Nach Toren bei EM-Turnieren steht es 14:1 für Cristiano Ronaldo.
Nach Champions-League-Siegen 5:0, nach geschätztem Jahresgehalt 200 Millionen zu 15 Millionen Euro und nach Anhängern bei Instagram sogar 633 Millionen zu 119 Millionen.
Keine Frage: Wenn am Freitag in Hamburg das Fußball-EM-Viertelfinale zwischen Portugal und Frankreich stattfindet, gibt es kaum eine messbare Kategorie, in der Frankreichs Stürmerstar Kylian Mbappé schon mit seinem Kindheitsidol mithalten kann.
Mendes: "Sie sind beide unglaublich"
Trotzdem lässt sich kein anderes Spiel dieser Endrunde so auf das Duell zweier Superstars reduzieren wie dieses.
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"Ich habe mit beiden die Umkleidekabine geteilt", sagte Portugals Linksverteidiger Nuno Mendes vom ehemaligen Mbappé-Klub Paris St. Germain im EM-Quartier seines Teams.
"Sie sind beide unglaublich und können von einem Moment auf den anderen den Unterschied ausmachen."
Letzter Tanz des Königs? - Mbappe bereit für den Thronwechsel
Für den EM-Rekordspieler und -Rekordtorschützen Ronaldo könnte es sogar das letzte EM-Spiel seiner Karriere werden. Beim nächsten Turnier 2028 will der 39-Jährige definitiv nicht mehr dabei sein. Der König des europäischen Fußballs wird bald abdanken. Und dass Mbappé so etwas wie sein Kronprinz ist, unterstreicht allein der Wechsel zum langjährigen Ronaldo-Klub Real Madrid in diesem Sommer.
Geschätzte 150 Millionen Euro Handgeld zahlen die "Königlichen" dem 25-Jährigen für seine Unterschrift. Für den 16. Juli bereitet Real nach Informationen der spanischen Sportzeitung "As" (Donnerstag) den "Día M" (Tag M) vor, an dem Mbappé vor 80.000 Fans mit einer großen Show in Madrid präsentiert werden soll. Solche Zahlen und Inszenierungen zeigen, dass es auf den Sport allein längst nicht mehr ankommt im modernen Fußball.
Mannschaft von Deschamps bislang nicht überzeugend
Die Franzosen haben bei diesem Turnier bisher nicht viel mehr zu bieten als zwei gegnerische Eigentore und einen verwandelten Elfmeter von Mbappé. Der kämpft noch immer mit den Folgen eines im Spiel gegen Österreich erlittenen Nasenbeinbruchs und vor allem auch der das periphere Sehen beeinträchtigenden Schutzmaske.
"Es erklärt nicht alles, aber der Schock, den er erlitten hat, war sehr traumatisch", sagte Frankreichs Co-Trainer Guy Stéphan. Zuvor hatten den Angreifer nach einer anstrengenden Saison außerdem Rückenprobleme geplagt.
Die Kapitäne im Fokus
"Er ist ein Spieler von Top-Niveau. Kylian ist Kylian, ich muss jetzt nicht die ganzen Tore aufzählen, die er schon erzielt hat. Es gibt aber auch Momente, in denen solche Spieler etwas weniger gut sind", verlautete der 67-jährige Stéphan. Mbappe sei dennoch sehr präsent und eine als Kapitän die Mannschaft.
Ronaldo ist aufseiten der Portugiesen genauso Kapitän. In dem Fall ist es aber so, dass seine Präsenz einige andere Hochbegabte im Kader eher auszubremsen als wirksam einzubinden scheint. Der Routinier spielt immer, er schnappt sich jeden Freistoß - aber er hat noch nicht getroffen bei dieser EM.
Čeferin: "Wir brauchen diese Gesichter"
Allein: An der großen Strahlkraft ändert das nichts. Es ist Ronaldo, der das Sicherheitskonzept des Turniers strapaziert, weil ständig ein Flitzer auftaucht, der nur ein Foto mit ihm haben will. Und es sind längst Trikots des Al-Nassr FC aus Saudi-Arabien (Ronaldo) und von PSG (Mbappé), mit denen auch Kinder auf österreichischen Sportplätzen herumlaufen.
Im modernen Fußball zählt für viele der Star, nicht mehr das Team. Deshalb sagte UEFA-Präsident Aleksander Čeferin zuletzt auch: "Wir brauchen diese Gesichter. Nach Ronaldo und Messi werden neue kommen." Vor allem sie würden junge Leute an den Fußball binden. Mbappé ist dafür ein Beispiel.
Am Tag vor dem Duell mit Portugal veröffentliche die französische Sportzeitung "L'Equipe" eine Geschichte mit dem Titel "Le Mome et l'Idole" (Das Kind und das Idol). Dazu gehört auch ein Foto, dass Mbappé in seinem Kinderzimmer in Bondy in der Nähe von Paris zeigt: Die beiden Wände an seinem Bett sind mit Ronaldo-Postern geradezu tapeziert.
"Ich mag es, wie er spielt. Seine Tore, seine Pokale, sein Lebenslauf sprechen für ihn. Er hat Generationen inspiriert", lobte Mbappé am Donnerstag in Hamburg bei der Pressekonferenz den Altmeister in höchsten Tönen. "Er ist einzigartig. Es gibt nur einen Cristiano Ronaldo und es wird immer nur einen Cristiano Ronaldo geben. Ich hoffe nur, dass er morgen nicht so glücklich sein wird."
Vom Fan zum Rivalen
Als Frankreichs Stürmerstar elf Jahre alt wurde, schenkten seine Eltern ihm Karten für ein Champions-League-Spiel von Ronaldo und Real in Marseille.
"Ein Autogramm, ein Foto und sogar die Schuhe: Mbappé wollte alles von Cristiano Ronaldo haben", schrieb "L'Equipe" dazu. Am Freitag im Volksparkstadion kann er noch einmal darum bitten. Das einstige Kind beendet die EM-Karriere seines Idols: Das wäre der Stoff für die nächste große Geschichte über die beiden Aushängeschilder.