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Schland schauen

LAOLA1-Chefredakteur Harald Prantl hat richtig Lust aufs Public Viewing und geht trotzdem hin. Der 8. Teil seines EURO-Tagebuchs:

Schland schauen

"Gehen wir zum Public Viewing am Brandenburger Tor und machen dort ein paar Interviews für TikTok?", fragt Fabian Flügel aus unserer Social-Media-Abteilung am Nachmittag.

Nieselregen, Gedränge und der Ausblick auf Tausende betrunkene, feiernde Deutsche. Mir fallen spontan nur 374 Dinge ein, die ich heute Abend lieber täte – etwa meine Schmutzwäsche fein säuberlich zusammenlegen, meine Arbeitszeitaufzeichnungen nachtragen oder nochmal alle Schlager durchhören, die ich in Düsseldorf kennengelernt habe.

Also ja, natürlich komme ich gerne mit. Immerhin, die absurd hohen Temperaturen im bummvollen Bus trocknen meine Hose schnell. Drei Kontrolleure lassen sich nicht davon abhalten, ihre Arbeit zu tun, bewegen sich so stark auf engstem Raum, dass Ralf Rangnick seine Freude hätte.

Am Brandenburger Tor dann Polizeisirenen und rund 50 eingekesselte Albaner, die Vorfreude steigt ins Unermessliche, als auch noch die Lautsprecher-Durchsage kommt, dass der Eingang wegen Überfüllung geschlossen wird. Aber die Presseakkreditierung regelt.

Drinnen angekommen muss ich meine Meinung revidieren, der verlegte Kunstrasen macht was her, das Gedränge hält sich in Grenzen, es kommt die Sonne raus. Und die deutschen Fans stellen sich praktisch um Interviews bei uns an, lustige Antworten, Singen auf Kommando, alle sehr nett, ein Selbstläufer.

Dass uns keiner der befragten Menschen, außer einem Norweger und ein paar Schotten, beantworten kann, wer österreichischer Teamchef ist, sagt viel über die Fachkenntnis der Besucher aus.

Die Stimmung lässt zunächst sehr zu wünschen übrig. Die Hymne wird mit ähnlichem Enthusiasmus gesungen wie ich bei den Familienfeiern vor dem Weihnachtsbaum performe. Nachdem das erste Bier dann wirkt und das erste Tor fällt, wird es lauter, das hat dann fast ein wenig von Party.

Ich komme wieder, am Samstag zu Türkei-Portugal. Vielleicht.


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