Fußball-Östereich steht ein besonders spannender Donnerstag bevor.
Rapid und Sturm im Playoff der Europa League sowie der LASK in der Europa Conference League kämpfen um eine Teilnahme am jeweiligen Hauptbewerb und darum, dass Österreich zum dritten Mal nach 2009/10 und 2020/21 in vierfacher Vertretung in diversen Europacup-Gruppenphasen dabei ist.
Zwei Österreicher, die die drei Quali-Spiele mit rot-weiß-roter Beteiligung mit besonders scharfen Augen betrachten werden, sind Sebastian Prödl und Florian Klein.
Die beiden Ex-ÖFB-Verteidiger sind Teil des neuen Expertenteams von "ServusTV" und werden beim Salzburger Free-TV-Sender jeden Europacup-Donnerstag ein ausgewähltes Spiel der Europa League oder der Europa Conference League mit ihren Expertisen begleiten.
Prödl: "Drang nach Europa League sehr groß"
Sebastian Prödl hofft naturgemäß, dass sein Ex-Verein Sturm im kommenden Europacup-Herbst - dem ersten der Grazer seit der Europa-League-Teilnahme 2011/12 - für Sternstunden sorgen wird. Die "Blackies" haben nach einem 3:1-Sieg im Hinspiel beim NS Mura im Heimspiel in der Merkur Arena (21 Uhr im LIVE-Ticker) den Aufstieg in die Europa-League-Gruppenphase in der eigenen Hand.
In dieser würden die "Blackies" bei der Auslosung am Freitag aus Topf vier gezogen werden, eine Hammergruppe ist ihnen damit garantiert. Ob Sturm bei der ersten europäischen Gruppenphase seit zehn Jahren nicht in der am Papier deutlich leichteren Europa Conference League besser aufgehoben wäre?
Nein, findet Prödl. "Als Spieler willst du immer gegen die Besten spielen. Da ist Topf zwei, drei oder vier egal. Du willst den Fans etwas bieten", so der 34-Jährige, der fortfährt: "Wenn man sich meinen Ex-Verein Sturm anschaut – die waren zehn Jahre international nicht vertreten. Die wollen in große Städte, interessante Länder reisen - als Klub, nicht nur die Spieler, sondern die Fans und die Klubverantwortlichen genauso. Deshalb ist der Drang nach der Europa League sehr groß."
Europa Conference League? Nur der LASK will rein
Grundsätzlich ist der Neo-TV-Experte, dessen aktive Karriere nach seinem unerfreulichen Italien-Abenteuer zwar noch nicht offiziell beendet ist, der aber ein längerfristiges Engagement bei "ServusTV" einplant, der Europa Conference League nicht abgeneigt. "Grundsätzlich gesehen ist es ein zusätzlicher Wettbewerb, der kleineren Nationen auch die Chance gibt, gegen große Nationen zu spielen. Wenn ein Vertreter drinnen ist, wird man auch mit rot-weiß-rotem Herz dabei sein", so Prödl.
Während der SK Rapid nach dem 3:0 im Europa-League-Playoff-Hinspiel gegen Zorya Luhansk ebenfalls eher nicht an der Europa Conference League teilnehmen wird, hofft man beim LASK inständig darauf, in die Gruppenphase des neuartigen dritten UEFA-Bewerbs zu kommen.
Die Linzer stehen nach einem schwachen 1:1 im Hinspiel in Klagenfurt gegen den FC St. Johnstone im Rückspiel am Donnerstag (20 Uhr im LIVE-Ticker) mit dem Rücken zur Wand. Einer, der dennoch noch fest an den Linzer Aufstieg glaubt, ist Florian Klein.
"Aktuell ist es so, dass man in einer Phase ist, wo man sich selbst ein wenig finden muss. Das Trainerteam ist neu, Pogatetz ist auch weg. Das merkt man. Das hat man auch beim Spiel gegen St. Johnstone gesehen", so der 34-Jährige, der von seinem achten bis zu seinem 22. Lebensjahr bei den Stahlstädtern kickte.
Klein: "LASK wird das schaffen"
Da steckt ja auch Red Bull mehr oder weniger dahinter. Zu meiner Zeit in Salzburg war Oliver Glasner Co-Trainer von Roger Schmidt und der ist dann zum LASK gegangen und hat alles mitgenommen. Genau so hat der LASK in den letzten Jahren gespielt. Was passiert, wenn Stück für die Stück die Hauptakteure wegbrechen, sieht man jetzt ein bisschen.
"Trotzdem denke ich, dass der LASK das noch schaffen wird. Nicht nur mit einer rot-weiß-roten oder der LASK-Brille, sondern weil sie in den letzten Jahren etwas aufgebaut haben, womit sie mit Drucksituationen richtig gut umgehen können. Für uns von 'ServusTV' und für mich persönlich wäre es einfach super, wenn der LASK auch noch international spielt", wünscht Klein seinem Jugendklub in Schottland den Aufstieg.
Nachdem der LASK in den letzten Jahren in der Qualifikation Hochkaräter wie Sporting Lissabon oder den FC Basel aus dem Stadion fegte, taten sie sich gegen den schottischen Mittelklasse-Klub extrem schwer.
Auch in der Bundesliga sind die Stahlstädter in dieser Saison noch nicht richtig angekommen. Die Abgänge langjähriger Stammspieler wie Reinhold Ranftl oder Gernot Trauner wiegen aktuell schwer. Klein analysiert die Lage der Linzer so:
"Beim LASK muss man ausholen, warum der in letzter Zeit so gut war. Da steckt ja auch Red Bull mehr oder weniger dahinter. Zu meiner Zeit in Salzburg war Oliver Glasner Co-Trainer von Roger Schmidt und der ist dann zum LASK gegangen und hat alles mitgenommen. Genau so hat der LASK in den letzten Jahren gespielt. Was passiert, wenn Stück für die Stück die Hauptakteure wegbrechen, sieht man jetzt ein bisschen. Aber was der LASK in Österreich hinter Red Bull Salzburg aufgebaut hat, war sensationell. Man hat geschafft, dass man vor Rapid die Nummer zwei wird."
Prödl: "Sturm klar vor Rapid und dem LASK"
In den letzten beiden Saisonen schlugen die Hütteldorfer allerdings zurück und sicherten sich zwei Mal den Vize-Meistertitel. Wer in dieser Saison der erste Verfolger von Serienmeister Salzburg sein wird? "Sturm wird ganz klar Tabellenzweiter am Ende der Saison", legt sich Prödl fest. Beim Herzensklub des 34-Jährigen ging es in der Vorsaison unter Christian Ilzer vor allem spielerisch steil bergauf, nachdem die Steirer davor ihren Erwartungen schwer hinterherhinkten.
"Was Sturm in den letzten Monaten geschafft hat und wie sie es in die Saison reintragen konnten – da ist ein unglaubliches Gefühl von Zusammenhalt da. Man hat das Gefühl, dass vom Sportdirektor, über den Trainer bis zur Mannschaft jeder seine Position kennt und weiß, wie er in eine bessere Position kommen kann. Die Aufgaben sind klar verteilt, die Kommunikation stimmt und dementsprechend auch die Leistung. Da ist eine große Familie zusammengewachsen", so Prödl, der sich Sturm weiterhin nah verbunden fühlt.
Der Innenverteidiger durchlief ab der U15 alle Jugendabteilungen der Grazer, ehe er im Sommer 2008 um 2,5 Millionen Euro zu Werder Bremen wechselte. 2019 stand eine Rückkehr des Steirers in seine Heimat im Raum, diese ließ sich allerdings finanziell nicht realisieren und Prödl ging in die Serie A zu Udinese. Sturm verfolgt der 73-fache ÖFB-Teamspieler aber weiterhin intensiv, den Grazer Aufschwung erklärt er sich so:
"Bei Sturm ist es oft so gewesen, auch in meiner Zeit, dass in der Krise Helden geboren wurden. Sie hatten ein paar Jahre Krise mit unglücklichen Trainerentscheidungen und nicht so erfolgreichen Ergebnissen und jetzt haben sie etwas aufgebaut und das zur Tugend gemacht. Die leben sie jetzt auch", so Prödl, der findet: "Deshalb ist Sturm in der Meisterschaft für mich klar vor Rapid Wien und dem LASK zu sehen."
Prödl und Klein einig: Salzburg wird Meister
Einen Angriff auf den noch ungeschlagenen Serienmeister aus Salzburg traut der Grazer den "Blackies" allerdings nicht zu: "Die ganze Konstellation, dass der Meister nächstes Jahr fix in der Champions League sein wird – ich glaube, Salzburg wird clever genug das Jahr durchplanen und breit genug aufgestellt sein, dass sie sich das nicht nehmen lassen."
Wieder einmal steckten die "Bullen" einen Umbruch besser weg als gedacht, die Abgänge von Torschützenkönig Patson Daka, Abwehrchef Andre Ramalho und Erfolgscoach Jesse Marsch sind bereits beinahe vergessen. Von vielen Experten werden die Salzburger sogar noch um ein Stück stärker eingeschätzt als in den Jahren davor.
So auch von Prödl: "Vor jeder Saison in der Bundesliga gibt es seit fünf, sechs Jahren die Thematik, dass Salzburg die Mannschaft ausgetauscht hat. Haaland geht weg, große Spieler gehen weg. Und man hat als Sturm, Rapid, LASK oder Austria das Gefühl, dieses Jahr können wir es schaffen. Die Spieler kennt man nicht so gut, es ist ein neues Salzburg und ein neuer Trainer. Aber das ist alles im Keim erstickt worden durch die sensationelle Leistung der Salzburger."
Auch Klein kann sich nur schwer vorstellen, dass ein anderer Klub als sein Ex-Verein Red Bull Salzburg am Ende die Meisterschale in die Höhe stemmen wird. Ähnlich wie Prödl glaubt der Anfang des Jahres zurückgetretene Rechtsverteidiger, dass Salzburg die Englischen Wochen im Europacup deutlich besser wegstecken wird als die verfolgende Konkurrenz. Klein prognostiziert:
"Es wird interessant, wie alle Mannschaften mit der Doppelbelastung umgehen werden. Wenn wirklich der LASK, Sturm und Rapid reinkommen, scheint Sturm die Nummer zwei zu sein. Aber man muss erstmal schauen, was passiert, wenn alle paar Tage ein Spiel ist. Wie gehen sie damit um, mal ein paar Leistungsträger zu schonen? Salzburg kann es sich leisten, ab und zu Junuzovic heraußen zu lassen. Aber was passiert bei Sturm, wenn einmal Jantscher draußen bleibt?"