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Die Verklärung des 6:1 im März

LAOLA1-Chefredakteur Harald Prantl ist erstaunt, wie der Sieg gegen die Türkei im Nachhinein wahrgenommen wird. Der 18. Teil seines EURO-Tagebuchs:

Die Verklärung des 6:1 im März

Drei Monate sind im Fußball eine lange Zeit, da kann man Details schon mal vergessen.

Umso wichtiger ist, sie nachzuschlagen und sich ihrer zu erinnern, wenn es darauf ankommt.

Und weil ich in den vergangenen Tagen erstaunt feststellen musste, wie sehr der 6:1-Sieg im Testspiel gegen die Türkei im Nachhinein von Fans und teilweise auch Medien als glorreich verklärt wird, will ich der Erinnerung einiger auf die Sprünge helfen.

Das Spiel startete mit dem 1:0 von Xaver Schlager in der zweiten Minute, dem Tor ging eine Balleroberung von Romano Schmid voraus, die gut und gerne als Foul geahndet hätte werden können.

Nach dem 1:0 waren die Türken das klar bessere Team, entzogen sich dem ÖFB-Pressing, kombinierten durchs Mittelfeld und wurden immer wieder gefährlich. Österreich hatte zwischen der 20. und 45. Minute teils arge Probleme.

Das 2:1 durch Michael Gregoritsch unmittelbar vor der Pause fiel aus einem Schuss von knapp außerhalb des Strafraums, den Goalie Cakir wohl in 7 von 10 Fällen parieren kann. Auch beim 3:1 von Gregoritsch per Kopf sah er nicht sonderlich gut aus. Cakir steht bei der EURO 2024 übrigens nicht im Tor der Türken.

Und dann war da noch die 74. Minute, als Baris Alper Yilmaz das vermeintliche 4:2 erzielte, das Tor aber nicht gegeben wurde, weil der VAR in der Szene davor ein Elferfoul von Cenk Özkacar an Stefan Posch erkannt hatte. Das war ein klassisches "Kann man, muss man aber nicht geben"-Foul.

Fraglos brachte das ÖFB-Team in der zweiten Hälfte eine richtig starke Leistung. Fraglos war Österreich aber bei allen potenziellen Kipppunkten des Spiels das glücklichere Team. Die Partie hätte genauso 4:3 ausgehen und im Nachhinein als rassiges Spiel auf Augenhöhe rezipiert werden können.

So schätzten es dann auch die ÖFB-Kicker nach dem Schlusspfiff ein. Xaver Schlager sagte: "Man muss genau aufpassen. Das Resultat ist sehr, sehr hoch, es spiegelt nicht das Spiel wider." Gregoritsch: "Der Spielverlauf war natürlich sehr günstig für uns. Wir wissen schon, dass wir das nötige Spielglück hatten."

Diese Zeilen sollen die Euphorie vor dem Achtelfinale keineswegs bremsen, vielmehr eine realistische Einschätzung der Kräfteverhältnisse im letzten Duell liefern.



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