Würde der Defensive des SK Rapid nach dem 1:2 bei Slovan Bratislava ein Zeugnis ausgestellt werden, würde sich der eine oder andere mit Sicherheit beim Nachsitzen wiederfinden.
Teilweise war es erschreckend, wie sich die grün-weiße Hintermannschaft gegen den slowakischen Tabellenführer vorführen ließ.
Einfache Fehler im Aufbauspiel, unglückliche Klärungsversuche wie jener von Boli Bolingoli, der zur Ecke vor dem 1:1 führte, und sinnbildlich das Eigentor von Neuzugang Mateo Barac ließen bisher oftmals im Verborgenen gebliebene Schwächen aufzeigen.
"Wir waren in der Defensive nicht immer stabil"
Von jener Kompaktheit, die im Vorfeld betont wurde und auch von Peter Hlinka gegenüber LAOLA1 für wichtig erachtet wurde, war auf dem Feld keine Spur.
Zweifelsohne zeigten die Hausherren eine gute Partie und sorgten vor allem durch ihre Außenbahnspieler immer wieder für Gefahr, doch Rapid ließ diese auch nach Belieben gewähren.
"Die Flügelzange mit Moha und Cavric hat uns richtig Probleme gemacht. Wir waren in der Defensive nicht immer stabil und da waren sie druckvoll und gefährlich", gibt Trainer Goran Djuricin zu.
Dabei wurden von ihm jene Mannen aufgeboten, die schon zuletzt vorrangig das Vertrauen bekamen, gegen die Admira nichts anbrennen ließen und gegen Altach nur beim 1:1 von Hannes Aigner unglücklich agierten.
Keine Umstellungen, aber defensiv nicht sattelfest
Marvin Potzmann, Mateo Barac und Boli Bolingoli waren bisher gesetzt, schon gegen Altach ersetzte Mario Sonnleitner den verletzten Max Hofmann in der Innenverteidigung. Davor sollten wie gewohnt Dejan Ljubicic und Stefan Schwab die Löcher stopfen – mit mäßigem Erfolg.
"Sonni hat jetzt gespielt, aber das ist jetzt nicht die Mega-Veränderung, er hat am Sonntag auch gespielt. Immer hat die Abstimmung nicht gestimmt, das stimmt leider", musste Rapids Chefcoach aber mehrmals betonen.
Vor allem Ljubicic wirkte in vielen Phasen der Partie orientierungslos, agierte zeitweise zu offensiv und kam nicht wie gewohnt in die Zweikämpfe. Von seinen Talentproben der vergangenen Saison war er weit entfernt.
Dadurch klaffte immer wieder eine große Lücke auf, sobald die Slowaken diese Linie überbrückt hatten und mit Tempo auf Rapids Viererkette zuliefen.
"Erwarte mir nicht Top-Leistungen von Ljubicic"
Sogar der sonst sehr ruhige Co-Trainer Thomas Hickersberger stellte Ljubicic Mitte der zweiten Hälfte bei einer Unterbrechung lautstark zur Rede – ein deutlicher Beweis, dass an diesem Abend gar nichts zusammenlief.
Djuricin nahm den erst 20-Jährigen aber in Schutz und überraschte mit einer Aussage zugleich: "Dejan hat die Hälfte der Vorbereitung nicht mitgemacht. Ich erwarte mir nicht diese Top-Leistungen von ihm. Man muss ihm da auch ein bisschen helfen, er muss reinkommen, er wird seine Zeit brauchen."
Keine Top-Leistungen? Trotzdem bekam der Youngster einmal mehr das Vertrauen. "Weil ich weiß, dass ich mich auf Dejan verlassen kann und dass er doch einer ist, der abräumt. Ich habe ihn jetzt nicht so schlecht gesehen und ich muss dem Spieler Vertrauen geben. Er war fast eine ganze Saison bei uns einer der besten Spieler. Dann möchte ich ihn nicht einfach so austauschen, weil es einfach nicht fair ist, weil er wirklich gefehlt hat."
Mit der Führung zum 1:0 hätte defensive Stabilität mit Sicherheit gut getan, doch immer wieder überranten Slovans Offensivspieler die Defensive der Wiener. Sogar der pfeilschnelle Bolingoli hatte immer wieder das Nachsehen, möglicherweise in seiner schwächsten Partie für die Hütteldorfer überhaupt.
Ungewohnte Fehleranfälligkeit war ansteckend
Dass ausgerechnet der Belgier mit einer missglückten Kopfballrückgabe auf Strebinger für den Eckball sorgte, den Bozikov unhaltbar einnickte – auch durch einen Stellungsfehler von Sonnleitner -, unterstrich den Tag zum Vergessen für den sonst meist überzeugenden Cousin von Romelu Lukaku.
Dazu kam, dass sich die sonst offensiv orientierten Außenverteidiger Potzmann und Bolingoli nach vorne hin überhaupt nicht entfalten konnten und mit der Defensivarbeit überfordert waren.
Und Mateo Barac? Der kroatische Neuzugang tat seinem Team mit dem Eigentor zum 1:2 einen Bärendienst, wirkte aber auch sonst fehleranfällig – sowohl im Zweikampfverhalten, Attackieren als auch mit dem Ball am Fuß.
Defensiv so geschwommen ist Rapid schon lange nicht mehr. Sonnleitner erklärt die Abstimmungsschwierigkeiten auch mit der Größenordnung des Gegners.
Erster Gradmesser für Abstimmungsprobleme verantwortlich?
Denn in der Liga wurden die Wiener heuer noch nicht sonderlich gefordert.
"Das war der erste Gradmesser. Nichts gegen Altach und Admira, aber die stellen sich hinten rein. Slovan war eine sehr offensive Mannschaft, natürlich ist nicht alles rund gelaufen. Die waren genauso nicht sattelfest. Die Umschaltsituationen haben wir nicht richtig ausgespielt."
Slovan hat definitiv Qualität gezeigt, doch auf Djuricin kommt nicht nur für das Rückspiel sondern auch die Bundesliga viel Arbeit zu.
Große Umstellungen sind aufgrund der Ausfälle von Christopher Dibon, Max Hofmann, Tamas Szanto und Co. nicht möglich. Deshalb muss das Defensiv-Konzept mit dem vorhandenen Personal in Zukunft deutlich besser greifen als in Bratislava.