In einer Zeit, in der Superlative oftmals der Normalzustand sind, ist es gar nicht so leicht, die richtigen Worte der Anerkennung und Einordnung für Oliver Glasners Husarenstück mit Eintracht Frankfurt zu finden.
Man kann fast nur untertreiben.
Der viel zitierte Fakt, dass vor ihm mit dem unvergessenen Ernst Happel in der inzwischen schon recht langen Europacup-Geschichte nur ein österreichischer Coach internationale Titel im Lebenslauf stehen hatte, untermalt vielleicht am besten, wie sporthistorisch dieser Triumph von Sevilla ist.
Und selten. Denn wer Happels Meistercup-Coup mit dem HSV 1983 in bewusster Erinnerung hat, geht zumindest schon auf den 50er zu.
VIDEO - so crashen die Spieler Glasners PK:
Dass Glasner und mit ihm seine Landsleute Michael Angerschmid, Ronald Brunmayr, Martin Hinteregger und Stefan Ilsanker die Europa-League-Trophäe in Händen halten durften, steht auch sinnbildlich für die unterm Strich positive Entwicklung des österreichischen Fußballs in der jüngeren Vergangenheit.
Und dies sei erwähnt, ohne diesen Erfolg von Glasner und Co. zu sehr für dieses Fußball-Land, für das er so wichtig ist, vereinnahmen zu wollen. Dies würde etwa Glasners individuelle Leistung in seiner bisherigen Trainer-Karriere schmälern.
Dennoch sollte dieser Triumph kollektiver Ansporn für mehr sein. Für noch mehr.
Und dies ist keine zu unbescheidene Forderung, ohne natürlich Jahr für Jahr Europacup-Triumphe erwarten zu dürfen. Es geht vielmehr um eine kontinuierliche Weiterentwicklung, das Setzen immer wieder neuer Ziele.
Es wäre nämlich schade, wenn Fußball-Österreich den aktuellen Lauf nicht als Steigbügelhalter für weitere Schritte nutzen würde.
Lauf?
In allen drei Europacup-Endspielen finden sich ÖFB-Vertreter, das ist selbst für David-Alaba-Maßstäbe nicht selbstverständlich.
Salzburg ist in der Champions League in dieser Saison ein Meilenstein gelungen, unabhängig davon, dass das Ende bitter war.
Dass weitere Bundesliga-Teams in Gruppenphasen vertreten sind, ist längst keine Ausnahme mehr – auch dass sie dort immer regelmäßiger eine gute Figur machen.
ÖFB-Kicker waren in den vergangenen Jahren bei guten Klubs gefragt, aber mit Ausnahme von Alaba eher weniger bei der Elite – auch hier bahnt sich der nächste Schritt an, wenn man an die im Raum stehenden Transfers von Sasa Kalajdzic oder Konrad Laimer denkt.
Auf diesem Gebiet wären die nächsten Schritte, erstens verpflichtet zu werden und sich dann zweitens auch eine gute Rolle zu sichern. Dieses Kunststück ist etwa Valentino Lazaro (Inter) oder Marcel Sabitzer (FC Bayern) nach Vertragsunterschrift nicht wie erhofft gelungen.
Und auch beim Nationalteam stehen mit einem neuen Kapitel die Chancen besser, dass es bald wieder „läuft“.
Dennoch: Wer alt genug ist, möge 15 bis 20 Jahre zurückdenken. Den Status quo hätten wir damals abgenickt, oder?
Und ja, hinter all diesen Fortschritten stecken viele, viele individuelle Weiterentwicklungen, für die System und Rahmenbedingungen speziell in Talenteförderung und Trainerausbildung in den letzten zwei Jahrzehnten jedoch durchaus professioneller gestaltet wurde – ohne natürlich fraglos weiterhin bestehende Baustellen zu vergessen.
Diese individuellen Leistungen können jedoch ein guter Nährboden für das gesamte Fußballland sein.
Ein Beispiel: Dass Ralph Hasenhüttl und Peter Stöger in Deutschland funktioniert haben, dürfte für die folgenden Engagements von Adi Hütter und Oliver Glasner kein Nachteil gewesen sein.
Davor konnte man heimische Trainer als internationale Ladenhüter einordnen. Vor dieser Entwicklung auf Trainer-Ebene gab es am Spieler-Sektor einen ähnlichen Trend.
Nun kann man zumindest spekulieren, dass Glasner erstens eine ideale Werbung für weitere Landsleute darstellt und zweitens mittelfristig die Chance auf die nächsthöhere Ebene bekommt – bei allem berechtigen Respekt vor Frankfurt.
Mit der Eintracht darf er nun jedoch zumindest jenes Champions-League-Abenteuer nachholen, das er sich mit dem VfL Wolfsburg entgehen ließ.
Man darf davon ausgehen, dass dieser historische Triumph für Glasner die Motivation ist, mehr zu wollen, und nicht die Einladung, sich zurückzulehnen.
Fußball-Österreich sollte sich – mehr demütig als arrogant - dieser Denkweise anschließen.