Österreich gegen Deutschland!
Das Nachbarschafts-Duell ist immer etwas Besonderes, vor allem im Fußball, und im Frauen-Fußball erst recht.
Erst zwei Mal standen sich die ÖFB- und DFB-Frauen bisher gegenüber, das Aufeinandertreffen in Brentford am Donnerstag (21 Uhr im LIVE-Ticker) ist sogar das erste Pflichtspiel der beiden Nationen.
Eigentlich hätte dieses Duell schon bei der EM 2017 in der Niederlanden stattfinden sollen, doch im Gegensatz zu den Österreicherinnen erlebten die DFB-Frauen damals eine negative Überraschung und scheiterten im Viertelfinale an Dänemark.
Nun kommt es mit fünf Jahren Verspätung zum Showdown zwischen Österreich und Deutschland.
LAOLA1 hat die wichtigsten Fragen und Antworten zum EURO-Kracher:
Warum ist das Duell so besonders?
"Für viele von uns, von mir auch, war Deutschland ein Wunschgegner, einfach weil das dieser Klischee-Wettkampf Österreich gegen Deutschland ist und das war schon immer etwas Besonderes", bringt ÖFB-Verteidigerin Marina Georgieva den gewissen Reiz der Begegnung auf den Punkt.
Man kann das Viertelfinale zudem gut und gerne als "Duell vieler Freundinnen" bezeichnen.
Auf Seiten der Österreicherinnen können am Donnerstag 14 Akteurinnen zum Einsatz kommen, die aktuell bei Teams in Deutschlands erster Liga unter Vertrag stehen. Hinzu kommen Spielerinnen wie die bis Sommer bei den Bayern tätig gewesene Carina Wenninger, oder auch Manuela Zinsberger, Viktoria Schnaderbeck und Laura Wienroither, die allesamt in der Vergangenheit in Österreichs Nachbarland Erfahrungen gesammelt haben. ÖFB-Kader im Überblick >>>
Deutschlands Nationalteam besteht fast ausschließlich aus Spielerinnen, die in der deutschen Bundesliga tätig sind. 20 aus 23 lautet die Formel, nur Lyon-Mittelfeldspielerin Sara Däbritz und die beiden Ersatz-Torfrauen Ann-Katrin Berger und Almuth Schult, Mutter von Zwillingen, spielen woanders.
"Ob Mitspielerinnen beim Klub oder nicht, es zählt für uns nur, dass wir ins Halbfinale einziehen wollen", stellt Deutschlands Sara Doorsoun klar.
Auch Sarah Zadrazil betont, dass die Freundschaft im Viertelfinale für mindestens 90 Minuten ruhen wird: "Am Donnerstag heißt es 'Krieg von beiden Seiten'!"
Was zeichnet die beiden Teams aus?
Beide Teams konnten im bisherigen Turnierverlauf mit einer extrem starken Defensive glänzen.
Österreich sicherte sich mit drei Treffern und nur einem Gegentor im Eröffnungsspiel gegen England den zweiten Platz in Gruppe A. Deutschland holte sich den Sieg in Gruppe B mit drei vollen Erfolgen und einem Torverhältnis von 9:0.
Die ÖFB-Elf überzeugte vor allem im Spiel gegen Norwegen mit starkem Pressing und Aggressivität. Die Mannschaft von Irene Fuhrmann spielt mutig und verteidigt im Kollektiv.
Letzteres ist wie beim Sommermärchen 2017 der große Trumpf der Österreicherinnen. "Es ist keine Spielerin dabei, wo man sagt, die performt extrem über ihrem Niveau, sondern wir performen als Team unglaublich gut", sagt Sarah Zadrazil.
Das lässt auch Torfrau Manuela Zinsberger positiv auf das erste Pflichtspielduell mit dem großen Nachbarn blicken. "Wenn wir so eine Performance wie zuletzt abliefern, wird es definitiv nicht einfach für Deutschland. Wir haben gezeigt, dass wir nicht die Weltstars im Team brauchen, jede Spielerin lässt das letzte Hemd am Platz", so die Arsenal-Legionärin.
Österreich ist das laufstärkste Team bei diesem Turnier. Die ÖFB-Kickerinnen legten insgesamt 344 km in den bisherigen drei Partien zurück. "Wir müssen laufen und kämpfen bis zum Umfallen", weiß Carina Wenninger vor dem DFB-Duell.
Deutschland nicht mit der "besten" Elf erfolgreich
Auch Deutschland hat ein starkes Kollektiv. Während der makellosen Gruppenphase hat die Mannschaft von Teamchefin Martina Voss-Tecklenburg bewiesen, dass es nicht die "beste" Elf braucht, um starke Leistungen zu zeigen.
"Man hat gesehen, dass die Mannschaft unglaublich gut funktioniert, auch Spielerinnen, die von der Bank kommen hinter einem stehen. Es macht unfassbar Spaß mit so einem Spirit und Teamgeist aufzulaufen", sagt Stürmerin Alexandra Popp.
Das DFB-Team überzeugt bislang mit gutem Fußball, aber auch kämpferisch. Das schlägt sich auch in der Foul-Statistik wieder: 36 Mal beging Deutschland in der Gruppenphase ein Foul - öfter als jedes andere Team.
Auch die Deutschen tanzen
Was beide Teams eint: Die gute Stimmung in der Mannschaft. Die ÖFB-Frauen sangen und tanzten nach den beiden Siegen gegen Nordirland und Norwegen auf dem Spielfeld in der Polonaise, die sie dann auch bei den Pressekonferenzen von Irene Fuhrmann fortführten und so international für Aufsehen sorgten.
Nicht immer war die Resonanz auf die ÖFB-Feierlichkeiten positiv, den Spielerinnen ist es egal. "Wenn Kommentare kommen, sollen sie es halt sagen. Sie haben aber nichts davon und wir denken uns, lasst uns sein, wie wir sind. Wir sind einfach ein verrückter Haufen und es steht uns zu, zu feiern", stellt Verena Hanshaw klar.
Zwar fielen die Siegesfeiern bei den Deutschen nicht ganz so euphorisch auf wie bei den Österreicherinnen, getanzt wird aber auch im DFB-Team. Etwa nach dem Gruppensieg in der Kabine.
Sara Doorsoun hält aber fest: "Es geht ja am Ende nicht darum, wer besser feiern kann, sondern wer auf dem Platz die bessere Leistung bringt."
🤔💬 Hey, wir könnten bei der @WEURO2022 die ersten drei Punkte holen und danach Achy Breaky Heart tanzen!
— ÖFB - oefb.at (@oefb1904) July 11, 2022
💃🏻💬 Gute Idee!
Der Spielbericht zum Tanz 📲 https://t.co/a40PRtOO0q#GemeinsamÖSTERREICH 🦅#OneHeartOneGoal ❤️ pic.twitter.com/8qeEhOflNf
Auf welche Spielerin muss man bei Deutschland besonders achten?
Alexandra Popp ist nicht nur die Kapitänin des DFB-Teams sondern auch die Torgarantie in Person bei der bisherigen Endrunde. Die 31-jährige Stürmerin vom VfL Wolfsburg hat bei ihrer EM-Premiere in jeder Partie getroffen und könnte mit einem Tor gegen Österreich den nationalen Rekord, in vier aufeinanderfolgenden Partien bei Europameisterschaften getroffen zu haben, egalisieren.
Popp, die nebenbei als Tierpflegerin im Zoo arbeitet, traf auch beim bisher letzten Duell zwischen den beiden Teams im Oktober 2018.
"Wir wissen um ihre Kopfballstärke und Präsenz, was sie bei den Gegnerinnen auslöst. Sie ist bereit für das vierte Tor", meint DFB-Teamchefin Voss-Tecklenburg über Popp. Auch Irene Fuhrmann und ihr Team sind gewarnt: "Popp hat einen Kopfball wie manche von uns stark schießen."
Wer ist Favorit?
Betrachtet man rein die Fakten, ist Deutschland Favorit. Das DFB-Team holte sechs EM-Titel in Folge, bis es 2017 gestoppt wurde, und ist damit Rekord-Europameister sowie zweifacher Weltmeister.
Nun soll wieder ein Titel her, die Weltranglisten-Fünften sind sich ihrer Favoritenrolle bewusst.
"Mit der Mentalität und unseren starken Spielerinnen sind wir Favorit. Das wollen wir beweisen und unser Spiel dem Gegner aufdrücken. Das wird das Ziel sein, dann gewinnen wir das Spiel auch", heißt es aus dem DFB-Lager.
Ein Vorteil für Team Deutschland: Man kennt die Gegebenheiten in Brentford, hat dort in der Vorrunde zwei Siege gegen Dänemark (4:0) und Mitfavorit Spanien (2:0) gefeiert. Zudem liegt auch das Teamquartier nicht weit entfernt.
Das ÖFB-Team hatte im Vergleich zum Gegner dafür einen Tag mehr Pause seit dem letzten Gruppenspiel. Bei Team Rot-Weiß-Rot stimmt – vor allem nach dem Sieg über Norwegen - zudem das Selbstvertrauen.
"Wir sind durch die zwei Siege ein bisschen in einen Flow gekommen. Die Art und Weise der Siege spricht für uns", sagt Sarah Zadrazil. "Wir können befreit aufspielen, alles was noch kommt, ist ein Bonus."
Sarah Puntigam erklärt: "Wir hoffen, dass wir Europa ein bisschen schocken können."
Was sagen die Teamchefinnen?
DFB-Teamchefin Martina Voss-Tecklenburg: "Es ist ein EM-Viertelfinale. Da sind die besten Mannschaften dabei, Österreich gehört dazu. Ich finde es total verdient, dass sie weitergekommen sind. Das ist kein Zufall, es wird kein Spaziergang in irgendeine Richtung. Aber ich glaube, dass wir leichter Favorit sind, der Rolle müssen wir aber erst gerecht werden.“
Über das ÖFB-Team: "Der Spirit, der schon 2017 absolut zu spüren war, den zeichnet das Team aus. Es ist ein eingeschworener Haufen. Sie wissen, was sie zu tun haben, sind taktisch gut eingestellt, geben alles und glauben an sich, da gibt es ein bisschen vielleicht eine Parallelität zu uns."
ÖFB-Teamchefin Irene Fuhrmann: "Es wird ein absolutes Highlight für jede und jeden einzelnen von uns. Wir dürfen uns mit einem der besten Teams des Turniers messen. Mit welcher Konstanz Deutschland bislang agiert hat, war bemerkenswert. Es wird eine richtige Challenge für uns. Wir haben nichts zu verlieren. Chancenlos ist man nie, es gibt immer schöne Geschichten, die der Fußball schreibt.“
Über das DFB-Team: "Dass da eine Mammutaufgabe auf uns wartet, ist klar. Sie sind klarer Favorit. Sie haben richtig viel Qualität, einen unheimlich tollen Mix an Spielerinnen und sehr viel Wucht im Zweikampf.“
Wie geht es für Österreich im Fall des Aufstiegs weiter?
Der Sieger des Duells Österreich gegen Deutschland trifft auf den Gewinner des Viertelfinals zwischen Frankreich und den Niederlanden. Das Halbfinale findet am Mittwoch, 27. Juli um 21 Uhr, in Milton Keynes statt.
Mögliche Aufstellungen im EM-Viertelfinale Deutschland - Österreich
(Donnerstag, 21.00 Uhr, Brentford, Brentford Community Stadium)
Deutschland: Frohms - Gwinn, Hendrich, Hegering, Rauch - Oberdorf, Däbritz, Magull - Huth, Popp, Bühl
Ersatz: Berger - Doorsoun, Kleinherne, Anyomi, Brand, Dallmann, Lattwein, Lohmann, Waßmuth, Freigang
Es fehlt: Schult (fiebriger Infekt)
Fraglich: Schüller (nach Corona-Infektion)
Österreich: Zinsberger - Wienroither, Wenninger, Georgieva, Hanshaw - Zadrazil, Puntigam, Feiersinger - Hickelsberger-Füller, Billa, Dunst
Ersatz: Kresche, Pal - Schiechtl, Degen, Kirchberger, Naschenweng, Höbinger, Eder, Makas, Enzinger
Es fehlen: Kolb (nach Corona-Infektion zu Hause geblieben), Plattner (Schlüsselbeinbruch)
Fraglich: Schnaderbeck (Knieprobleme), Schasching (angeschlagen)
Weg ins Viertelfinale:
Deutschland: Erster Gruppe B (3/0/0 - 9 Punkte, 9:0-Tore): 4:0 Dänemark, 2:0 Spanien, 3:0 Finnland
Österreich: Zweiter Gruppe A (2/0/1 - 6 Punkte, 3:1-Tore): 0:1 England, 2:0 Nordirland, 1:0 Norwegen