Marcel Koller verteilt einen Tag nach dem 2:1 gegen Malta Zuckerbrot und Peitsche an seine Spieler.
"Ich habe ihnen gesagt, dass man nicht einfach, wenn man in Frankreich ist, kurz vor dem Ungarn-Spiel den Knopf drücken kann und alles geht von alleine", nimmt er seine Schützlinge in die Pflicht.
Gleichzeitig spricht er ihnen das Vertrauen aus und appelliert an ihr Selbstbewusstsein: "Wir müssen nicht zweifeln! Keiner darf an sich zweifeln! Jeder hat schon gezeigt, dass er Fußball spielen kann."
"Das wäre das Schlimmste, wenn wir jetzt beginnen würden, Angst zu haben. Jeder hat es schon x-fach bewiesen", so der ÖFB-Teamchef weiter.
Koller, der Psychologe
In diesem Zusammenhang sieht sich Koller nun auch als Psychologe gefordert. Die eine oder andere Stammkraft, zum Beispiel Martin Harnik, hinkte gegen Malta ihrer Form hinterher. Dem Flügelflitzer war sein Frust auch deutlich anzusehen.
"Da gilt es mit ihm zu sprechen und ihm das Vertrauen in seine Leistung zu geben", betont Koller und nimmt sich diesbezüglich für die kommenden Tage selbst in die Pflicht:
"Für mich heißt es jetzt herauszufinden: Wer ist im Kopf ein bisschen am Studieren: 'Geht's? Geht's nicht?' Den gilt es dementsprechend zu unterstützen. Im Team sind ja auch erfahrene Spieler dabei. Ich denke schon, dass wir das hinkriegen."
Kollers Zuversicht und Gelassenheit würden auf seinem Vertrauen ins Team beruhen: "Sie haben bewiesen, das sie es können. Es geht jetzt um die Feinabstimmung, die wir in den paar Tagen, an denen wir in Frankreich trainieren können, hinbringen werden."
"Ich kenne die Mannschaft. Es ist immer ein Vorteil, wenn man viereinhalb Jahre zusammen ist. Man kennt die Spieler, man weiß, wie man sie anpacken muss."
"Die Spieler müssen in sich gehen"
Bei allem Vertrauen in seinen Kader ist der Schweizer weit davon entfernt, die Leistung gegen Malta schönzureden.
"Es war wichtig, dass wir das Spiel gewonnen haben, das war das Hauptziel. Aber wir wissen auch, dass das nicht der Superknaller war und wir uns steigern müssen", stellt Koller klar und betont: "Wir haben noch genügend Zeit. Jetzt ist aber auch der Kopf eines jeden Spielers entscheidend, dass er sich optimal vorbereitet. Wir hatten zu viele unnötige Abspielfehler. Der Aufbau war zu langsam, das muss schneller gehen."
Von David Alabas Konzentrationsfehler bei seinem kuriosen Eigentor, das sich zum Internet-Hit entwickelt hat, ganz zu schweigen.
Die Spieler seien nun gefragt, dass "sie in sich gehen und in den nächsten Einheiten und speziell beim Spiel am Samstag Gas geben."
Adaption der Stammelf?
Inhaltlich will Koller bei seiner Idee bleiben: "Wir wissen, wie wir spielen. Da wird sich auch in den Gruppen-Spielen nicht viel ändern. Ich habe immer gesagt, dass wir nicht alles auf den Kopf stellen. Wir haben uns mit 28 Punkten qualifiziert und gute Spiele gezeigt. Wir haben einen Spielstil entwickelt, der sich sehen lassen kann - auch in der Defensive von der Aggressivität her. Aber die hat gegen Malta beim einen oder anderen ein bisschen gefehlt. Das müssen wir schärfen. Da ist jeder Spieler für sich alleine zuständig, dass er das abruft und sich nicht denkt, dass er ein bisschen ruhiger zurückgehen kann, sondern sich in den Hintern kneift und diese wichtigen Meter macht. Ich habe ja auch schon gesagt: Über die Defensivarbeit wirst du die Spiele gewinnen."
So wenig sich an der Philosophie ändern wird, schließt der 55-Jährige zumindest nicht aus, dass sich im allerletzten Moment noch Änderungen an der eingespielten Stammelf ergeben könnten.
Zumindest will er Augen und Ohren offen halten: "Das ist natürlich von den nächsten Trainingseinheiten abhängig, was da abgeht und welches Gefühl wir haben. Denn schlussendlich wollen wir gut ins erste Spiel starten - und da geht es auch nicht um Treue, sondern nur darum: Wer sind aus unserer Sicht die besten Elf, die gegen Ungarn gewinnen können? Das muss das Ziel sein."
So gesehen kann auch eine durchwachsene Performance von Klagenfurt etwas Gutes an sich haben. Für den Teamchef diente sie spürbar als Weckruf und Motivationsspritze.
Peter Altmann
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