Roger Schmidt war eine Zeit lang durchaus überrascht vom Auftreten von Sturm Graz.
Allerdings nicht in der Art und Weise, wie die Steirer PSV Eindhoven gerne überrascht hätten.
"Nach unserem 2:0 war es ein anderes Spiel, war mehr Emotion drinnen. Sturm hat dann das gespielt, was wir eigentlich von Anfang an erwartet haben - also mit noch mehr Intensität, sie waren dann besser in den Duellen, haben Freistöße gezogen, haben Standardsituationen bekommen. Ich glaube, in der ersten Halbzeit hatten sie keine Ecke, keinen Freistoß, gar nichts. Ich glaube, nicht mal einen Torschuss. Das haben wir super gemacht", analysiert der Deutsche.
Am Ende darf sich der PSV-Coach über einen 4:1-Auswärtssieg in Graz-Liebenau freuen, den er unterm Strich als "schwieriges Spiel, zumindest zwischenzeitlich" einordnet.
Die Einordnung, dass Sturm in dieser Partie zwei Gesichter gezeigt hat, deckt sich mit jener von seinem Gegenüber Christian Ilzer, der eine Lehrstunde statt der erhofften Sternstunde gesehen hat.
Dass die "Blackies" lange blass blieben, führt Schmidt jedoch in erster Linie auf das Auftreten seines Teams zurück.
Wie man es Sturm schwer gemacht hat
"Wir haben das gerade in den ersten 50 Minuten gut gemacht. Wir waren sehr sicher im Ballbesitz. Auch wenn Sturm versucht hat zu pressen, haben wir immer wieder Lösungen gefunden, uns rauszuspielen, haben immer wieder die Seiten gewechselt, hatten aber auch immer Anker nach hinten. Ich glaube, dass es dann auch nicht einfach war gegen uns, denn wir haben viele ballsichere Spieler, und Sturm musste viel investieren", erläutert der frühere Salzburg-Trainer.
Wenn man mal einen Ball verloren habe, habe man ihn im Gegenpressing schnell zurückgewonnen: "Wir haben Sturm nicht so richtig ins Spiel kommen lassen. Aber im weiteren Verlauf des Spiels hat Sturm dann gezeigt, warum sie in der Europa League spielen."
Nach dem 2:0 von Eran Zahavi habe PSV ein wenig an Spannung verloren. Jon Gorenc-Stankovic gelang umgehend der Anschlusstreffer.
Sturms Momentum
Schmidt: "Da hat sich das Momentum ein bisschen gedreht. Dass sie bei Standards gefährlich sind, wussten wir natürlich. Aber da war dann das Stadion da, die Emotionen waren da, da mussten wir fighten und zehn Minuten eine Drangphase aushalten. Gleichzeitig war es stark, dass wir in der Lage waren, weiter nach vorne zu spielen. Wir sind aufs dritte Tor gegangen und haben letztendlich verdient gewonnen. Es war jedoch zwischendurch ein hartes Stück Arbeit."
"Natürlich, wenn man aus österreichischer Sicht erlebt, dass Eran Zahavi in drei Länderspielen sechs Tore schießt, und diesmal trifft er wieder, fühlt es sich klarerweise so an, dass er immer gegen Österreich trifft. Aber er trifft auch sonst immer und überall."
Wie er die Qualität der Begegnung allgemein einordnen würde?
"Ich fand, dass wir für unsere Verhältnisse sehr gut gespielt haben gegen eine Mannschaft, die durchaus in der Lage ist, anderen Mannschaften mit ihrem Pressing Schwierigkeiten im Spielaufbau zu bereiten. Das haben wir sehr gut gemacht und auch souverän Lösungen gefunden. Nach der Pause war es ein offeneres Spiel mit mehr Intensität und Strafraumszenen, auch für Sturm. Insgesamt war es ein gutes Spiel mit super Toren."
Zahavis Österreich-Liebe
Eines dieser Tore erzielte eben Zahavi, der schon dem ÖFB-Team in der jüngeren Vergangenheit arge Schmerzen bereitet hat.
Schmidt versichert schmunzelnd, dass die Österreich-Liebe des Stürmers aus Israel noch kein Running Gag in der PSV-Kabine sei:
"Ehrlicherweise glaube ich nicht, dass die Spieler wissen, dass er schon so oft gegen Österreich getroffen hat. Natürlich, wenn man aus österreichischer Sicht erlebt, dass er in drei Länderspielen sechs Tore schießt, und diesmal trifft er wieder, fühlt es sich klarerweise so an, dass er immer gegen Österreich trifft. Aber er trifft auch sonst immer und überall."
Keine unzufriedenen Sturm-Fans
Während für Schmidt der Österreich-Besuch erfreulich verlaufen ist, glaubt er gleichzeitig, dass auch das Sturm-Publikum den Heimweg nicht allzu enttäuscht angetreten hat:
"Ich will nicht sagen, dass die Zuschauer zufrieden nach Hause gegangen sind, denn natürlich geht niemand zufrieden nach Hause, wenn man verloren hat. Aber ich finde trotzdem, dass sie gesehen haben, dass Sturm alles gegeben hat, um ins Spiel zurückzukommen."