Spielerisch konnte der Auftritt des LASK im Europa-League-Playoff am Donnerstag nicht mit den internationalen Sternstunden von früher mithalten, ein Element des Spiels gegen Zrinjski Mostar erinnerte aber sehr wohl an diese magischen Europacup-Nächte der jüngeren Vergangenheit: Die Rückkehr der Dreierkette.
Coach Thomas Sageder, dessen Mentor Oliver Glasner einst das erfolgreiche 3-4-3-System in die Stahlstadt brachte, entschied sich im Duell mit Bosniens Meister, von dem von seinem Vorgänger Didi Kühbauer eingeführten 4-2-3-1 abzuweichen und in einem 3-4-1-2 auflaufen zu lassen - eine Reaktion auf den vor allem spielerisch unzufriedenstellenden Saisonstart.
Sageder setzt bekanntlich - anders als Kühbauer - auf eine sehr pressingorientierte Spielausrichtung, bei der es vor allem im Spiel gegen den Ball auf eine gute Positionierung ankommt. Im 4-2-3-1 taten sich die schwarz-weißen Kicker bisher schwer, in Pressingsituationen zu kommen, ließen sich dadurch auch im Spiel mit dem Ball verunsichern und konnten in den ersten Saisonspielen deshalb schlicht nicht überzeugen.
Ganz anders die Anfangsminuten am Donnerstag. Gegen Zrinjski starteten die Athletiker mit enormer Wucht und vielen hohen Ballgewinnen in die Partie, schon nach zwölf Minuten zeigte die Anzeigetafel in der Raiffeisen Arena 2:0 für das Heimteam an.
Beim 1:0 zappelte der Ball vier Sekunden nach Balleroberung im gegnerischen Kasten, beim zweiten Treffer waren es gar nur deren drei - ein Traum für einen Pressing-Trainer wie Sageder.
In den restlichen rund 80 Spielminuten der Partie konnte diese Anfangsintensität aber bei Weitem nicht mehr aufrechterhalten werden. Die Schwächen des neuen, alten Spielsystems wurden schonungslos aufgedeckt. Doch von Beginn an:
"Haben eine gute Mannschaft dafür"
Bereits in der Sommervorbereitung griff Sageder immer wieder auf die Dreierkette zurück, traute sich zum Saisonstart aber nicht drüber, vom Erfolgssystem aus der Vorsaison abzuweichen.
Das Spiel am vergangenen Wochenende gegen die WSG Tirol dürfte den 39-Jährigen aber zum Umdenken bewogen haben. Nachdem er über die Performance seiner Mannschaft, die zu diesem Zeitpunkt mit 0:1 zurücklag, schwer enttäuscht war, stellte er in der Schlussphase der Partie im Tivoli bereits erstmals auf Dreierkette um und wurde mit einer ansprechenden Leistung belohnt, die schlussendlich für ein Remis und sogar fast noch für einen Sieg reichte.
Für den Oberösterreicher war somit klar: Gegen Zrinjski wird die Dreierkette erneut ausgepackt.
"Wir haben eine gute Mannschaft dafür", erklärte Sageder nach der Partie gegen Zrinjski die Gründe für die Umstellung. Das Ziel sei gewesen, dass seine Mannschaft in dieser Formation intensiver auftrete, was zunächst auch gelang.
Nun sei es wichtig, "dass wir das 90 Minuten durchziehen können".
Zulj-Doppelpack zeigt momentane Problematik auf
Damit spricht der Jung-Coach den Punkt an, dass seine Mannschaft mit jeder vergangenen Spielminute die Intensität graduell zurückschraubte und schlussendlich so sehr in die Passivität verfiel, dass Kapitän Robert Zulj bemängelte, man habe sich zu sicher gefühlt.
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Zulj war es auch, der seine Linzer mit einem Doppelpack zum Sieg führte und damit ein weiteres Mal seinen enorm hohen Wert, den er für die schwarz-weiße Mannschaft hat, unterstrich.
Der Doppelpack des Welser machte aber auch auf eine Problematik aufmerksam, die eine der Gründe für den Linzer Stotterstart ist: Der LASK ist momentan extrem abhängig von individuellen Leistungen, mannschaftlich funktioniert wenig.
Auch am Donnerstag war nach Zuljs frühen Treffern, wovon vor allem der zweite einem kleinen Geniestreich gleichkam, offensiv mehr oder weniger tote Hose. Ein Expected-Goal-Wert von nur 0,44 spricht diesbezüglich eine klare Sprache.
Zulj spielte am Donnerstag eine andere Rolle als seit seiner Österreich-Rückkehr gewohnt. War er im 4-2-3-1 bisher als Zehner, mit einem echten Stürmer vor sich, im Einsatz, agierte er gegen Zrinjski an vorderster Front als hängende Spitze, mit schnellen Flügelstürmern zu seiner Linken und Rechten.
Eine Systemumstellung für den Kapitän?
Die Systemumstellung war auch darin begründet, dass der 31-Jährige seit dem Trainerwechsel und dem damit einhergehenden Philosophiewechsel seine Qualitäten auf der Zehn nicht mehr wie gewohnt ausspielen konnte und für ihn deshalb eine neue Position gesucht wurde. Oder wie es Sageder sagt:
"Es geht darum, die Spieler, die man zur Verfügung hat, so zu positionieren, dass sie am besten wirken können. Das war eine Grundüberlegung, warum wir das so verändert haben."
Die neue Positionierung Zuljs brachte aber auch den Haken mit sich, dass die Linzer ohne echte Spitze agierten und damit im Strafraum oftmals die Anspielstationen fehlten. Aufgrund seiner tollen Schusstechnik fühlt er sich außerhalb der Box wohler als innerhalb und ist somit ein wenig die Gegenthese zu den vielen klassischen Strafraumstürmern der jüngeren LASK-Vergangenheit.
Der großgewachsene Routinier war am Donnerstag viel mehr dafür vorgesehen, die zahlreichen hohen, auf ihn geschlagenen Bälle entweder direkt weiterzuleiten oder sie festzumachen und anschließend seine schnellen Mitspieler in Aktion zu setzen.
Während Zulj neben seinen Treffern auch diesen Part gut ausfüllte, fehlte seinen Anspielstationen, Moses Usor und Ibrahim Mustapha, meist die Durchschlagskraft, um gefährliche Situationen zu erzeugen. Die beiden pfeilschnellen Afrikaner suchen in der neuen Saison noch nach ihrer Form.
Auch die eingewechselten Lenny Pintor und Thomas Goiginger sind bisher noch nicht auf ihrem Leistungsmaximum angekommen.
"Kein großer Unterschied" zur Dreierkette von früher
Dabei sind gerade die Außensturm-Positionen essenziell für das 3-4-1-2, wie Sageder es sich vorstellt und wie es in ähnlicher Form in Linz bereits zwischen 2017 und 2021 großteils erfolgreich praktiziert wurde.
Das weiß auch Goiginger, der mittlerweile seit über sechs Jahren beim LASK aktiv ist und auf eben jener Position viele, viele großartige Spiele ablieferte.
Bei der Rückkehr zur Dreierkette habe es seine Mannschaft "ganz gut gemacht", findet der 30-Jährige. Aber auch mit Viererkette habe sein Team zuletzt starke Leistungen abgeliefert, so der Salzburger weiters.
Was denn die Unterschiede zur Sageders Dreierkette im Vergleich zu jener von Glasner, Ismael und Co. seien? "Es gibt keinen großen Unterschied. Eine Dreierkette ist für die Mannschaft anders zu spielen. Aber jedes System hat seine Vor- und Nachteile. Ein perfektes System gibt es nicht, weil sonst würde jeder dieses System spielen", so Goiginger.
Standards bleiben eine Schwäche
Ein Unterschied zu früher ist ganz sicher die Qualität der Standards beim LASK, sowohl offensiv als auch defensiv.
Während die Linzer früher als absolute Standard-Könige bekannt und gefürchtet waren, läuft momentan kaum mehr etwas nach ruhenden Bällen. Zu allem Überfluss kassierte man den Gegentreffer gegen Zrinjski nach einem katastrophal verteidigten Freistoß.
Eine große Enttäuschung für Sageder, der bei seinem Amtsantritt großen Wert darauf legte, die Standard-Stärke zurück nach Linz zu bringen, und dafür mit Clemens Zulehner einen Vollzeit-Standardtrainer an Bord holte. Der 31-Jährige war davor bei der SV Ried tätig und dort dafür mitverantwortlich, dass die "Wikinger" in der Vorsaison trotz des Abstiegs eines der gefährlichsten österreichischen Teams nach ruhenden Bällen waren.
"Der Gegentreffer wäre vermeidbar gewesen", knirschte Sageder im "ORF"-Interview nach dem Europacup-Auftakt nur.
Einmal Dreierkette, immer Dreierkette?
Auf den Oberösterreicher wartet bei seinem ersten großen Trainerposten also auch weit nach dem Saisonstart noch einiges an Arbeit. Am Donnerstag ließen seine Linzer zumindest im Ansatz erkennen, was in ihnen steckt und wie effektiv das Sagedersche Pressing sein kann, wenn es denn greift.
Das Experiment "Rückkehr zur Dreierkette" darf insofern als erfolgreich abgestempelt werden, als die Athletiker gegen Zrinjski nicht nur deutlich mehr hohe Ballgewinne als zuletzt erzielen konnten, sondern auch defensiv äußerst sicher standen und aus dem Spiel heraus bis auf einen Stangenschuss nichts zuließen.
Bleibt es also künftig bei der Dreierkette, Thomas Sageder?
"Das werde ich mir überlegen", grinst der 39-Jährige vielsagend.