Wenn der Erfolgstrainer geht, hinterlässt er in der Regel eine Lücke und nicht selten kommt es vor, dass nach seinem Abgang die Erfolge nicht mehr in der Ausprägung wie davor gelingen.
Vor zwei Wochen verließ Christian Ilzer samt Trainerteam Sturm Graz gen TSG Hoffenheim und rasch wurden Befürchtungen laut, dass dies - nachdem man schon Andreas Schicker und Paul Pajduch verloren hat - nicht zu kompensieren sei.
Stand jetzt deutet nur wenig darauf hin, wenngleich die Wahrheit erst die Zeit zeigen wird. Denn Jürgen Säumel wurde interimistisch zum neuen Cheftrainer der "Blackies" befördert und schließt zuweilen nahtlos an die Ära Ilzer an. Seine bisherige Bilanz: Ein 7:0-Kantersieg über Austria Klagenfurt gefolgt vom ersten Champions-League-Sieg seit fast 24 Jahren.
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"Bin nur der, der in der ersten Reihe stehen darf"
Nach dem 1:0 gegen den FC Girona strahlten die Verantwortlichen mit den Flutlichtern des Wörthersee-Stadions um die Wette.
Jürgen Säumel gab sich gewohnt demütig und lobte den Staff bei den "Blackies", der über Jahre "hervorragende Arbeit" geleistet habe. "Ich bin nur der, der in der ersten Reihe stehen darf", so der 40-Jährige.
Sein Präsident Christian Jauk meinte sogar, man müsse alle - also das gesamte Trainerteam - in die erste Reihe stellen, Säumel als Chef werde "aber schön langsam unheimlich" mit dieser Bilanz.
Ein Stein im Brett beim Team
Auch bei den Spielern kommt Säumel gut an. Es gibt kaum einen, dem nicht ein Lächeln über die Lippen huscht, wenn er über den etatmäßigen Sturm-II-Coach spricht.
"Jeder genießt es, unter ihm zu spielen."
"Jeder genießt es, unter ihm zu spielen", meinte CL-Goldtorschütze Mika Biereth. Das Erfolgsrezept? Ilzer hat eine absolute intakte Mannschaft übergeben, betonte etwa Comebacker Jon Gorenc Stankovic- was Säumel natürlich zugute kommt. "Er hat nicht allzu viel geändert", so Biereth. Warum auch? "Es läuft sehr gut bisher", liefert der dänische Angreifer sogleich auch die passende Begründung dazu.
"Bis jetzt ist alles super gegangen", sagt Gorenc Stankovic über den Interimscoach, der bisher keinen Hehl daraus machte, auch über den Winter hinaus bei den "Blackies" an der Seitenlinie stehen zu wollen.
"Ich habe vorher gesagt, dass ich Argumente liefern möchte, um mich für weitere Aufgaben zu empfehlen. Aber das geht nur über die Arbeit auf dem Platz und über Ergebnisse und das möchte ich natürlich weiter versuchen", hält Säumel fest.
Kein Kopfzerbrechen - noch nicht
Kopfzerbrechen bereitet die Situation momentan nicht, wie Jauk und der Coach beteuern. Nun, wahrlich hatte Jauk in seiner Ära schon schlimmere Probleme. "Der Herr Sportdirektor beobachtet das genau", so Jauk.
Die Mannschaft jedenfalls macht den Verantwortlichen die Entscheidung gerade nicht leichter. Der ausgeprägte Teamgeist ist unter Säumel genauso deutlich zu spüren, wie unter Ilzer oder wie es Gorenc Stankovic formuliert: "Wir spielen füreinander und das ist das Wichtigste."
"Es gibt nur Freude", so Jauk nach dem Sieg über Girona. Säumel jedenfalls produziert aktuell jede Menge davon und so auch Argumente für seiner Weiterverpflichtung.
Er selbst mache sich darüber "eigentlich gar keine Gedanken", wie der 40-Jährige betont. "Weil ich komplett fokussiert bin auf kommenden Aufgaben. Heute freue ich mich über den Sieg in der Champions League und ab morgen dann voller Fokus auf Altach", so Säumel nach dem Spiel in Klagenfurt.
Vom Lüftchen zu(m) Sturm
Stand jetzt spricht vieles dafür und kaum etwas dagegen, an ihm auch über den Winter hinaus festzuhalten. Von den Fans wird er aktuell gefeiert, von einem Hype zu sprechen, wäre aber noch zu früh. Dafür bedarf es nachhaltigerer Erfolge.
Dass derzeit in Graz aber eine "Säumel-Mania" aufkeimt, war den (über)glücklichen Fans, Spielern und Verantwortlichen aber dennoch anzumerken.
Es liegt an Säumel selbst, aus diesem (noch) lauen Lüftchen einen Sturm zu machen, der ihn auf den fixen Cheftrainer-Sessel befördert.