Der SK Rapid ist aktuell hin- und hergerissen.
Sportlich gesehen hat die Qualifikation für die Bundesliga-Meistergruppe Priorität, andererseits wollen sich die Grün-Weißen in der Zwischenrunde der Conference League gegen Vitesse Arnheim (Do., ab 18:45 Uhr im LIVE-Ticker) auch international gut präsentieren.
"Trotzdem ist Sturm nicht wichtiger als Vitesse. Wichtig ist, wie wir ins nächste Spiel gehen, mit welcher Emotionalität und Vorfreude. Wichtig ist bei allem Druck, dass man nicht vergisst, warum man Fußball spielt - aus Lust und Laune. Man darf sich nicht auffressen lassen und muss sich nur aufs nächste Spiel fokussieren", nimmt Sportchef Zoran Barisic Druck von den Schultern der Spieler.
Denn die Situation ist verfahren. In den ersten zwei Pflichtspielen setzte es zwei Niederlagen, Corona bindet den Hütteldorfern noch immer wirtschaftlich die Hände und die Neuzugänge konnten Rapid noch nicht weiterhelfen, da sie Fitnessrückstand haben. Sowohl Ferdy Druijf als auch Yusuf Demir sind noch nicht bei hundert Prozent, auch wenn das der Berater des 18-Jährigen anders sieht (HIER geht's zur Story>>>).
Darauf reagiert auch Barisic, der hofft, dass Demir nicht zu spät zur Topform aufläuft, um den Hütteldorfern noch im Kampf um die Top 6 zu helfen: "Ich finde es ja witzig, dass sogenannte Manager über die Presse Druck ausüben wollen - was überhaupt nichts bringt meiner Meinung nach - aber bitte."
Der Sportdirektor ist aber zuversichtlich: "Bei Yussi sieht man auch im Training, dass er sich immer wohler fühlt, er immer besser wird. Ich glaube, er wird schon in Kürze seine Chancen bekommen, von Anfang an zu spielen." Allerdings hält er fest: "Ich hoffe aber auch dann, falls er nicht so gut spielt - weil die Erwartungshaltung sehr hoch ist - dass schon verziehen wird, wenn er den einen oder anderen Fehler macht oder es bei ihm auch noch nicht flutscht. Weil es ist unfair, einem Kind so eine große Last umzuhängen. Das ist nicht fair von allen Seiten. Er soll Fußballspielen, Freude haben am Kicken und wird zeigen, dass er ein super Kicker ist - und das demnächst, davon gehe ich aus."
Einer, der Demir besser als viele andere kennt, ist der nunmehrige Sportkoordinator Steffen Hofmann, der den Youngster als Talentemanager unter seinen Fittichen hatte und welchen der Spieler selbst als Freund bezeichnet. Dieser gibt auf LAOLA1-Nachfrage offen und ehrlich zu, dass die Situation natürlich für den Barcelona-Rückkehrer nicht zufriedenstellend ist, dass er noch nicht vollfit ist und zum anderen nur wenig Spielzeit bisher bekommt: "Natürlich will er Fußball spielen, das ist das Einzige, was ihn interessiert. Er ist mit Sicherheit nicht happy mit der Situation, aber auch nicht mega-angefressen."
"Demir ist dehalb auch nicht schlecht drauf"
Hofmann habe nach Demirs Rapid-Rückkehr wie auch zuvor viele Gespräche mit ihm gehabt. Offensichtlich sei auch gewesen, dass er nicht in jenem Zustand zurückkam, wie man den Offensivspieler kannte. "Aber er ist am Weg dorthin und wird seine Spiele bekommen", stellt Hofmann klar.
Es sei aber die Entscheidung von Trainer Feldhofer, der einen Startelf-Einsatz gegen Salzburg noch als zu früh betrachtete. "Natürlich sind Spiele gerade für junge Spieler extrem wichtig, auch für Yussi. Ich glaube, dass er uns trotzdem im Frühjahr möglichst bald viel Freude machen wird. Wenn er dann im Spielrhythmus drin ist, wird er uns allen Spaß machen, wenn wir ihm beim Fußballspielen zuschauen können."
Gleichzeitig versichert er: "Er ist im Moment deshalb auch nicht schlecht drauf, sondern gut, lacht jeden Tag, wenn er zum Training kommt und freut sich, dass er Fußball spielen kann." Eine Soforthilfe war der Spieler aus dem eigenen Nachwuchs aber nicht.
Warten auf Druijf - so sieht es Barisic
Ebensowenig wie Neuzugang Ferdy Druijf. Der Stürmer hat laut Trainer Ferdinand Feldhofer ebenfalls Fitness-Rückstand, war verletzt, dann in keinem Trainings-Rhythmus. Trotzdem entschied man sich bei Rapid für die Verpflichtung, obwohl auch der Angreifer derzeit noch keine Tore und Rapid in die Top 6 schießt.
Barisic meint zum Einstand des Niederländers: "Mich wundert das nicht, weil es für ihn ein neues Land ist, eine neue Sprache, obwohl er ein offener, kommunikativer Mensch ist. Wichtig ist, dass er sich wohlfühlt. Er wird in den kommenden Spielen zu mehr Einsätzen kommen und uns sportlich weiterhelfen."
In Zeiten wie diesen fehle die Planungssicherheit, deshalb wollte der SCR bei einem Kauf nicht in Vorleistung gehen. "Wir wussten nicht, was passiert. Bleibt Kara oder nicht? Dann wollte er nicht da und dort hin, dann hat sich das mit den USA gut ergeben. Aber dann sind am Transfermarkt nicht mehr alle Spieler verfügbar, die man auf der Liste hatte", geht der sportliche Leiter näher auf die Schwierigkeiten in Zeiten wie diesen ein.
"Aber mit Druijf haben wir vorerst einmal bis Sommer einen Spieler, der über jene Qualitäten verfügt, die wir und der Trainer gebraucht haben vom Profil her. Er wird zeigen, dass er ein guter Spieler ist, wenn er gesund bleibt und integriert ist." Allerdings war es eine kurzfristige Lösung, die nun Zeit in Anspruch nimmt.
"Wir werden wieder investieren"
Schon vor zwei Jahren sei Druijf ein Thema bei den Hütteldorfern gewesen, auch vergangenes Jahr wäre er eine interessante Alternative gewesen. Diesmal ließ sich Rapid die Chance nicht nehmen. Allerdings betont Barisic einmal mehr, dass es sich um kein Wunschkonzert handelt.
Schon gar nicht im corona-beeinflussten Transfermarkt. "Man sieht, wie sich der Transfermarkt im internationalen Bereich entwickelt. Der Trend geht in die Richtung, Spieler ablösefrei zu ergattern. Das macht auch vor uns nicht Halt. Wir müssen nach wie vor sehr weitblickend und vorsichtig agieren und trotzdem ruhig bleiben", bestätigt der Geschäftsführer Sport.
Kritik an einer nicht spektakulären Transferzeit aus Rapid-Sicht lässt Barisic gelten, wenn sie konstruktiv ist. Denn die Hütteldorfer wollen den eigenen Weg weitergehen, die Vielzahl an Eigenbauspielern, die derzeit im Kreis der Kampfmannschaft agieren, kann sich sehen lassen. Trotzdem werden die Verantwortlichen immer wieder damit konfrontiert, dass Spieler teuer verkauft, aber wenig nachgekauft wird.
"Wir werden wieder investieren", verspricht "Zoki", verweist aber darauf, dass es auch bei einem teuren Einkauf keine Garantie gebe, dass es funktioniert. Die besten Beispiele dafür sind wohl die damaligen Rekordtransfers unter Andreas Müller namens Arnor Traustason und Ivan Mocinic.
Frederiksen war für Rapid nicht leistbar - nun kommt er als Gegner
Zudem gibt es doch Schmerzgrenzen, die Rapid nicht überschreiten kann und will. Angesprochen auf Vitesse Arnheim meint Barisic etwa, dass sich die Wiener über Nikolai Baden Frederiksen bei Juventus Turin erkundigt hätten, doch das Thema war schnell abgehakt.
"Ich glaube, dass Rapid in der Geschichte jemals so viel Geld ausgegeben hat, wie Vitesse für Baden Frederiksen. Das ist zu akzeptieren, das ist kein Geheimnis. Der Spieler ist gut, wir wissen, was Juventus für ihn verlangt hat. Für uns war das natürlich nicht zu stemmen, für Vitesse schon. Ist halt so. Der Trend ist so, dass die Schere, was Gehälter betrifft, immer weiter auseinandergeht."
Die WSG Tirol profitierte in der vergangenen Saison noch von einem Leihgeschäft mit Juve. Nun muss sich Rapid in der Conference League warm anziehen, da mit Frederiksen, Adrian Grbic und Co. viel Offensvikraft auf die Hütteldorfer zukommt.
Abgesehen von den sportlichen Aufgaben in nächster Zeit stehen auch Entscheidungen an, da viele Verträge auslaufen. "Momentan ist es schwierig, auch mit den auslaufenden Verträgen. Mit einigen Spielern wollen wir unbedingt verlängern, bei anderen ist es nicht so der Fall. Aber wir arbeiten jetzt schon für die Zukunft und die kommende Transferperiode. Wir sind überzeugt von unserem Weg und den werden wir auch gemeinsam kontinuierlich fortsetzen."