Die noch junge EM hat ihre erste große Überraschung erlebt. Die Slowakei feiert einen 1:0-Sieg über Belgien. Dabei haben die Belgier Pech, dass ihre beiden erzielten Treffer per Videobeweis aberkannt werden.
Mitverantwortlich dafür ist eine neue Technik des VAR, die bei dieser EM erstmals zum Einsatz kommt.
Bei der Überprüfung des Treffers von Lukaku in Minute 86 war auf dem Bildschirm erstmals eine Abbildung zu sehen, die der Darstellung eines Herzschlags ähnelt. Damit lässt sich bestimmen, ob der Spieler den Ball tatsächlich berührt hat. Der Schiedsrichter erklärte das Tor von Lukaku, nach dem Handspiel von Assistgeber Lois Openda für ungültig.
Gräfe zeigt Verständnis, Lineker flucht
Das Experten-Lager, das Spiel wurde sowohl im ZDF als auch bei MagentaTV gezeigt, spaltete sich zügig. Während Manuel Gräfe die Entscheidung seines ehemaligen Schiedsrichter-Kollegen Umut Meler nachvollziehen konnte, gerade weil dieser sich die Bilder wiederholte Male genauer anschaute, gingen Christoph Kramer und Michael Ballack in die andere Richtung.
"Man kann einwandfrei erkennen, Openda hat den Ball wirklich berührt. Da kommen wir in den Grenzbereich. Ich finde schon, dass die Hand sehr weit herausgeht, aber natürlich ist es nicht wirklich Absicht. Bitter für die Belgier, aber für mich eine vertretbare Entscheidung", bekräftigte Gräfe den türkischen Unparteiischen in seiner Entscheidung.
Anders sahen es hingegen die Ex-Nationalspieler Kramer und Ballack. Kramer sprach zunächst von "Hammer-Hammer-unglücklich", während Ballack klarstellte: "Es ist für mich kein strafbares Handspiel." Beide TV-Experten machten abschließend klar, dass sie das Lukaku-Tor gegeben und damit folglich das 1:1 bestehen gelassen hätten.
Für den ehemaligen englischen Nationalspieler Gary Lineker war dies der Anlass, seinen Emotionen auf der Social-Media-Plattform "X", ehemals Twitter, freien Lauf zu lassen. "Was eine bullshitige Entscheidung", schrieb der 63-Jährige in einem kurzen Tweet.
Belgiens Teamchef Domenico Tedesco sucht die Schuld aber ohnehin nicht bei der Technik, sondern bei seiner Mannschaft: "Ich will ein guter Verlierer sein. Wir vertrauen dem VAR und dem Schiedsrichter. Wenn sie Hand pfeifen, ist es Hand. Das müssen wir akzeptieren."
Tedesco bemängelt Chancenverwertung
Sein Team macht er keine großen Vorwürfe, außer: "Es gibt nicht viel, was ich an der Mannschaft kritisieren kann. Das Einzige, was wir nicht gut gemacht haben, war das Verwerten der Chancen. Wir haben viele Chancen heraus gespielt, und wenn wir ein Tor geschossen hätten, wäre es ein leichteres Spiel gewesen."
"Das gehört dazu. Natürlich sind die Spieler enttäuscht", bilanziert Tedesco.
Bei den Slowaken ist hingegen Jubelstimmung angesagt: Teamchef Francesco Calzona frohlockt: "Wir haben einen großen Gegner geschlagen. Ich habe den Burschen gesagt, dass wir die Mentalität haben müssen, dass wir mit den Besten mithalten können. Es ist ein großer Sieg, aber wir müssen weiter arbeiten."
Goldtorschütze Ivan Schranz sagt: "Wir haben eine hervorragende und disziplinierte Leistung gezeigt. Es ist ein verdienter Sieg gegen einen Top-Gegner, und das wissen wir zu schätzen. Es ist eines der großen Tore im Leben, aber der Sieg ist noch schöner."