Es ist noch gar nicht so lange her, da herrschte im Spaniens Nationalmannschaft Chaos.
Im Herbst 2022 tobte ein Machtkampf zwischen Spielerinnen und Trainer Jorge Vilda. 15 Akteurinnen hatten angekündigt, nicht mehr spielen zu wollen, und ihren vorläufigen Rücktritt erklärt.
Drei von ihnen ruderten in der Folge zurück, wie etwa Topstar Aitana Bonmati, die letztlich zur besten Spielerin der WM-Endrunde gewählt wurde. Trotzdem fehlten Spanien bei der WM etwa mit Torfrau Sandra Panos, Mittelfeldspielerin Patri Guijarro, Abwehr-Ass Maria Leon und Stürmerin Claudia Pina ein starkes Barcelona-Quartett.
Trotz aller Umstände dürfen sich die Spanierinnen nun sensationell Weltmeisterinnen nennen - zum ersten Mal in der Geschichte.
"La Roja" feiert am Sonntag in Sydney einen verdienten 1:0-Finalerfolg gegen Europameister England und besteigt als erstes europäisches Team seit Deutschland 2007 den WM-Thron. Spanien ist nach dem Titelgewinn neben Deutschland auch die einzige Nation, die sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern (2010) Weltmeister wurde.
"Das ist das schönste Gefühl meines Lebens"
"Ich hätte mir nie vorstellen können, dass es passiert, aber wir sind jetzt Weltmeisterinnen. Das ist das schönste Gefühl meines Lebens", findet Jennifer Hermoso kaum Worte. Sie scheiterte in der 70. Minute vom Elfmeterpunkt.
Zuvor war es Kapitänin Olga Carmona, die Spanien letztlich mit ihrem Goldtor (29.) zum Titel schoss. "Es war eine sehr harte Partie. Wir haben gewusst, dass es sehr kompliziert wird. England hat uns das Leben sehr, sehr schwer gemacht. Aber wir haben nie aufgegeben und immer weiter gemacht. Mir fehlen jetzt die Worte, ich weiß nicht, was ich sagen soll."
Von fehlender Harmonie bei den Spanierinnen war trotz des Aufstandes im Herbst während der WM-Endrunde kaum eine Spur, "La Roja" glänzte auf dem Platz mit erfrischendem Fußball. Nun folgte die Krönung.
"Es ist schwierig, das zu beschreiben, eine riesige Freude. Ich bin wahnsinnig stolz auf dieses Team. Wir haben gezeigt, dass wir auch kämpfen können, leidensfähig sind. Wir haben an uns geglaubt und sind Weltmeister", jubelt Teamchef Jorge Vilda. Der 42-Jährige ist schon seit 2015 im Amt und hatte dabei auch das Viertelfinal-Out bei der EM 2017 gegen die ÖFB-Auswahl miterlebt.
Weltmeisterinnen kassieren über eine halbe Million Euro
Die frischgebackenen Weltmeisterinnen werden nach ihrem Endspiel-Triumph jeweils über eine halbe Million Euro an Prämien kassieren.
Das Team von Jorge Vilda profitiert nicht nur von der Regelung des Weltverbandes FIFA, die den Titelgewinnerinnen jeweils 270.000 US-Dollar (rund 248.000 Euro) garantiert. Der spanische Verband hat sich übereinstimmenden Medienberichten zufolge mit der Auswahl zuvor auf zusätzliche Zahlungen verständigt.
Diese betragen demnach nach dem Finalsieg gegen England 300.000 Euro pro Person. Als Turnier-Zweiter hätte die Auswahl um Weltfußballerin Alexia Putellas jeweils zusätzlich 160.000 Euro bekommen. Insgesamt erhalten die spanischen Frauen pro Kopf mehr als es die Männer bei einem WM-Triumph in Katar getan hätten - 400.000 Euro wären das gewesen.
Bei Englands Auswahl um Kapitänin Millie Bright ist die finanzielle Situation nach ihrer bisher besten Platzierung bei einer WM noch unklar: Verhandlungen mit dem nationalen Verband FA waren kurz vor der WM unterbrochen worden.
Die FIFA hatte Anfang Juni angekündigt, dass alle Zahlungen über die 32 nationalen Verbände abgewickelt werden. Für die Vize-Weltmeisterinnen aus England gibt es aus dem Topf des Weltverbandes jeweils 195.000 US-Dollar (180.000 Euro). Die Schwedinnen erhalten als Dritte 180.000 US-Dollar (165.000 Euro).
Auf die Forderungen, das Preisgeld für die Spielerinnen auf das Niveau der Männer-WM zu heben, war FIFA-Präsident Gianni Infantino am Freitag nur am Rande eingegangen. Bei der WM der Frauen lagen die Prämien bei 110 Millionen US-Dollar, bei der Männer-WM in Katar 2022 waren 440 Millionen US-Dollar ausgeschüttet worden. Im März hatte Infantino angekündigt, die Preisgelder zur WM 2027 anzugleichen.