Tor? Elfmeter? Abstoß? Gelb? Abseits?
Die Szene in der 45. Minute beim Duell zwischen Athletic Bilbao und dem SK Rapid war an Kuriosität nicht zu überbieten.
"Jeder macht einmal Fehler, aber die Situation war schon sehr wild“, war Trainer Mike Büskens fassungslos.
Anfangs sah es trotz wütender Proteste nach dem zwischenzeitlichen 0:1 aus, am Ende klärte sich die chaotische Situation aber auf und mit etwa fünfminütiger Verspätung wurde doch noch die richtige Entscheidung gefällt.
Französisches Schiedsrichterteam nicht im Bilde
Der französische Schiedsrichter Tony Chapron und sein Team lagen anfangs komplett falsch.
Sowohl Inaki Williams als auch Aritz Aduriz befanden sich beim jeweiligen Zuspiel im Abseits, das Tor wurde aber zunächst anerkannt.
Dann schaltete sich der Torlinienrichter ein, es entwickelte sich eine heftige Situation, auch der Linienrichter wurde zu Rate gezogen.
Plötzlich zeigte Chapron auf den Elfmeterpunkt, das Entsetzen in den Augen der Wiener war sogar auf den Tribünen zu erkennen. Strebinger soll Aduriz von den Beinen geholt haben, der Keeper sah sogar Gelb.
"So etwas Lautes habe ich noch nie erlebt bis jetzt"
Der Ball lag auch schon bereit, ehe ein erneutes Signal dem Schiedsrichter mitteilte, dass es sich um einen Freistoß für Rapid handelte. Trotz ohrenbetäubender Kulisse, Protesten und Pfiffen der Basken vollzog der französische Haupt-Referee die Entscheidung.
"Es war unglaublich laut. So etwas Lautes habe ich noch nie erlebt bis jetzt. Natürlich haben sie damit Druck auf den Schiedsrichter ausgeübt", erklärt Kapitän Stefan Schwab gegenüber LAOLA1.
Schlussendlich wurde auf Abseits entschieden – vollkommen richtig, wie die TV-Bilder beweisen. Der eben erst 26-jährige Spielmacher versuchte die Situation für alle Außenstehenden endgültig aufzuklären:
"Es war eine ganz kuriose Situation. Der Linienrichter hat dem Schiedsrichter mitgeteilt, dass es Abseits war. Der Schiedsrichter hat aber geglaubt, dass er die letzte Aktion meint, wo der Spieler rüberspielt und der Ball im Tor landet. Der Linienrichter hat aber die erste Aktion schon gemeint, wo Inaki Williams den ersten Ball verlängert. Das war die Situation, wo der Linienrichter Abseits gab. Dann war erst das Foul. Der Schiedsrichter hat ihn, glaube ich, im ersten Moment falsch verstanden, darum hat er Elfmeter gegeben. Am Schluss hat er dann aber die erste Aktion als Abseits gegeben, dass war wohl auch richtig."
Endgültige Aufklärung von außen?
Da Schwab in diesem Moment die Kapitänsschleife trug, war er unmittelbar am Ort des Geschehens. Noch unklar ist allerdings, warum der Linienrichter das Abseits nicht sofort anzeigte und woher das entscheidende Signal kam, das plötzlich für die Aufklärung sorgte.
Im Stadion machte das Gerücht die Runde, dass es möglicherweise von außen, vom vierten Offiziellen, kam. Ein Video-Beweis in der Europa League ist aber weiterhin nicht zugelassen.
"Zuerst hat der Schiedsrichter sogar Tor gegeben, da hat der Linienrichter nichts angezeigt. Dann hat aber der Vierte anscheinend von draußen was angemerkt. Als dann plötzlich auf Elfmeter entschieden wurde, hat der Linienrichter aber gewachelt, sie haben per Funk noch einmal geredet und dann hat er die Kapitäne zusammengeholt und erklärt, dass schon die erste Aktion Abseits war."
Anscheinend ein Kommunikationsproblem, das für Schweißausbrüche im grün-weißen Team sorgte. Mittendrin Torhüter Strebinger, der sich blitzschnell auf verschiedene Situationen einstellen musste.
Strebinger zwischen Himmel und Hölle
Zwischenzeitlich war er der Sündenbock, der einen Elfmeter verschuldete und Gelb sah - obwohl es gar kein Foul war. Da war sich Büskens ziemlich sicher.
"Ich habe kein Foul gesehen. Der Spieler spitzelt den Ball an ihm vorbei, er berührt ihn nicht und aus der unübersichtlichen Aktion wird dann auf Elfmeter entschieden."
Auch Strebinger war verwirrt: "Als ich Elfer gehört habe, habe ich mich schon nur mehr auf mich und die Situation konzentriert."
Und: "Die Gelbe Karte ist laut meinen Informationen zurückgenommen worden."
Hat Schiedsrichter-Team Kompliment verdient?
Im Endeffekt löste sich alles zum Guten auf - trotz Hexenkessel im "San Mames". Deshalb muss der Keeper dem Schiedsrichter-Gespann auch ein Kompliment machen.
"Da kann man den Schiedsrichtern ein sehr großes Kompliment aussprechen, dass sie da so cool geblieben sind. Da merkt man, dass richtig gute Schiedsrichter in der Europa League sind."
Andere wiederum sahen das komplett anders, denn souverän war es nicht gerade, wie das Schiedsrichter-Gespann mit dem Hin und Her für Verwirrung auf allen Seiten sorgte.
Die anschließenden Diskussionen und unterschiedlichen Entscheidungen binnen weniger Augenblicke machten die Szene so kurios, das man ähnliches noch selten erlebt hat. Im Endeffekt ging es mit 0:0 in die Pause, an der 0:1-Niederlage nach 90 Minuten änderte dies jedoch auch nichts.
Aus Bilbao berichtet Alexander Karper