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Southgate über Finaleinzug: "Macht mich wahnsinnig stolz"

England steht nach einem späten 2:1-Sieg über die Niederlande im EM-Finale. Gegen Spanien will man nun den Titel holen, hat aber eine kürzere Pause zu beklagen.

Southgate über Finaleinzug: Foto: © getty

Für England könnten am Sonntag (ab 21 Uhr im Liveticker) 58 Jahre des sehnsüchtigen Wartens enden.

Nach dem 2:1 im Semifinale über die Niederlande winkt im Endspiel im Berliner Olympiastadion gegen Spanien der erste Titelgewinn seit der Heim-WM 1966. Die Devise für das Endspiel gab Teamchef Gareth Southgate nach dem Erfolg am Mittwoch in Dortmund aus: "One more! One more!", rief der Trainer den rund 20.000 jubelnden Fans zu.

Noch ein Sieg. Zuvor hatte Southgate seine ganze Freude herausgebrüllt und spontan ein Tänzchen auf dem Rasen aufgeführt. Die Fans sangen schon beschwingt den Turnierklassiker "Three Lions" mit der konkreten Aussicht, dass der Dauer-Slogan "It's coming home" endlich wahr wird und die Leidenszeit endet.

Schon der vorletzte Schritt war für England ein Stück weit historisch. Beobachtet von Pop-Stars wie Ed Sheeran und Adele, erreichten die "Three Lions" erstmals in ihrer Geschichte ein großes Endspiel, das nicht auf der britischen Insel stattfindet. "Das geschafft zu haben, macht mich wahnsinnig stolz", sagte Southgate, der binnen weniger Momente vom Buhmann zum Helden wurde.

Watkins der gefeierte Held

(Text wird unter dem Video fortgesetzt)

Beim Krimi im Halbfinale wechselte er mit Ollie Watkins den späteren Siegestorschützen ein. Harry Kane, der dafür weichen musste, sagte: "Es war eine verdammt harte Reise. Wir hatten unsere Momente in diesem Turnier. Wenn wir die am Sonntag noch einmal haben, sind wir am Ziel und Champions."

Nicht die spielerische Klasse, sondern etwas Glück, ein Geniestreich von Jude Bellingham und viel Moral haben England ins Endspiel geführt. "Qualität ist die eine Sache, aber die anderen Attribute wie Charakter oder Mentalität kannst du im Training nicht lernen. Du bekommst sie aus Erfahrungen", sagte Bellingham. Dabei war jedes K.-o.-Spiel auf seine Weise dramatisch, England holte dreimal in Serie einen 0:1-Rückstand auf. So etwas gab es bei Europameisterschaften zuvor noch nie.

Der britische König gratuliert - mit einem Aber

Die ständigen Comebacks und drei mitreißende Duelle brachten auch den britischen König in Wallung. Charles III. gratulierte zwar unmittelbar zum Berlin-Ticket, knüpfte aber auch eine Bitte an seinen Glückwunsch. "Wenn ich euch ermutigen dürfte, den Sieg zu sichern, bevor Wundertore in letzter Minute oder ein weiteres Elfmeterdrama nötig würden", sagte der König einer Mitteilung des Palastes zufolge. Dann würde "die Belastung für den kollektiven Puls und Blutdruck der Nation erheblich gemildert".

Der neue Premierminister Keir Starmer wird die Reise in die deutsche Hauptstadt antreten und am Sonntag live dabei sein. Bei seinem Antrittsbesuch im Weißen Haus scherzte er schon mit US-Präsident Joe Biden über den Erfolg der Three Lions. "Das liegt alles am neuen Premierminister", sagte Biden. Starmer von der Labour-Partei hatte den Posten in der vergangenen Woche von seinem Vorgänger Rishi Sunak übernommen.

Neben Matchwinner Watkins ("Das beste Gefühl aller Zeiten") und Vorbereiter Cole Palmer wurde vor allem Southgate zu einem der englischen Gewinner dieses denkwürdigen Abends. Denn: Der 53-Jährige hatte die beiden Joker eingewechselt und war damit ins Risiko gegangen, weil er Kapitän Kane erneut vorzeitig herausnahm. Auch seine Systemumstellung zahlte sich aus, weil Phil Foden in die Mitte rücken und sich so freier entfalten konnte.

"Noch nicht das Ende"

Nach Wochen der Kritik und Schmähungen sowie Becherwürfen von den eigenen Fans fühlte Southgate etwas Genugtuung. "Das ist noch nicht das Ende", sagte er. Die Fans sehen zwar noch immer keine dauerhaften spielerischen Glanzleistungen von Southgates Team, erleben beim rasanten Auf und Ab aber zumindest die komplette Bandbreite der Emotionen.

Und der konservative und vorsichtige Coach, der das Milliardenensemble partout nicht frei loslassen will? Ist offenbar ein Thema von gestern. Der "Guardian" nennt Southgate einen "Technokraten, der sich in einen rücksichtslosen Abenteurer verwandelt hat". Das Abenteuer soll nach knapp acht Jahren Amtszeit und höchst respektablen Bilanzen bei den großen Turnieren mit einem Silberpokal enden.

Die Erfahrung des verlorenen EM-Finals von 2021 gegen Italien will Southgate beim zweiten Anlauf bestmöglich nutzen. Southgate wurde nach der Endspiel-Niederlage gegen Italien vorgehalten, er habe vor dem Elfmeterschießen die falschen Spieler eingewechselt.

"Wir sind jetzt ruhiger in den K.-o.-Spielen und sind viel besser vorbereitet. Aus jeder Erfahrung lernst du. Wenn ich 2021 im Finale nicht alles richtig gemacht haben sollte, entschuldige ich mich hiermit. Ich versuche, es diesmal besser zu machen", kündigte der Trainer an. Der Gegner scheint diesmal noch etwas übermächtiger als damals. Zudem fehlt der Heimvorteil, den man damals in Wembley genoss.

Southgate beklagt kürzere Pause

Außerdem sei die Tatsache, dass Spanien einen Tag länger Pause hat, eine "Sorge" für ihn, sagte Southgate. "Wir spielen gegen das beste Team des Turniers und wir haben einen Tag weniger zur Vorbereitung. Aber wir sind immer noch hier und wir kämpfen", meinte der Coach.

"Das war ein Problem für die vergangenen Finalisten. Wir tun das Beste, damit die Spieler sich erholen, doch es ist nicht einfach. Aber: Wir sind dabei. Wir haben eine genauso gute Chance wie sie." Bei der EM 2016 (Portugal) und der EM 2021 (Italien) hatten sich im Finale jeweils die Teams durchgesetzt, die das erste Halbfinale bestritten und mehr Pause hatten.

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