„Attila Szalai ist ganz klar auf der Platte. Als linker Innenverteidiger ein Typ wie Holger Badstuber, nur dynamischer“, sagt Zoran Barisic im Mai 2016 im „Kurier“.
Tags darauf setzte er den damals 18-Jährigen zum ersten und einzigen Mal bei den Profis des SK Rapid ein. Vor 14.200 Zusehern lief der junge Ungar an der Seite von Mario Sonnleitner im Bundesliga-Spiel gegen den SCR Altach auf. Eine Verletzungsmisere hatte den Youngster von den Amateuren zu den Profis hochgespült.
Wenige Wochen später war Barisic nicht mehr Trainer des SCR, weil Sportchef Andreas Müller mit seinem Schalker Kumpanen Mike Büskens einem anderen Mann das Vertrauen schenkte. Und Szalai war bei den grün-weißen Profis nicht mehr gefragt.
Sechs Jahre später hat sich die Situation für den inzwischen 24-Jährigen grundlegend geändert. Der Abwehrspieler ist unumstrittener Stammspieler bei Fenerbahce und wurde im vergangenen Halbjahr unter anderem mit PSG, Chelsea, Milan, Newcastle und Wolfsburg in Verbindung gebracht.
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Doch zurück in den Sommer 2016. Büskens hatte mit Christopher Dibon, Mario Sonnleitner, Christoph Schösswendter und Maximilian Hofmann vier gestandene Innenverteidiger zur Verfügung. Thomas Schrammel war in der Linksverteidigung gesetzt. Und Maximilian Wöber galt auf den beiden linken Positionen in der Viererkette als größtes Rapid-Talent.
Extra an die Grenze übersiedelt
Szalai tingelte unter Trainer Muhammet Akagündüz durch die Regionalliga Ost, kickte für die grün-weißen Amateure in Neusiedl, Ebreichsdorf und Ritzing.
Keine einfache Zeit für einen jungen Mann, in dessen Karriere es bis dahin steil bergauf gegangen war. Als Kind lernte er unter den Fittichen seines gleichnamigen Vaters, der als Profi ungarischer Teamspieler und Meister war, die fußballerischen Basics.
Es folgte der Wechsel in den angesehenen Nachwuchs von Vasas, wo er seine Mitspieler körperlich überragte. Rapid klopfte an, Szalai überzeugte beim Probetraining, die Familie übersiedelte an die österreichische Grenze, um dem 14-Jährigen ein Engagement im Nachwuchs der Wiener zu ermöglichen.
Mit 16 Jahren kickte das ungarische Talent in Rapids U18. Nach einem halben Jahr bei den Amateuren im Mai 2016 dann eben das Profi-Debüt. PSV Eindhoven klopfte an, Rapid lehnte ab. Kein Wunder, dass Szalai die darauffolgende Saison in der Ostliga als eine verlorene sah.
„Um den nächsten Schritt in meiner Karriere machen zu können, muss ich den Verein leider verlassen“, erklärte er im Juli 2017 und unterschrieb bei Mezőkövesd Zsóry in seiner Heimat einen Dreijahres-Vertrag.
Beim Mittelständler der ersten ungarischen Liga wurde Szalai rasch Stammspieler, auch in Ungarns U21-Nationalteam etablierte er sich, spielte im 3-5-2 die Position auf der linken Außenbahn, neben ihm Dominik Szoboszlai.
Angebote trudelten ein, auch Mattersburg war interessiert, Apollon Limassol machte das Rennen. 400.000 Euro Ablöse klingt nach nicht viel, ist für zypriotische Verhältnisse aber eine ganze Menge. Im Herbst 2019 spielte sich Szalai an der Seite des spanischen Haudegens Hector Yuste in Apollons Abwehr fest, stieg zum U21-Teamkapitän auf und feierte unter dem italienischen Teamchef Marco Rossi sein Debüt in Ungarns A-Nationalmannschaft.
Durchstarten in Istanbul
Nach der Corona-Pause gab es kein Halten mehr. Der Innenverteidiger war ab dem ersten Länderspiel im Herbst 2020 unumstrittener Stammspieler im ungarischen Nationalteam, im Jänner 2021 blätterte Fenerbahce 2,2 Millionen Euro für ihn hin. Auch RB Leipzig streckte die Fühler aus.
Szalai kam und spielte den Kongolesen Marcel Tisserand, der ein halbes Jahr zuvor um doppelt so viel Geld von Wolfsburg an den Bosporus gewechselt war, sofort aus der ersten Elf.
Seither hat der Ungar nur sieben Pflichtspiele verpasst, eines wegen Magenproblemen, eines wegen einer Gelbsperre, drei wegen einer Schulterverletzung, zwei Mal wurde er geschont.
„Er ist ein kompletter Spieler. Er sollte in einigen Jahren einer der besten Innenverteidiger Europas sein“, sagt Ungarns Teamchef Rossi über ihn.
Szalai besticht nicht nur durch seine enorme körperliche Präsenz, sondern auch durch seine Disziplin, seine Fähigkeit, in Zweikämpfen praktisch nie Fouls zu begehen, und seine starke Antizipation. Auch seine Spieleröffnung mit dem linken Fußball kann sich sehen lassen.
Einzig die mangelnde Schnelligkeit auf den ersten paar Metern könnte auf ganz hohem Niveau ein Problem werden.
Und genau dorthin soll es für den 24-jährigen, der bereits 27 Mal für Ungarns A-Team aufgelaufen ist, auch gehen. Zuletzt sollen ihn PSG, Wolfsburg und Nottingham Forest auf dem Zettel gehabt haben. Im Frühjahr galt ein Wechsel zu Chelsea zwischenzeitlich sogar als fix.