14 Partien, 12 Siege, 2 Unentschieden und ein Torverhältnis von 84:3: Die bisherige Amtszeit von Sarina Wiegman als Teamchefin des englischen Frauen-Nationalteams kann sich sehen lassen.
Ab Mittwoch zählt das alles aber nichts mehr, da geht es nur noch darum, erstmals überhaupt den EM-Titel für das "Mutterland des Fußballs" zu holen.
Wiegman weiß, wie das geht, hat sie doch die Niederländerinnen bei der Heim-EM 2017 auch auf dem Weg zum Titelgewinn gecoacht.
Das brachte ihr damals auch die Auszeichnung Welttrainerin des Jahres 2017 ein. Zwei Jahre später führte sie die "Oranje Leeuwinnen" auch noch ins WM-Finale, wo in Lyon die USA bei einem 2:0-Sieg zu stark waren.
Auch deshalb gilt sie nicht zu Unrecht als eine der besten Trainerinnen im Frauenfußball. Im September 2021 erklomm die 52-jährige Niederländerin mit dem Wechsel zum englischen Team die nächste Stufe der Karriereleiter.
Die Erwartungen, die in die Nachfolgerin von Phil Neville gesetzt werden, sind hoch. Im dritten Finale der Verbands-Geschichte nach 1984 und 2009 soll endlich der erste große Erfolg gefeiert werden.
Alle Pflichtspiele bislang siegreich bestritten
"Es gibt viele Favoriten bei der EM, wir sind nur einer davon. Wir haben eine gute Ausgangsposition, werden aber am Boden bleiben und nicht abheben", sagt Wiegman. Als erste Hürden müssen Österreich (6. Juli), Norwegen (11. Juli) und Nordirland (15. Juli) überwunden werden.
Die ÖFB-Auswahl (1:0) und die Nordirinnen (4:0 und 5:0) wurden auch schon in der noch laufenden WM-Quali bezwungen. In diesem Bewerb halten die "Lionesses" nach acht Partien beim Punktemaximum und haben auch noch keinen Gegentreffer kassiert.
Keinen Sieg gab es unter der neuen Teamchefin nur auf Testebene beim hochkarätig besetzten Arnold Clark Cup, wo es im Februar gegen Kanada und Spanien Unentschieden gab.
Fuhrmann lobt Englands Entscheidung
Österreichs Teamchefin Irene Fuhrmann bezeichnet die Installierung von Wiegman als "klugen Schachzug" und "wichtigen Baustein", um beim Heimturnier reüssieren zu können.
"Sie haben eine Trainerin geholt, die genau dieselbe Situation schon einmal gehabt hat, als Trainerin einer Nation eine Heim-EURO zu spielen. Das musst du schon auch als Persönlichkeit einmal verputzen und managen. Das finde ich einen richtig coolen Schritt von England", sagt die 41-jährige Wienerin.
Doch nicht nur als Trainerin hat sich Wiegman einen Namen gemacht, zuvor hat sie auch als Mittelfeldspielerin Akzente setzen können. Sie avancierte zur ersten Niederländerin, die die 100-Länderspielmarke erreichte, am Ende waren es 2001 für die langjährige Kapitänin 104 Partien.
Danach setzte sie sich stark dafür ein, die Entwicklung des Frauenfußballs in ihrer Heimat voranzutreiben. Bei ihrem früheren Club Ter Leede stieg sie mit dem Double-Gewinn erfolgreich ins Klubtrainer-Geschäft ein - noch als Teilzeitkraft.
Niederländische Pionierin im Männerbereich
Es folgte der Wechsel zu Den Haag und damit das erste Vollzeit-Engagement, bei dem 2012 ebenfalls Meistertitel und Cupsieg herausschauten.
Dem niederländischen Verband (KNVB) blieben die Erfolge nicht verborgen, 2014 stieg sie als Assistentin im Nationalteam ein, es folgten auch kurze Amtszeiten als Interimstrainerin, ehe sie ab Anfang 2017 endlich ganz vorne stehen durfte.
Zu diesem Zeitpunkt war sie bereits im Besitz des UEFA-Pro-Lizenz-Scheins, die Ausbildung hatte sie 2016 als erst dritte niederländische Frau abgeschlossen. Danach arbeitete sie auch als erste Frau in ihrer Heimat im Männerbereich mit, als Assistenztrainerin bei Sparta Rotterdam.