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Israel: Rückenwind für Herzog und Ruttensteiner

Österreichs Israel-Exporte im Interview über Euphorie, Rogans Inputs und Dabburs Hochzeit.

Israel: Rückenwind für Herzog und Ruttensteiner Foto: © GEPA

Während Österreich nach dem Fehlstart in der EM-Qualifikation bereits mit dem Rücken zur Wand steht, kommt in Israel die Nationalmannschaft in den Genuss von Rückenwind.

Grund für die unterschiedlichen Ausgangspositionen bei diesem Lehrgang ist naturgemäß der 4:2-Sieg Israels gegen das ÖFB-Team im März, der durch den hohen Österreicher-Anteil im Betreuerstab der Israelis eine zusätzlich brisante Komponente hatte.

Der Triumph gegen ihr Heimatland hat Sportdirektor Willi Ruttensteiner und Teamchef Andreas Herzog zusätzlichen Rückenwind verliehen, der im nun folgenden Auswärts-Doppel weiter beflügeln soll. Am Freitag steigt das richtungsweisende Match in Lettland, ehe man als krasser Außenseiter nach Polen reist.

Im LAOLA1-Interview sprechen Ruttensteiner und Herzog über die gestiegene Erwartungshaltung, Herzogs verbessertes Standing als Trainer in seiner Heimat, die Motivations-Künste von Ex-Schwimm-Star Markus Rogan und das Fernbleiben von Star-Stürmer Munas Dabbur wegen seiner Hochzeit.

LAOLA1: Wir groß ist der Rückenwind, den Israel aus dem Sieg gegen Österreich mitgenommen hat?

Willi Ruttensteiner: Es gibt sicherlich Rückenwind. Die Stimmung im Trainingslager ist sehr gut. Ich glaube auch nicht, dass ein Spieler abhebt, wobei wir natürlich daran arbeiten, Lettland zu respektieren. Wir wollen die ersten Auswärtspunkte einfahren.

Andreas Herzog: Inzwischen sind schon wieder mehr als zwei Monate vergangen. Für uns war wichtig, dass wir gut in die Qualifikation gestartet sind. Aber jetzt zählt es eben auch, uns auswärts neu zu beweisen. Jetzt steht das Spiel in Lettland an. Wir haben uns in Grassau gut darauf vorbereitet und wollen natürlich drei Punkte holen. Wir müssen wissen, dass die letzten zwei Spiele vorbei sind und wir uns alles wieder neu erarbeiten müssen.

LAOLA1: Das klingt danach, als wäre es die Aufgabe, die Euphorie ein bisschen zu bremsen?

Herzog: Klar musst du den Spielern wieder vor Augen führen, dass wir in den beiden Spielen, aus denen wir vier Punkte geholt haben, einen richtig guten Spielverlauf und auch ein Quäntchen Glück hatten. Das brauchen wir auch, weil wir Außenseiter sind in dieser Gruppe. Wir müssen wieder von Beginn an, vor allem in der Defensive, unseren Job erledigen und dann versuchen, über unsere Qualität vorne zu Toren zu kommen.

"Wenn du vier Punkte hast und aus Lettland nichts mitnimmst, hast du dir die guten Resultate aus den ersten beiden Spielen schon wieder zusammengehaut."

Andreas Herzog

LAOLA1: In Haifa bekam man den Eindruck, dass der Sieg gegen Österreich als historisch wahrgenommen wird. Wie ist dieses Spiel in der Folge besprochen worden?

Ruttensteiner: Medial ist viel diskutiert worden. Für mich selbst, und da bleibe ich bei meiner Meinung, war es ein sehr komisches Spiel, gegen den eigenen Nationalverband zu spielen. Die Freude über die drei Punkte war groß – auf der anderen Seite weiß ich, was wichtig ist: Dass man sich möglichst schnell wieder auf das nächste Spiel fokussiert.

Herzog: Natürlich will man die Euphorie mitnehmen, aber ich möchte ganz einfach, dass meine Spieler wissen, dass sie wieder hochkonzentriert sein müssen. Wenn du vier Punkte hast und aus Lettland nichts mitnimmst, hast du dir die guten Resultate aus den ersten beiden Spielen schon wieder zusammengehaut. In Lettland haben wir eine Riesen-Chance zu gewinnen, zumindest eine größere als in Polen.

LAOLA1: Lettland ist in diesem Lehrgang eindeutig euer Schlüsselspiel, oder?

Herzog: Jedes Spiel ist wichtig, keine Frage. Aber wir hatten bis jetzt auswärts Probleme, haben noch keinen Punkt geholt. Es wäre wichtig, diese Serie einmal zu beenden. Wenn du mit einem guten Spiel und einem guten Ergebnis nach Polen kommst, hast du natürlich noch mehr Rückenwind. Dann trauen wir uns auch in Polen etwas zu.

Ruttensteiner: Unser erklärtes Ziel in Lettland sind drei Punkte. In Polen sind wir krasser Außenseiter und können im Endeffekt nur gewinnen. Alles andere als eine Niederlage dort wäre eine Sensation. Aber wir würden gerne mit einem Sieg in Lettland dort spielen.

LAOLA1: Ist die Erwartungshaltung nach dem guten Start gestiegen?

Ruttensteiner: In der Öffentlichkeit ist der Druck gestiegen. Ich würde es so zusammenfassen: Himmelhochjauchzend, zu Tode betrübt. Es geht irrsinnig schnell. Man gewinnt ein Spiel und sofort ist die Qualifikation in aller Munde, und keiner berücksichtigt den langen Weg einer Qualifikation, was da alles passieren kann. Wenn wir Österreich hernehmen: Sie haben zwar zwei Spiele verloren, sind aber dennoch Favorit in der Gruppe. So sehe ich persönlich das.

"Naja, geschadet hat mir der Sieg gegen Österreich für meine persönliche Geschichte sicher nicht – das ist ganz logisch."

Andreas Herzog

LAOLA1: Man kann den Eindruck gewinnen, dass Andreas Herzog als Trainer hierzulande seit diesem Sieg viel wohlwollender diskutiert wird. Sieht man daran, was ein Spiel ändern kann?

Herzog: Das weiß ich nicht. Wie es in Österreich ist, bekomme ich gar nicht so mit, weil ich sehr viel in Tel Aviv bin. Für mich war es wichtig, dass ich in Israel die Meinung der Fans geändert habe. Denn am Beginn war die Stimmung nicht so gut, was angesichts der Vorgeschichte mit meinem Freistoß verständlich ist. Durch die letzten guten Resultate ist eine kleine Euphorie entstanden – auch mir gegenüber sind die Leute sehr freundlich und positiv. Das möchte ich so lange wie möglich fortführen. Darum brauchen wir weiter Resultate. Und wegen Österreich: Naja, geschadet hat mir der Sieg gegen Österreich für meine persönliche Geschichte sicher nicht – das ist ganz logisch.

Ruttensteiner: Das ist immer so. Das Propheten-Sprichwort gibt es ja nicht zur Gaudi. Das ist ein ganz normales Phänomen. Für mich ist es ein guter Schritt, dass Andi im Ausland beginnt und vielleicht zu einem anderen Zeitpunkt nach Österreich zurückkehrt. In Israel wird unsere bis jetzt erfolgreiche Arbeit positiv angenommen. Wir fühlen uns auch sehr wohl, weil wir merken, dass wir sehr geschätzt werden.

LAOLA1: Ihr seid im Betreuerstab bekanntlich mehrere Österreicher. Ich möchte Markus Rogan rauspicken, der beim letzten Lehrgang sein Debüt als Mentaltrainer gefeiert hat. Was hat er bewirkt?

Ruttensteiner: Sehr viel. Ich halte einfach sehr viel davon, dass Spieler auch im mentalen Bereich trainieren sollten. Seine Schwerpunkte sind, individuell mit den Spielern zu arbeiten, im Teambuilding zu arbeiten und natürlich auch mit allen Betreuern im Staff – das betrifft mich genauso, wenn ihm etwas auffällt. „Coach the Coach“ ist genauso ein Schwerpunkt. Ich finde es sehr interessant, mit ihm zu plaudern. Wir haben da auch noch mehr vor, er wird im israelischen Verband auch in der Spielerentwicklung mitarbeiten.

LAOLA1: Nach dem Österreich-Spiel hieß es, er habe die Spieler richtig gekitzelt. Was hat er da gemacht?

Herzog: Beim Aktivieren in der Früh hat er ein, zwei Minuten zur Mannschaft gesprochen, da hat er sie schon richtig am Nerv erwischt. Das hat mir imponiert, wie man auf solche Ideen kommt. Worum es speziell ging, möchte ich nicht verraten.

"Ich halte einfach sehr viel davon, dass Spieler auch im mentalen Bereich trainieren sollten. Die Schwerpunkte von Markus Rogan sind, individuell mit den Spielern zu arbeiten, im Teambuilding zu arbeiten und natürlich auch mit allen Betreuern im Staff – das betrifft mich genauso, wenn ihm etwas auffällt. Coach the Coach ist genauso ein Schwerpunkt."

Willi Ruttensteiner

Ruttensteiner: Da geht es um Performance-Psychology. Markus hat ja amerikanischen Background. Er versteht es einfach, Leute zu Höchstleistungen zu pushen. Als aktiver Sportler hat er sich selbst immer gepusht, jetzt versteht er es eben bei Nationalspielern. Es war irgendwo von Haus aus ein Draht da. Dass er Jude ist und die Kultur versteht, hilft natürlich auch sehr.

LAOLA1: Hat man da gemerkt, dass man mit Mentaltraining auch binnen weniger Tage etwas bewegen kann?

Herzog: Das Wichtigste ist trotzdem, was am Spielfeld passiert. Du brauchst ein gutes taktisches Gerüst und gute Persönlichkeiten am Spielfeld, um erfolgreich zu sein. Aber: Dass du an dich glaubst, ist ebenso ganz wichtig. Du musst vom Mentalen alles aus dir herausholen. Deshalb versuchen wir das zu optimieren. Markus macht meiner Meinung nach einen sehr, sehr guten Job. Jetzt hoffen wir, dass es auch in den Auswärtsspielen Früchte trägt.

LAOLA1: Fehlen wird bei diesen Auswärtsspielen mit dem bisherigen Salzburg-Stürmer Munas Dabbur ein Schlüsselspieler. Wie ärgerlich ist das?

Ruttensteiner: Sehr ärgerlich, weil er ein fantastischer Spieler und in unserem Spielkonzept ganz wichtig ist.

Herzog: Als ich das gehört habe, konnte ich es am Anfang nicht glauben, weil ich gedacht habe, er weiß ja ganz genau, wann wir spielen. Aber in Österreich hat es bei Roman Mählich mit Anastasios Avlonitis ja einen ganz ähnlichen Fall gegeben – und Sturm war zwar nicht erfolgreich, aber sie haben mit der Europa-League-Qualifikation zumindest ihr Ziel erreicht. Hoffentlich geht es bei uns auch halbwegs gut aus.

"Ich wünsche Munas Dabbur natürlich auch eine wunderschöne Hochzeit. Aber dass du als Trainer, der die Verantwortung trägt, nicht glücklich darüber bist, muss auch jeder verstehen."

Andreas Herzog

LAOLA1: Mählich hat gehofft, dass die Braut Ja sagt, sonst wäre es umsonst gewesen.

Herzog: Das war ein guter Spruch von ihm! Aber wir wollen nicht zu viel Wirbel daraus machen, obwohl ich logischerweise schon enttäuscht bin. Ich wünsche ihm natürlich auch eine wunderschöne Hochzeit. Aber dass du als Trainer, der die Verantwortung trägt, nicht glücklich darüber bist, muss auch jeder verstehen. Jetzt sind andere Offensivspieler da, mit denen ich im Training sehr zufrieden bin. Wenn Munas nicht da ist, ist er nicht da – ich behandle das so, als ob er verletzt wäre. Jetzt zählen nur die zwei Matches, aber in Zukunft muss man natürlich schon noch einmal darüber sprechen.

Ruttensteiner: Wir haben uns bereits in Mondsee getroffen und ein ausführliches Gespräch darüber geführt. Ich habe ihm auch klar gesagt, dass wir das so nicht akzeptieren können und werden. Aber wie gesagt: Es ist besser, sich jetzt auf die Spiele zu konzentrieren und nach den Länderspielen über Konsequenzen zu reden.

LAOLA1: Wie intensiv verfolgt ihr, wie es Österreich gegen Slowenien ergeht?

Ruttensteiner: Mich interessiert immer, wie die österreichische Nationalmannschaft spielt. Aktuell bekomme ich aus Klagenfurt nichts mit, aber wir werden das Spiel genau wie Nordmazedonien gegen Polen beobachten lassen. Das ist ein ganz normaler Prozess.

Herzog: Ich schaue immer auf die anderen Gruppen-Spiele – und wenn Österreich bei uns in der Gruppe ist, schaue ich natürlich noch ein bisschen genauer hin. Es ist so wie bei meiner Karriere: Jene Mannschaften, für die ich gespielt habe, verfolge ich am Wochenende auch immer genauer. Selbst wenn wir Österreich nicht in der Gruppe hätten, habe ich immer ein Auge auf Österreich – und jetzt noch genauer, weil wir Gruppen-Gegner sind.

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