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Aufstrebende Isländer! Was den LASK gegen Vikingur erwartet

Die "Wikinger" sind längst nicht der Underdog, für den man sie vielleicht halten mag. Das liegt auch am Stellenwert, der dem Sport in Island beigemessen wird.

Aufstrebende Isländer! Was den LASK gegen Vikingur erwartet Foto: © GEPA

Am Donnerstag trifft der LASK in der UEFA Conference League auf Vikingur Reykjavik (ab 21 Uhr im LIVE-Ticker >>>), das hierzulande eine große Unbekannte ist.

In unserem Tor zur Welt haben wir bereits den Klub und seine Geschichte vorgestellt >>>

Doch worauf muss sich der LASK aus sportlicher Sicht einstellen, welches Niveau hat Vikingur, wie ist der Gegner der Athletiker einzuschätzen?

Es war einmal ein Underdog

(Text wird unter dem Video fortgesetzt)

Ein krasser Außenseiter sind die Isländer im abschließenden Spiel der Ligaphase nicht (mehr). Das beweisen schon alleine die bisherigen Ergebnisse.

Zwar zahlte man zum Auftakt gegen Omonia Nikosia noch Lehrgeld (0:4), dem folgte aber der historische erste Europacup-Sieg eines isländischen Klubs - ausgerechnet gegen das damals noch von Miron Muslic und nun von Ferdinand Feldhofer gecoachte Cercle Brügge (3:1).

Im November sammelte man mit Siegen über Banja Luka (2:0) und einem torlosen Remis gegen FC Noah weitere vier Zähler. Auch gegen Djurgarden spielte man auf Augenhöhe mit, musste sich aber knapp mit 1:2 geschlagen geben.

Nun kann Vikingur im Spiel gegen den LASK einen weiteren Meilenstein setzen. Denn ein Punkt reicht zum Sprung in die K.o.-Runden-Playoffs schaffen, um von dort aus als erstes isländisches Team in die K.o.-Phase eines Europacup-Bewerbs einziehen. Zur Conference-League-Tabelle >>>

(Text wird unterhalb fortgesetzt)


FC Vaduz und Co.: Die Conference-League-Exoten


"Richtig unbequem"

Die große Stärke der "Wikinger" liegt definitiv in der Kompaktheit und Spielstruktur. In der vergangenen Ligasaison erzielte die von Ex-Premier-League-Legionär Arnar Gunnlaugsson trainierte Mannschaft die meisten Tore und kassierte die zweitwenigsten.

Hielt einst für Leicester in der Premier League die Knochen hin: Coach Gunnlaugsson
Foto: © getty

Grundsätzlich spielt Vikingur einen sehr mutigen Fußball. Gunnlaugsson lässt seine Elf hoch stehen und im Block gegen den Ball arbeiten, um dem Gegner erst gar nicht die Möglichkeit zum Herausspielen zu geben.

Helgi Kolvidsson, der sich in Österreich als Trainer von Austria Lustenau, Wiener Neustadt und der SV Ried einen Namen machte, kennt den Klub aus seiner Heimat gut. Zudem werkte er von 2016 bis 2018 als Co-Trainer des isländischen Nationalteams.

Er bezeichnet Vikingur als "richtig unbequemen Gegner. Sie sind sehr diszipliniert und gut strukturiert", so der 53-Jährige.

Mutig, aber anfällig

Mit dem Ball bewegt sich das Team oft komplett in des Gegners Hälfte und schnürt speziell Gegner auf Augenhöhe oder darunter gerne dort ein, was zu einer Art Powerplay führt.

Meist versucht man es dann mit hohen Flanken und besetzt die Box mit den vielen kopfballstarken Spielern. Generell handelt es sich bei Vikingur um eine großgewachsene Mannschaft, nur wenige Akteure sind kleiner als 1,80 Meter.

Der Nachteil dieser Ausrichtung ist die Anfälligkeit für Konter, was auch dem fehlenden Tempo der (alternden) Innenverteidiger geschuldet ist. Vikingur wird bei Ballverlusten manchmal schlichtweg überlaufen.

"Sie müssen Situationen forcieren, wo sie Eins gegen Eins gehen und Vikingur aus ihrem System bringen können"

Helgi Kolvidsson

Ein wichtiger Eckpfeiler ist auch Islands Ex-Teamgoalie Ingvar Jönsson, der international in sechs von zehn Spielen ohne Gegentor blieb, was nicht zuletzt sein eigener Verdienst war.

Die individuelle Klasse nutzen

Was Vikingur erfolgreich macht, seien laut Kolvidsson weniger die Individualisten. "Sie haben weniger die starken Einzelspieler, es geht viel über die Qualität als Team", so der Isländer. Er betont eine weitere Komponente, die für ihn aus Sicht Vikingurs wesentlich ist: "Außerdem haben sie nichts zu verlieren".

Was muss der LASK also tun, um gegen das Überraschungsteam zum Erfolg zu kommen? "Sie müssen Situationen forcieren, wo sie Eins gegen Eins gehen und Vikingur aus ihrem System bringen können" - Stichwort: Anfälligkeit bei Ballverlusten. Der LASK habe "mehr individuelle Klasse", die es zu nutzen gilt.

Die beiden Teams wolle er hinsichtlich ihres Niveaus nicht direkt vergleichen. Zu unterschiedlich sind die Ausrichtungen der beiden Mannschaften. Um ein Gefühl dafür zu bekommen, vergleicht er die stattdessen die isländische Liga. Diese sei etwa auf dem Niveau der 2. Liga in Österreich oder der Schweiz.

In der Europa-League-Quali der Saison 2019/20 traf etwa Vikingurs Meisterschaftsrivale Breidablik auf den späteren Schweizer Zweitligameister FC Vaduz, an dem man knapp scheiterte (Gesamtscore 1:2). "Da waren sie absolut auf Augenhöhe", sagt Kolvidsson.

Auch in Zukunft ist es durchaus nicht unwahrscheinlich, dass die isländischen Klubs immer wieder für Aufsehen im Europacup sorgen. Vikingur hat für die kommende Saison - zwar vorsichtig, aber doch - die Europa League als Ziel ausgerufen. Zudem scheint die Zukunft gesichert, wie Kolvidsson schildert.

Der Sport im Aufschwung

Für ihn geht vieles (endlich) den richtigen Weg. Denn die Hochphase der "2010er-Generation" sei nicht effektiv genutzt worden, als sich Island etwa für die EM 2016 qualifizierte (und dort unter den Augen von Co-Trainer Kolvidsson auch Österreich spüren ließ, dass man nicht mehr der Außenseiter von einst ist).

Bei der EM 2016 stoperte Österreich über Island
Foto: © GEPA

Etwa in Sachen Infrastruktur habe man damals vieles verschlafen, was nun aber Schritt für Schritt nachgeholt wird. "Die Fußballhallen und das ganze Rundherum in den Schulen, wie im Sport alles betreut wird", habe sich "sensationell" verbessert, wie Kolvidsson schildert.

"Wenn man sieht, was die Kinder hier für Möglichkeiten haben, die trainieren am Vormittag mit ausgebildeten Athletiktrainern und Physiotherapeuten. Wie in einer Profi-Mannschaft. Unter solchen Bedingungen aufzuwachsen, ist natürlich ein Traum", gewährt er einen Einblick.

Zudem fördere der Staat "jedes Kind, das in einem Verein tätig ist. Die Vereine bekommen da direkt vom Staat finanzielle Unterstützung, so kann man dann auch qualifizierte Trainer holen", erklärt er das System.

Was der LASK am Donnerstag zu sehen bekommt, ist also womöglich nur der Anfang eines großen Aufschwungs im isländischen Klubsport. Den es temporär auszubremsen gilt, will man mit einem Erfolgserlebnis und somit etwas mehr Ruhe in die Winterpause gehen.


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