Otar Kiteishvili an die Stange, William Böving staubt ab, das Stadion in Graz-Liebenau steht Kopf!
Gut eine halbe Stunde später traben die Spieler des SK Sturm Graz enttäuscht vom Feld, ihre Fans gehen ernüchtert nach Hause, Sporting Lissabon bejubelt noch einen 2:1-Sieg.
Es ist eine denkbar bittere Lektion, welche die Steirer zum Auftakt in die Gruppenphase der Europa League lernen mussten.
"Wir hätten das Spiel 1:0 gewinnen können. Uns hat eine Sekunde Konzentration gefehlt, dann kriegen wir ein einfaches Tor", beklagt Amadou Dante.
Über lange Zeit sehr viel richtig gemacht
Jon Gorenc Stankovic findet: "Es waren viele gute Dinge dabei. Wir haben gut verteidigt, kassieren jedoch aus zwei Unachtsamkeiten zwei Tore, die sehr unglücklich sind."
"Wir waren gut im Spiel. Es ist frustrierend, auf diese Art und Weise zu verlieren. Wir hätten zumindest einen Punkt verdient", unterstreicht Kiteishvili.
Zwei Unaufmerksamkeiten können auf internationalem Level letztlich zwei zu viel sein. Dies ist die unerfreuliche Erkenntnis, die für hängende Grazer Köpfe gesorgt hat.
"Es war wirklich bitter für uns. Die Spieler sind nach dem Spiel sehr enttäuscht gewesen, weil sie enorm viel investiert haben und wir über lange Zeit sehr viel richtig gemacht haben", betont Trainer Christian Ilzer.
Das Momentum
Es war keine furios anzusehende Leistung, die Sturm gebracht hat. Aber hätte der Cupsieger das 1:0 über die Zeit gebracht, hätte man wohl von einer cleveren, kaltschnäuzigen Darbietung und zusätzlicher internationaler Reife gesprochen.
In der ersten Halbzeit neutralisierten sich beide Teams, sorgten für ein chancenarmes Match.
Ilzers Ziel zur Pause, dass man nach eigenen Ballgewinnen eine bessere Positionierung braucht, um gefährlicher zu werden, wurde spätestens mit dem 1:0 erreicht.
Letztlich hat dieser Treffer jedoch das Momentum in eine andere Richtung als erhofft gedreht.
Ilzer: "Das wissen und spüren die Spieler"
"Unser Tor hat das Spiel verändert. Sporting ist postwendend zur Ausgleichschance gekommen. Es war eine wirklich heikle Phase, in der uns Kjell im Spiel gehalten hat", so Ilzer, der weiters meint:
"Ab der 70. Minute hatte ich das Gefühl, jetzt ist wirklich etwas drinnen und wir können das Spiel gewinnen. Dann bekommen wir aus zwei Unachtsamkeiten zwei Gegentore. Wirklich bitter, dass wir nach einem Spiel, in dem wir so viel investiert haben, mit leeren Händen da stehen."
"Das wären Dinge, die natürlich im Bereich des Möglichen sind. Wenn du das als Spieler merkst, dann ist der Frust groß."
Das Wissen, dass Sporting zu knacken gewesen wäre, macht es noch schwieriger, diese Niederlage zu verkraften.
"Am Ende sind es zwei Situationen gewesen, die wir besser verteidigen hätten können. Das wissen und spüren die Spieler."
Verkettung unglücklicher Umstände
Letztlich sei man nach dem 1:0 zu passiv gewesen, die notwendige Entlastung nach vorne habe gefehlt.
"Das wären Dinge, die natürlich im Bereich des Möglichen sind. Wenn du das als Spieler merkst, dann ist der Frust groß. Sie sind viel gelaufen, waren taktisch unglaublich diszipliniert. Dann schmerzt das am Ende."
Gerade das 1:1 war eine Verkettung unglücklicher umstände. In dieser Szene kann man auch den ansonsten überragenden Kjell Scherpen nicht von der Schuld freisprechen - seinem nach vorne abgewehrten Ball konnte David Affengruber nicht mehr ausweichen.
Ilzer vermied es, seinen Goalie für diese Szene zu kritisieren und nahm vielmehr in der Entstehung auch Alexander Prass beziehungsweise Stankovic in die Pflicht.
Doppelte Weltklasse-Parade von Scherpen
Gleichzeitig gilt es natürlich den Doppel-Save des Holländers zu erwähnen, den man getrost in die Kategorie Weltklasse einordnen kann. Schon im Salzburg-Match empfahl sich Scherpen laut Ilzer für eine Nationalmannschafts-Nominierung.
"In diesen beiden Spielen hat er einmal richtig etwas zu tun bekommen. Das ist für einen Tormann dann natürlich eine andere Möglichkeit, sich zu zeigen. Er hat in dieser Situation einfach großartig reagiert und uns in der einen oder anderen Situation vor einem Rückstand oder einem vorzeitigen Ausgleich bewahrt", so der Chefcoach.
Scherpen selbst stellt nach dem Schlusspfiff klar, dass er sich mangels Punkten von seiner erstaunlichen Doppel-Parade nichts kaufen könne.
Mitgespielt, aber es hat etwas gefehlt
In der jüngeren Vergangenheit konnte Sturm mit Rückschlägen meist sehr gut umgehen.
Insofern darf man gespannt sein, ob dies diesmal in der Liga gegen Rapid und danach im weiteren Verlauf der Gruppenphase erneut gelingt.
Vorerst regiert jedoch das Gefühl, gegen einen höher eingeschätzten Kontrahenten etwas liegen gelassen zu haben.
Stankovic: "Wir haben schon letztes Jahr gezeigt, dass wir auf diesem Niveau mitspielen können, wenn wir mit vollem Fokus da sind. Das haben wir auch heute gezeigt. Aber für drei Punkte hat etwas gefehlt. Ich bin sicher, wir lernen daraus."