Österreichs erste Fußball-EM-Torschützin wird sie ewig bleiben, ÖFB-Rekordtorschützin hingegen wohl nicht mehr sehr lange.
Nina Burger ist dieser Tage deutlich mehr im Stress als etwa noch 2017 bei der Endrunde als Stürmerin im ÖFB-Kader. "Nur als Spielerin dabei zu sein, das hat schon was, wenn man sich das im Nachhinein anschaut", sagt Burger. Mit ihrer Tätigkeit als Sportlicher Leiterin bei Frauen-Bundesligist Vienna und der EM-Expertenrolle beim ORF ist sie ausgelastet.
Schon beim Auftakt-0:1 im Old Trafford Stadium gegen Gastgeber England fieberte die 34-Jährige im Stadion mit. "Es wäre sicher cool gewesen, hätte ich es in meiner Zeit erlebt, es ist aber nicht so, dass ich etwas bereue. Es fühlt sich noch immer gut an, damals die Entscheidung getroffen zu haben, aufzuhören", verlautet Burger im APA-Gespräch. Am 9. April 2019 war ihre ÖFB-Teamkarriere mit einem Test-0:2 gegen Schweden und nach 109 Länderspielen zu Ende gegangen.
Danach ließ sie ihre Klub-Karriere bei Neulengbach und der Vienna ausklingen. Seit Sommer 2020 werkt sie bei den Döblingern auch hauptberuflich in der Rolle als Sportchefin, hat sich dafür beim Innenministerium, wo sie eine Planstelle hat, karenzieren lassen.
"Habe mich gut eingefunden"
"Ich habe mich in der Rolle nach der Profi-Karriere schon sehr gut eingefunden, es macht mir großen Spaß", betont Burger. Aufgrund vieler Aufgaben bei der Vienna sind nur tageweise Reisen zur EM möglich. "Vorbereitung, Transfers, es gilt einiges zu erledigen", so Burger.
Am Montagabend ist ihre Expertise am Spielfeldrand des St. Mary's Stadium von Southampton im zweiten Gruppenspiel gegen Nordirland (Ab 18 Uhr live im Ticker >>>) gefragt. "Ich traue dem Team bei der EM einiges zu, weil im Sport alles möglich ist", meint die Ex-Stürmerin.
Erfolge in der zweiten Partie und auch zum Abschluss gegen Norwegen am Freitag in Brighton - sie wird da für den ORF in Wien als Expertin tätig sein - wären auch in ihrem Interesse. "Ich bin jetzt quasi als Fan dabei und unterstütze weiter das Team", gibt die Niederösterreicherin Einblick.
Das Verhältnis zu den ehemaligen Teamspielerinnen sowie Coaches sei weiterhin ein sehr gutes. "Alles was wir erlebt haben, hat uns extrem zusammengeschweißt, und das fühle ich immer noch, dass wir eine gewisse Gemeinschaft sind", erläutert Burger.
Die Erinnerungen an 2017, als bei der ÖFB-EM-Premiere sensationell erst im Halbfinale Endstation war, seien bei ihr noch immer so ziemlich alle da. "Es ist nicht so, dass ich jeden Tag dran denke, aber ich freue mich immer, wenn man darüber spricht. Es ist für mich so, als wäre es noch nicht fünf Jahre her, sondern kürzer."
Billa sitzt bereits im Nacken
Mit 53 Toren ist Burger noch Österreichs Nummer eins, Nicole Billa hat sich mit 43 Treffern aber in Lauerstellung begeben. "Ich schätze einmal, dass es nächstes Jahr dahin ist. Das ist auch gut so, dann hat die Nici viele Tore geschossen und Österreich zu Erfolgen mitgeführt, dann passt das auch so. Für mich selber ändert sich nichts. Ich freue mich, dass ich es auf so viele Spiele und Tore für Österreich gebracht habe."
Zu ihrer Zeit war noch Dominik Thalhammer im Amt. Seit Ende Juli 2020 hat Irene Fuhrmann das Sagen.
"Irene hat auf dem aufgebaut, was der Dominik erschaffen hat. Wir sind im Ballbesitz definitiv stärker geworden, haben in der Chancenerarbeitung und -verwertung in den letzten Jahren noch einmal zugelegt und sind was den Kader betrifft breiter geworden, was vor allem für die Zukunft wichtig ist", analysiert Burger.
Burger nimmt Top-Klubs in die Pflicht
Für die Zukunft erhofft sie sich einen Frauenfußball-Boom. Im Gegensatz zu 2017 soll der Schwung von der EM mitgenommen werden. "Diesmal ist es so, dass der ÖFB darauf vorbereitet ist und medial auch gemeinsam mit dem ORF sehr viel bringt. Es ist wichtig, dass man Aufmerksamkeit schafft, um mehr Mädchen zu begeistern", ist sich Burger bewusst.
Helfen könnte auch, wenn Großklubs wie Salzburg oder Rapid tragende Rollen auch im Frauen-Oberhaus haben würden. "Es braucht eine gewisse Struktur. Am Finanziellen kann es aber nicht liegen, dass große namhafte Vereine nicht genug Ressourcen dafür haben", so Burger.
Die Vienna leistet sich eine Frauenabteilung und hat in der Premierensaison "oben" Platz vier belegt. "Top Drei ist nächstes Jahr das Ziel, das wäre super", gibt Burger die Marschroute vor. Viel Geld zu verdienen gibt es für die Spielerinnen in der Bundesliga noch nicht.
"Es ist großteils noch immer im Bereich von einer Aufwandsentschädigung." Auch aufgrund der Inflation müsse sich da in Zukunft etwas tun. "Ich bin mir sicher, dass der österreichische Frauenfußball in drei Jahren komplett noch einmal woanders spielt, dass wir da bis dahin einen Riesensprung machen", blickt Burger optimistisch nach vorne.