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Das Comeback der Löwen von Teranga

Senegal ist erstmals seit dem fulminanten WM-Debüt wieder dabei.

Das Comeback der Löwen von Teranga Foto: © getty

Es ist der 31. Mai 2002, kurz nach 21 Uhr. Im ausverkauften WM-Stadion von Seoul läuft das Eröffnungsspiel der Fußball-WM 2002 zwischen dem amtierenden Weltmeister aus Frankreich und Debütant Senegal.

El Hadji Diouf weicht einer Grätsche von Frank Leboeuf auf der linken Flanke aus und macht sich auf den Weg Richtung Strafraumzentrum. Weltmeister-Torhüter Fabien Barthez positioniert sich an der Stange. Just in diesem Moment sieht Diouf den in den Strafraum laufenden Papa Bouba Diop und spielt einen Pass, der von Kapitän Marcel Desailly leicht abgefälscht wird.

Diop wird von Emmanuel Petit verfolgt, welcher Barthez durch die leichte Wendung des Balles anschießt. Das Spielgerät rollt zu Diop, der auf dem Boden liegend ins leere Tor einschießen kann.

Es sollte der Siegtreffer für den Senegal sein, der den amtierenden Weltmeister unerwartet bezwingen kann. Der Beginn einer WM-Sensation, die 16 Jahre später wiederholt werden soll.

Kurioser "Elfmeter" auf dem Weg nach Russland

15 Jahre später, am 10. November 2017, steht der Senegal kurz vor der zweiten WM-Teilnahme in der Geschichte des westafrikanischen Staates, der ersten nach 2002. Die "Löwen von Teranga" treten in der Qualifikation erneut auswärts in Südafrika an. Fast auf den Tag genau ein Jahr zuvor standen sich beide Mannschaften zum ersten Mal in Polokwane gegenüber.

Südafrika gewann im Jahr 2016 mit 2:1. Das Ergebnis wurde aber annulliert, da Schiedsrichter Joseph Lamptey vier Monate nach dem Spiel von der FIFA wegen Manipulation gesperrt wurde. Der Ghanaer gab beim Stand von 0:0 einen Handelfmeter, der eindeutig seiner Fantasie entsprungen war.

Die Neuaustragung gewann der Senegal mit 2:0 und qualifizierte sich so für die WM 2018. Die heutigen WM-Helden haben wenig mit denen von 2002 zu tun. Kalidou Koulibaly, Salif Sané, Sadio Mané und Co. schicken sich an, die Generation rund um El Hadji Diouf, Henri Camara, und Salif Diao abzulösen.

Letzterer spielt am 6. Juni 2002 im Gruppenspiel gegen Dänemark eine tragende Rolle. Der Mittelfeldspieler, der kurz vor der Weltmeisterschaft zum FC Liverpool wechselte, erzielte in der 52. Minute nach einem Konter den 1:1-Ausgleich gegen die Skandinavier. In der 80. Minute sah der Senegalese die Rote Karte nach einem Tritt gegen das Bein von Rene Henriksen. Dänemark konnte kein Kapital aus der Überzahl schlagen, der Senegal entgeht weiterhin der ersten WM-Niederlage.

Jubel nach dem Ausgleich gegen Dänemark.
Foto: © getty

Der letzte Spieltag der Gruppe A war an Spannung nicht zu überbieten. Dänemark führte die Gruppe dank eines 2:1-Sieges gegen Uruguay mit vier Punkten an. Punktgleich dahinter lag der Senegal. Mit jeweils einem Zähler hatten die "Urus" und Weltmeister Frankreich die schlechtesten Karten im Kampf um das Achtelfinale.

Schon nach 38 Minuten schien es klare Verhältnisse zu geben. In Incheon führte Dänemark gegen Frankreich durch einen Treffer von Dennis Rommedahl mit 1:0. In Suwon schnürte Papa Bouba Diop gerade seinen Doppelpack. Seine beiden Treffer und das Elfmeter-Tor von Khalidou Fadiga, das Diop mit einer rotzfrechen Schwalbe einleiten konnte, brachten den Afrikanern eine 3:0-Pausenführung gegen Uruguay ein.

Nur eine Minute nach Wiederanpfiff erzielte Richard Morales den Anschlusstreffer. Während die Südamerikaner versuchten, die Defensive der Senegalesen zu knacken, fiel in Incheon das 2:0 für Dänemark. Jon Dahl Tomasson versetzte Frankreich den Gnadenstoß. Die "Equipe Tricolore" fuhr ohne Torerfolg zurück in die Heimat.

Während sich die Franzosen mit ihrem Schicksal abfinden mussten, fiel in Suwon das 2:3. Der eingewechselte Diego Forlan erzielte mit einem spektakulären Volley bei seinem WM-Debüt gleich sein erstes Tor. Sein großer WM-Auftritt soll acht Jahre später in Südafrika stattfinden. Kurz vor Schluss bekam auch Uruguay einen zweifelhaften Strafstoß zugesprochen, den Alvaro Recoba verwandelte.

Nun war, zwei Minuten vor Ende der regulären Spielzeit, wieder alles offen. Ein Tor fehlte Uruguay zum Aufstieg. Der Senegal brachte das 3:3 aber über die Zeit und konnte sich bei seinem WM-Debüt gleich über den Aufstieg ins Achtelfinale freuen.

Kapitän Cisse als Coach zur WM

16 Jahre später wäre ein Weiterkommen keine so große Sensation mehr. Spieler wie der Ex-Salzburger Sadio Mane, Kalidou Koulibaly, Idrissa Gueye oder Salif Sane spielen allesamt bei Top-Vereinen in Europa. Kapitän Cheikhou Kouyate ist Teamkollege von Marko Arnautovic bei West Ham United. Moussa Konate schaffte mit Amiens in der ersten Ligue-1-Saison der Nordfranzosen gleich den Klassenerhalt.

Lediglich Ersatz-Torhüter Khadim N’Diaye verdient sein Geld nicht in Europa. Moussa Sow, der eigentlich Shabab Al-Ahli Dubai gehört, spielte in der abgelaufenen Saison für Bursaspor in der Türkei.

Die zugeloste Gruppe dürfte ebenfalls kein Nachteil sein. Die Afrikaner messen sich in Russland mit Polen (heute, ab 17 Uhr im LIVE-Ticker), Japan (24.6.) und Kolumbien (28.6.).

Trainer Aliou Cisse kann aus dem Vollen schöpfen, Verletzte muss der 42-Jährige keine beklagen. Der ehemalige Mittelfeldspieler führte sein Land 2002 als Kapitän auf den Platz, so auch im Achtelfinal-Spiel gegen Schweden.

Diop und Co. nach dem Ausgleich gegen Schweden.
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Die Europäer konnten die "Todesgruppe" F sensationell vor England, Argentinien und Nigeria gewinnen. Fünf Punkte reichten der Mannschaft rund um Henrik Larsson für den Gruppensieg. Der Celtic-Stürmer erzielte zwei der vier Treffer in der Gruppenphase für die Skandinavier. England holte sich den zweiten Platz in der Gruppe F. Gabriel Batistuta und Jay-Jay Okocha mussten mit ihren jeweiligen Teams schon früh nach Hause fahren.

Henrik Larsson war es auch, der Schweden im Achtelfinal-Duell mit dem Senegal, nach einem Kopfball in Minute 11 in Führung brachte. Noch vor der Pause erzielte Henri Camara sein erstes Tor bei einer WM und damit verbunden den Ausgleich. Dies waren die einzigen beiden Tore in der regulären Spielzeit, es ging also in die Verlängerung. Ältere Semester werden sich daran erinnern, dass es bei den Weltmeisterschaften 1998 und 2002 in der K.o.-Phase das "Golden Goal" nach 90 Minuten gab. Die Mannschaft, die in der Verlängerung das erste Tor erzielt, gewinnt.

Pape Thiaw läuft mit dem Ball in der 104. Minute im Strafraum der Schweden umher. Camara positioniert sich hinter dem Stürmer, der kurzerhand die Ferse auspackt, um das Leder zu seinem Sturmpartner zu bugsieren.

Camara enteilt darauf Mattias Jonson, der fünf Minuten vorher ins Spiel gekommen war, und lässt Kapitän Johan Mjällby eiskalt stehen. Der Schuss von der Strafraumkante findet durch freundliche Unterstützung der linken Stange den Weg ins Tor. 2:1 für den Senegal, der dadurch den Einzug ins Viertelfinale fixiert.



Sensationsteam schaltet Sensationsteam aus

Die Mannschaft des Franzosen Bruno Metsu erarbeitete sich schon zu diesem Zeitpunkt Heldenstatus in der Heimat. Doch die Arbeit in Japan und Südkorea war noch nicht getan. Im Viertelfinale wartete die Türkei auf die "Löwen von Teranga".

Das Team von Serol Günes schloss Gruppe C auf Platz zwei hinter Brasilien, vor Costa Rica und China ab. Im Achtelfinale wurde Gastgeber Japan mit 0:1 in die Knie gezwungen. Im Halbfinale würde Brasilien auf die Türkei oder den Senegal warten. Rivaldo und Ronaldinho schickten England mit jeweils einem Treffer nach Hause.

So wie das Achtelfinal-Spiel der Senegalesen, endete auch das Viertelfinale nach 90 Minuten unentschieden, allerdings torlos. Doch dieses Mal ist das "Golden Goal" nicht auf der Seite der Afrikaner. Ilhan Mansiz schließt einen schnellen Angriff, der durch einen Auswurf von Torhüter Rüstü Recber eingeleitet wird, mit dem Siegtreffer ab. Die Türkei steht im Halbfinale, wird mit Platz drei das beste Ergebnis der eigenen WM-Geschichte feiern. Der Senegal muss die Heimreise antreten.

Der Senegal hat sich in Japan und Südkorea in die Herzen der Zuseher gespielt. Das damalige Staatsoberhaupt Abdoulaye Wade erließ einen Nationalfeiertag. In der offiziellen Tabelle nahmen die Westafrikaner Platz sieben ein. El Hadji Diouf wurde die Ehre zuteil, ins All-Star-Team des Turniers mit Größen wie Oliver Kahn, Roberto Carlos, Ronaldinho, Ronaldo und Miroslav Klose aufgenommen zu werden.

Der Vater des Erfolgs von 2002: Bruno Metsu.
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Die spätere Karriere des Offensiv-Künstlers verläuft turbulent. Vor allem in England erarbeitet sich Diouf den Ruf eines Rüpels. 2015 beendete er in Malaysia seine Karriere.

Kapitän Cisse wechselte nach der WM von Montpellier zu Birmingham City. Nach seinem Karriereende stieg der Mittelfeldspieler ins Trainergeschäft ein und betreute die U23 Senegals, bevor er 2015 das A-Team übernahm und zur WM in Russland führte. Torhüter Tony Silva ist heute als Tormanntrainer der Nationalmannschaft tätig.

Bruno Metsu, der den Senegal als Teamchef ins Viertelfinale führte, verließ seinen Posten noch im selben Jahr nach Differenzen mit dem Verband. Der Franzose war danach acht Jahre bei verschiedensten Stationen auf der arabischen Halbinsel tätig. 2013 erlag der damals 59-Jährige einem Krebsleiden. Metsu blieb trotz seines Abgangs Nationalheld im Senegal, wurde dort auch begraben.

Nun liegt es an Aliou Cisse und seinem Trainerteam den Geist von 2002 an seine Schützlinge weiterzugeben und sich im kleinen Staat in Westafrika unsterblich zu machen.


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