 insgesamt mit Unterbrechungen gleich vier Mal als Tormann für den Top-Klub aus Moskau im Einsatz. Dazwischen spielte er auch für Lok (1988) und Dynamo Moskau (1993 bis 1995), ehe er von 1996 bis 2002 für den FC Tirol (182 Spiele) in Österreich zwischen den Pfosten stand.
Als Trainer war Stani bei Spartak in den Saisonen 2007 und 2008 engagiert, zudem betreute er Dynamo Moskau in den Jahren 2014 und 2015, ehe er den Trainerposten bei Legia Warschau übernahm. Mit dem polnischen Traditionsklub holte der Kult-Coach 2016 das Double, beendete seine Tätigkeit aber nach dem Gewinn der Meisterschaft und des Pokals, nachdem der Präsident und Tschertschessow unterschiedliche Auffassungen über die Zukunft des Vereins hatten.
Nach Double-Gewinn in Polen wird Tschertschessow Russlands Teamchef
Kein Nachteil ohne Vorteil: Stanis Ärger über den Legia-Präse war noch nicht verraucht, da bekam er das Amt als Teamchef der "Sbornaja" angeboten. Nach einer längeren Niederlagen-Serie, darunter unter anderem ein 0:1 gegen Österreich in Innsbruck, führte er die Russen bei ihrer Heim-WM 2018 dann ins Viertelfinale.
Aktuell liegt Stani mit der Sbornaja in der Nations League (Liga B, Gruppe 3) nach vier Partien (zwei Siege, zwei Unentschieden) vor Ungarn, der Türkei und Serbien an der Spitze der Tabelle.