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De Boer: "Österreich ist eine gute Fußball-Nation"

Niederlande-Trainer De Boer warnt vor dem ÖFB-Team und stapelt vor EURO tief.

De Boer: Foto: © getty

Die Europameisterschaft im Sommer wirft ihren Schatten bereits voraus. Die Trainerstäbe der teilnehmenden Nationen stecken mitten in der Vorbereitung auf das aus dem Vorjahr verschobene paneuropäische Turnier.

So auch Frank de Boer, der Nationaltrainer der Niederlande. Die "Elftal" trifft beim Großereignis in Gruppe C auf Österreich, die Ukraine und Nordmazedonien.

Die ÖFB-Elf sei jedenfalls ein ernstzunehmender Gegner, so der 50-Jährige am Montag bei einem virtuellen Medientermin. "Das ist ein Gegner, gegen den man sehr konzentriert sein muss, um ein gutes Resultat zu erreichen", so de Boer, der das Kollektiv der ÖFB-Elf herausstreicht.

"Sie wissen, dass sie es als Team lösen müssen. Es gibt manche Mannschaften, die es über die Einzelspieler versuchen, aber Österreich ist ein Team, das als Kollektiv agieren wird. Sie wissen, wenn sie zusammenarbeiten, können sie gute Ergebnisse einfahren."

"Österreich ist eine gute Fußball-Nation"

Obwohl die letzten Ergebnisse, darunter ein 2:2-Remis gegen Schottland und eine 0:4-Heimklatsche gegen Dänemark in der WM-Qualifikation, nicht unbedingt für das Team von Franco Foda sprechen, sieht de Boer eine "solide Mannschaft".

"Österreich ist eine gute Fußball-Nation. Ich glaube, dass fast alle Spieler in sehr starken Ligen wie der Bundesliga spielen. Sie haben viele gute Spieler, Alaba ist vielleicht der berühmteste."

Auch der Ukraine zollt de Boer Respekt, der sich mit dem ersten Gegner der Niederlande bei der Europameisterschaft schon intensiv auseinandergesetzt hat.

"Wir haben letzte Woche die Ukraine analysiert, wissen wie sie spielen und wo ihre Schwächen liegen. Wir haben schon viele Informationen über sie. Es ist ein sehr gutes Team mit vielen guten Spielern wie Malinovskyi, Zinchenko, Yarmolenko", so de Boer, der vor allem die Ergebnisse der Ukraine gegen größeren Nummern des europäischen Fußballs herausstreicht.

"Wir haben uns auch das Spiel gegen Spanien angesehen, das sie 1:0 gewonnen haben. Die Ukraine ist eine sehr gute Mannschaft, die das vor allem in den großen Spielen bewiesen hat. Man darf sie nicht unterschätzen. Wir haben viel Respekt vor ihnen."

Aufstieg ist Pflicht

Österreich und die Ukraine seien jedenfalls die härtesten Brocken in Gruppe C, so de Boer. "Es ist keine leichte Gruppe für uns. Österreich und die Ukraine sind sehr solide Mannschaften, die gezeigt haben, dass sie jede große Nation schlagen können."

Auch Nordmazedonien, das erstmals an einen Großereignis teilnehmen wird und den Pool komplettiert, unterschätzt der "Elftal"-Coach keineswegs. "Nordmazedonien ist vielleicht kein Favorit in unserer Gruppe, aber ein Außenseiter, der überraschen kann", meint der ehemalige Barcelona-Kicker, der von einer "guten Gruppe" spricht.

Dennoch müssen die Niederlande aus der Gruppe als Achtelfinalist hervorgehen, betont de Boer, der gleichzeitig festhält, dass seine Mannschaft dafür aber 100 Prozent geben muss.

De Boer gibt Favoriten-Rolle ab

Zum Mit-Favoriten auf den EM-Titel will er seine Mannschaft aber nicht erklären, da gäbe es andere Mannschaften, die in der ersten Reihe stünden.

"Ich denke, dass wir nicht die Favoriten sind. Da gibt es andere Nationen wie Frankreich, Belgien oder Spanien. Deutschland ist auch immer stark. Ich denke aber, dass wir knapp an ihnen dran sind. Portugal, Italien und England sind auch vorne dabei", analysiert der ehemalige Verteidiger, der sich trotzdem kämpferisch gibt.

"Wir sind keine Favoriten, aber in guter Verfassung. Ich denke, wir können jeden schlagen, aber da muss alles zusammenkommen. Wir streben nach dem Höchsten, das wäre der Titel, aber das wird nicht einfach werden."

Heimvorteil in Amsterdam

Der Heimvorteil könnte seiner Mannschaft jedenfalls in die Karten spielen. Die Niederlande werden alle ihre Gruppenspiele in der Johan-Cruyff-Arena in Amsterdam austragen.

"Es ist natürlich ein Vorteil, auf eigenem Boden zu spielen, in einem Stadion, das man kennt. Hoffentlich werden Fans erlaubt sein, das wäre fantastisch", sagt der niederländische Nationaltrainer.

"Sie sagen, dass es 20.000 oder 12.000 Zuschauer sein könnten, das ist ein Anfang. Wenn es dein Heimpublikum ist, ist es ein Vorteil, das weiß man. Hoffentlich kann uns das auf ein höheres Level heben", so de Boer, der schon erste Rechenbeispiele auskramt.

"Normalerweise sagt man, dass man die Heimspiele gewinnen will, dann hätten wir neun Punkte und würden als Gruppenerster aufsteigen. Wir müssen trotzdem unsere Kilometer abspulen und in jedem Spiel 100 Prozent geben. Ich weiß, dass unsere Gegner das tun werden und uns das Leben schwer machen wollen."

Euphorie trotz schwieriger Vergangenheit

Die "Elftal" bei der Europameisterschaft als Teamchef anzuführen, sei eine "große Ehre". "Ich werde 100 Prozent geben, was hoffentlich zu einem guten Ergebnis führen wird", verspricht, der Teamchef, der um die Begeisterungsfähigkeit seiner Landsleute weiß.

"Wer die Niederländer ein wenig kennt, weiß, dass sie immer erwarten, Champions zu sein. Wenn man wie wir zwei schlechte Nationalmannschaftszyklen hat, und gar nicht bei einem Turnier dabei ist, aber im Anschluss zwei, drei Mal gut spielt, machen sie dich wieder zum Favoriten".

Dennoch denkt der "Oranje"-Coach, dass seine Truppe im Vergleich zu den vergangenen Jahren einen Schritt nach vorne gemacht hat. "Wir haben einige Spieler, die damals ziemlich jung waren und nun mehr Erfahrung haben wie Matthijs de Ligt und Frenkie de Jong. Normaleweise natürlich auch Virgil van Dijk. Wir haben eine gute Mischung aus Jungen und Erfahrung in unserer Mannschaft. Hoffentlich können wir einen guten Eindruck beim Turnier hinterlassen."

Bei van Dijk läuft Zeit davon

Aprops van Dijk: Die Abwesenheit des Liverpool-Abwehrchefs hinterlässt in der Innenverteidigung der "Elftal" ein großes Loch. Für ein Comeback des Hünen nach einem im Oktober erlittenen Kreuzbandriss läuft wohl die Zeit davon.

"Ich bin zwar nicht wöchentlich mit ihm in Kontakt, aber ich habe in der vergangenen Woche mit ihm gesprochen. Noch gibt es kein definitives Nein zu einer Teilnahme, aber es ist seine Entscheidung", berichtet de Boer, der den 29-Jährigen aber keineswegs unter Druck setzen will.

"Wir wissen, wie wichtig er für uns sein kann. Aber ich verstehe vollkommen, dass er nicht voreilig zurückkommen will. Dann konzentrieren wir uns auf das nächste Jahr, denn in eineinhalb Jahren spielen wir hoffentlich bei der Weltmeisterschaft mit. Ich kann verstehen, dass er über vieles nachdenken muss. Hoffentlich wird er für die EURO bereit sein, aber wir müssen noch warten. Ich übe keinen Druck auf ihn aus", sagt der Ex-Profi, der in der nächsten Zeit nach einem persönlichen Gespräch mit van Dijk zu einer Entscheidung kommen möchte.

Verschiebung nicht entscheidend

Hätte die EURO zum ursprünglichen Zeitpunkt stattgefunden, hätte Angreifer Memphis Depay an dieser womöglich nicht teilnehmen können. Der Stürmer erlitt im Dezember 2019 wie van Dijk einen Kreuzbandriss, ein Einsatz bei der EM im Jahr 2020 wäre vielleicht zu früh gekommen. Nun ist der Lyon-Angreifer topfit und bereit, sich beim Großereignis zu präsentieren, immerhin läuft sein Vertrag bei "Les Gones" im Sommer aus.

"Manchmal ist es ein Vorteil, manchmal nicht. Vor allem im Bezug auf Verletzungen", sagt de Boer zu Auswirkungen der EM-Verschiebung.

"Für ihn war es ganz ok, jetzt ein Jahr später ist er zu hundert Prozent fit. Man weiß nie, wie ein Spieler nach einer schweren Verletzung reagiert. Andererseits bereiten sich alle auf das Turnier vor. Ich selber war 1998 das ganze Jahr auf die WM fokussiert. Ich glaube, dass viele unserer Spieler sich bei diesem Turnier präsentieren wollten, und plötzlich muss man die Konzentration und die Energie für ein Jahr auf die Seite legen. Das ist manchmal schwierig."

Dass die Verschiebung in den Sommer 2021 zum damaligen Zeitpunkt alternativlos war, weiß aber auch der Niederlande-Coach. "Jeder weiß aber, wie wichtig es für die ganze Welt war, das Turnier im vergangen Jahr abzusagen. Hoffentlich sehen wir im Juni eine großartige EM".

Nationaltrainer "entspannterer" Job

Diese "großartige EM" ist de Boers erstes Großereignis als Cheftrainer der Niederlande. Der 50-Jährige hat seinen Posten im September 2020 übernommen, nachdem Ex-Bondscoach Ronald Koeman beim FC Barcelona unterschrieben hatte.

Die Arbeit eines Nationaltrainers sei mit der eines Klub-Trainers jedenfalls nicht zu vergleichen. "Es ist ein komplett anderer Job, das steht fest. Natürlich ist die Arbeit auf dem Platz mit den Jungs dieselbe. Die Vorbereitung ist aber anders. Als Klub-Trainer arbeitet man das ganze Jahr, jeden Tag, 24 Stunden am Tag mit seinen Spielern. Jetzt sehe ich die Jungs mehrere Monate nicht. Man muss es anders angehen, auch mental ist es anders", sagt der Teamchef.

"Ich muss zugeben, dass es entspannter ist als Klub-Trainer zu sein. Auf diese Art ist es fein, aber wenn du dann diese zehn oder zwölf Tage beisammen bist, ist es sehr intensiv. Man muss alles in diese zwei Wochen hineinlegen. Das ist intensiv und manchmal schwierig, weil du viele Informationen vermitteln willst. Das Risiko ist, dass man in diesen zwölf Tagen zu viel machen will. Es ist eine Balance, was man von den Spielern verlangt und wie viel Informationen man vermittelt", bilanziert de Boer, der den Fokus auf die zwischenmenschlichen Beziehungen innerhalb der Mannschaft legt.

"Man muss eine gute Beziehung zu seinem Team haben, das Ambiente muss wirklich gut sein. Jeder Spieler, der im Kader ist, hat großartige Qualitäten. Man kann ihnen das Fußballspielen nicht beibringen, das können sie schon. Es ist wichtig, eine gute Atmosphäre zu erschaffen", meint der 112-fache Nationalspieler der Niederlande, der diese Erfahrung bereits als Spieler gemacht haben will.

Ob all das so funktioniert, wie gewünscht, wird die Europameisterschaft zeigen. Die Niederlande haben vier von acht Spielen unter de Boer gewonnen, gegen die Türkei gab es zum Auftakt in die WM-Qualifikation die einzige Niederlage.

Bevor die "Elftal" am 17. Juni in Amsterdam auf Österreich trifft, wartet die Ukraine am selben Ort vier Tage zuvor. Sowohl für die Niederlande als auch das ÖFB-Team kann sich an diesem zweiten Spieltag schon viel entscheiden.

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