Von den verbliebenen Teams bei der EM ist wohl England jenes, von dem in Deutschland fußballerisch noch am wenigsten zu sehen war.
Die "Three Lions" könnten im Viertelfinale am Samstag (18.00 Uhr/live ORF 1 und im Ticker >>>) in Düsseldorf gegen Geheimfavorit Schweiz mit einem neuen System und einer veränderten Elf auflaufen. Über alle Zweifel erhaben sind die Topstars Jude Bellingham und Harry Kane.
"Ein Schwergewicht mit Sand im Getriebe", betitelte die Schweizer Nachrichtenagentur Keystone-SDA ihr Gegner-Porträt der englischen Mannschaft. Auf dem Papier handle es sich um einen der härtesten Brocken mit "ungemein hoher individueller Offensivklasse", der "seine PS bislang aber primär dafür eingesetzt hat, keine Gegentore zu erhalten und Niederlagen zu verhindern".
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Guter Punkteschnitt von Southgate
Im Achtelfinale gegen die Slowakei rettete England ein Fallrückzieher von Real-Madrid-Star Bellingham in der 95. Minute in die Verlängerung, dort traf nach einer Minute mit Kapitän Kane der andere Superstar.
Dabei wollte Gareth Southgate die beiden bereits nach 75 Minuten auswechseln, entschied sich dann aber dagegen. "Man weiß, dass sie in der Lage sind, das zu tun, was sie getan haben", berichtete er im Nachgang der Partie.
Southgate ist seit fast acht Jahren Englands Nationaltrainer. Praktisch von Anfang an stand der 53-Jährige, der als Spieler selbst 57-mal für die "Three Lions" aufgelaufen war, wegen der defensiven und vorsichtigen Spielweise in der Kritik.
Sein größter Erfolg war zweifelsohne der Vorstoß ins EM-Finale 2021 in London, wo England im Elfmeterschießen an Italien scheiterte. Und mit 2,07 Punkten pro Spiel kann von allen bisherigen England-Teamchefs einzig Fabio Capello (2,19 zwischen 2007 und 2012) einen besseren Punkteschnitt vorweisen als Southgate.
Southgate wird wohl reagieren
Der Nationaltrainer war im Turnierverlauf stets dafür bekannt, auf sein Stammpersonal zu vertrauen. Selbiges galt auch bezüglich des Systems. Für das Duell mit der Schweiz soll Southgate aber Überraschungen planen. Wie englische Medien berichten, dürfte der 53-Jährige von seiner eigentlichen Formation mit Viererkette abweichen und erstmals seit September 2022 auf eine Dreierkette umstellen.
Neben Kyle Walker und John Stones wird die Abwehrreihe dann wohl von Ezri Konsa anstelle des gesperrten Marc Guéhi komplettiert. Der am Knie angeschlagene Stones gab für Samstag grünes Licht.
Unklarheit ergebe sich im Falle der Umstellung auf den Außenpositionen. Am ehesten infrage kommen Bukayo Saka, Trent Alexander-Arnold und der zuletzt leicht lädierte Kieran Trippier. Auch ein Einsatz von Luke Shaw ist nicht ausgeschlossen. Offensiv setzt Southgate neben Bellingham und Kane wohl erneut auf Phil Foden.
Ein triftiger Grund für die Umstellung dürfte in der systematischen Ausrichtung der Schweizer liegen. Gegen die Dreierkette von Dänemark offenbarte England Probleme. Und auch die Schweiz agiert mit einer Dreierabwehr, stellte damit jüngst Titelverteidiger Italien mit seiner Viererkette vor große Schwierigkeiten.
"Als ich sah, dass sie mit einer Viererkette spielen, wusste ich: Die machen wir kaputt", erklärte Nationaltrainer Murat Yakin.
Mit Döner als Stärkung und 100 Prozent auf dem Feld
Die Schweiz gewann ihr Achtelfinale gegen die "Squadra Azzurra" völlig verdient mit 2:0. "Ich bin sehr stolz auf das Team. Was wir erreicht haben, ist etwas ganz Besonderes. Nicht wegen des Ergebnisses, sondern wegen der Art und Weise, wie wir es erreicht haben", erklärte Kapitän Granit Xhaka, der bisher ein starkes Turnier spielt.
Nach dem Erfolg belohnte sich die Mannschaft übrigens mit einem Döner Kebab. "Viele Spieler haben sich sogar einen zweiten gegönnt", sagte Xhaka. Der Kapitän laborierte zuletzt an Adduktorenproblemen, wird aber einsatzbereit sein. "Er ist fit. Ich zähle 100-prozentig auf ihn", sagte Yakin.
Die Schweiz will bei dem Turnier in Deutschland erstmals in ein EM-Halbfinale einziehen. "Ich würde uns nicht zu den Favoriten zählen. Aber unsere Reise ist sicher noch nicht zu Ende. Und ich kann versprechen, dass wir alles geben werden, um so weit wie möglich zu kommen", sagte Xhaka.
Die Head-to-Head-Bilanz ergibt klar die Favoritenrolle für England. Von 27 Duellen gewann England 18, die Schweiz nur drei, zuletzt im Jahr 1981.