Als Gruppenkopf kann man sich durchaus einen attraktiveren Gegner in der Europa League wünschen als Athletic Bilbao.
Einen größeren Namen, eine mit Stars gespickte Truppe – so wie es etwa RB Salzburg mit Schalke oder Austria Wien mit AS Roma erwischte.
"Natürlich schaue ich in Spanien am liebsten Real Madrid oder Barcelona – aber Bilbao zeigt auch immer wieder gegen die großen Vereine, dass sie richtig gut mithalten können", will Christopher Dibon gegenüber LAOLA1 den Gegner nicht unterschätzen.
"Das ist etwas Eigenes und sehr interessant"
Der SK Rapid tanzt hingegen zum Spitzenspiel im Baskenland an, dem Fünften der vergangenen La-Liga-Saison, der im letztjährigen EL-Viertelfinale an Sieger FC Sevilla scheiterte.
Bei einem Verein, der stets im Schatten von Real Madrid und dem FC Barcelona steht, der aber von seiner Tradition, der Klubphilosophie und den Spielern fast sogar mehr imponiert.
Zumindest ist im grün-weißen Lager durchaus Begeisterung für den kommenden Gegner wahrzunehmen, der im neuen Top-Stadion "San Mames Barria" bis zu 50.000 Fans beherbergt.
"Ich finde es richtig, richtig cool, dass sie mit lauter Basken spielen. Das ist etwas Eigenes und sehr interessant. Ich glaube, das gibt es nur einmal auf der Welt. Deshalb freut es mich, dass wir gegen die Mannschaft mal spielen und es auch miterleben dürfen, wie die dort sind. Aber, auch wenn es „nur“ Basken sind, ist es eine richtig gute Mannschaft, die sich Jahr für Jahr in einer der besten Ligen der Welt richtig gut schlägt", setzt Dibon fort.
Bilbao als gefundenes Fressen für Fußball-Romantiker
Für den selbsternannten Fußball-Romantiker Mike Büskens ist diese Philosophie ein gefundenes Fressen. Nur auf Spieler aus der eigenen Region, wo nur rund drei Millionen Einwohner zur Auswahl stehen, zu setzen und den eigenen Nachwuchs zu forcieren, trifft beim Chefbetreuer auf viel Zuspruch.
Büskens und Müller drücken Schalke gegen RB Salzburg die Daumen:
(Text wird unter dem VIDEO fortgesetzt)
Schließlich handelt es sich um einen Klub, der trotz vorhandener finanzieller Mittel nicht von seinen Statuten abrückt - auch wenn dadurch der Erfolg manchmal auf der Strecke bleibt.
"Das ist eine jahrzehntelange Entwicklung, auf die sich jeder über Jahre einstellen kann. Sie hatten auch schon Franzosen baskischer Herkunft, aber grundsätzlich finde ich das toll. Sie waren auch einer der letzten Vereine, der sich dazu entschlossen hat, nicht mehr auf die Trikotwerbung zu verzichten. Sie haben sich dann vor ein paar Jahren aber auch einen gesucht", ist der 48-jährige Deutsche gut informiert.
Gleichtzeitig offenbart dies jedoch auch, dass selbst ein Verein dieser Kategorie trotz aller Ideale und Wertvorstellungen mit der Zeit gehen muss.
Trotz riesengroßer Identifikation wird mit der Zeit gegangen
Das habe man nicht nur durch das Dulden eines Trikotsponsors gemerkt, sondern auch durch die Aufweichung und immer wieder auftauchende Diskussion, von der Vereins-Linie abzuweichen.
"Wir sehen dadurch, dass diese Vereine auch manchmal ein Stück weit ihre Tradition verlassen müssen, um mitzugehen und mit der Entwicklung Schritt halten zu können. Aber grundsätzlich finde ich das toll. Die Atmosphäre wird super, die Identifkation - dadurch bedingt - wird unglaublich groß sein. Das gefällt mir", holt Büskens aus.
Gewisse Eigenschaften Bilbaos erinnern an Rapid, speziell in Bezug auf Tradition und das oftmalige Unverständnis Außenstehender, dass man irgendwann einfach nicht mehr auf lukrative Einnahmequellen verzichten kann, wenn man international mithalten will.
Aber die Begeisterung für den baskischen Vorzeigeklub kennt auch bei den Hütteldorfern Grenzen. Schließlich geht es darum, auch im Norden Spaniens eine gute Figur zu machen.
Wie ist der angeschlagene Boxer verwundbar?
Viel Ballbesitz, individuelle Klasse und schnelles, aggressives Angreifen sind jene Eigenschaften, die fast jeder Spieler in Bezug auf Bilbao nennt.
"Bilbao ist klarer Favorit, es wird richtig schwer für uns. Wir brauchen uns aber nicht verstecken. Es ist uns oft zugutegekommen, wenn der Gegner attackiert, höher steht und wir vielleicht dann mehr Platz in der gegnerischen Hälfte haben", glaubt Louis Schaub an eine Chance.
Beim Matchplan muss Büskens beachten, dass die Basken bisher in der Primera Division und in der Europa League unterschiedliches Personal aufboten. Ob sie das erneut riskieren, bleibt aufgrund der Erstrunden-Niederlage gegen Sassuolo abzuwarten.
Deshalb meint Kapitän Stefan Schwab: "Es liegt an uns, clever zu spielen. Sie haben ein bisschen Druck. Ich hoffe, dass sie es zu offensiv anlegen, dass wir die eine oder andere Konterchance kriegen und die nützen.
"Wir können auch kicken"
Der Plan scheint klar. Die wohl turbulente Anfangsphase überstehen, kein frühes Gegentor kassieren und durch eine funktionierende Defensive selbst Möglichkeiten nach vorne vorzufinden.
"Wir müssen das Spiel von unserem Tor weghalten, werden aber wohl nicht viel Ballbesitz in der eigenen Hälfte haben, sondern müssen Ballbesitz weiter vorne haben. Wir werden hohen Druck ausüben. Wir können auch kicken, dürfen uns aber keine dummen Ballverluste leisten, weil sie sehr viel Qualität besitzen und jeden dummen Fehler bitter bestrafen werden. Wenn wir nach vorne kommen, ist sicher etwas drinnen."
Somit heißt die Devise, die Dibon stellvertretend für die Mannschaft ausgibt: "Wir haben großen Respekt. Wir fahren aber nicht hin, um uns schon vorher geschlagen zu geben."
Dass ein ganz schwerer Brocken wartet, will trotzdem keiner abstreiten. Auch nicht, dass Bilbaos Konzept begeistert. Das will man sich aber 90 Minuten lang nicht anmerken lassen.
Aus Bilbao berichtet Alexander Karper