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Frauen-Fußball-Meister: Österreich war Vorreiter

Ende der 1930er-Jahren wurde weltweit nur in Österreich um Frauen-Titel gespielt:

Frauen-Fußball-Meister: Österreich war Vorreiter Foto: © GEPA

Verabschiedung in der Hofburg, TV-Spiele zur besten Sendezeit und Einzug aufs Titelblatt: Österreich Frauen-Nationalteam ist vor der EM-Endrunde medial ins Rampenlicht gerückt. Der ÖFB rührt kräftig die Werbetrommel. Das war nicht immer so. Als vor knapp 100 Jahren Frauenfußball in Österreich Fuß fasste, geschah dies noch zum Missfallen von Österreichs Fußball-Bund.

"Als Frauen in Wien zwischen 1935 und 1938 eine Fußball-Meisterschaft austrugen, war Österreich weltweit das einzige Land mit eigenen Titelkämpfen", schreiben die Historiker Helge Faller und Matthias Marschik in ihrem 2020 erschienenen Buch "Eine Klasse für sich". Die Gründung der Damen Fußballunion (DFU) gelang vielen Widerständen zum Trotz. Medial wurden die Frauen belächelt. Zur Auflagensteigerung dienten sie allemal.

"Bei der medialen Aufmerksamkeit hat sich nicht viel verändert. Gewisse Medien haben ein Ereignis gepusht im eigenen Interesse", meinte Marschik im APA-Gespräch. Frauen hätten bereits seit der Jahrhundertwende dem runden Leder nachgejagt. 1924 wurde in Wien nach einem Aufruf der Zeitung "Der Montag" dann der 'Erster Damenfußballklub Diana' gegründet.

Zwischen Sport und Volksbelustigung

Der damalige Teamspieler und Torschützenkönig Ferdinand Swatosch leitete die Einheiten der rund 40 Spielerinnen. Es blieb eine kurzlebige Angelegenheit, nach einem halben Jahr war das Interesse an der Berichterstattung über die Fußballfrauen wieder verflogen.

Knapp zehn Jahre später sollte die Öffentlichkeit erneut für den Frauenkick begeistert werden. Nach dem Ende der Wunderteam-Ära und Misserfolgen der Männer-Mannschaften blieben Zuschauer aus. Wie Marschik ausführte, sollten zusammengewürfelte Frauen-Teams als kurzfristige Belustigung für das männliche Publikum dienen.

Als Trainer der Frauen trat Österreichs Radsport-Legende Ferry Dusika in Erscheinung, beim Ehrenankick im Oktober 1935 war ein weiteres Sportidol für die PR zuständig: Fußball-Star Matthias Sindelar bescherte dem Spiel zwischen dem DFC Wien und DFC Austria in Wien-Hernals seine Aufwartung. Den Zuschauern gefiel es offenbar. Auch sportlich wussten die Frauen laut Zeitungsberichten zu gefallen.

"Das Interesse des Publikums war da, auch wenn es zwiespältig war. Die einen interessierten sich sportlich dafür, den anderen diente es zur Volksbelustigung", erklärte Marschik. Die Zeitungen hielten sich bald mit den Berichten zurück, Spielerinnen und Funktionäre wollten aber nicht klein beigeben.

Daraus entstand in Wien eine europaweit einzigartige Frauenliga, die DFU. Erster Meister wurde der DFC Austria, gespielt wurde vor einigen hundert Zuschauern. Die DFU sollte bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten im März 1938 fortbestehen.

Frauen-Spielbetrieb erst wieder 1972

Dass dies ausgerechnet in der Zeit des Austrofaschismus geschah, verwundert. Die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen waren nicht gerade passend. Jede öffentliche Zurschaustellung der weiblichen Körperlichkeit war wieder verpönt, das Tragen von Hosen oder ein "Bubikopf" wurden als Zeichen der Abweichung gesehen. Ausnahme war der Wettkampfsport.

1936 wollte Österreichs Politik bei den Sommerspielen in Berlin glänzen, Fechterin Ellen Müller-Preis (Gold 1932) holte im Florett Bronze. Speerwerferin Herma Bauma sollte erst zwölf Jahre später Gold holen.

Die Fußballfrauen mussten indes Standhaftigkeit beweisen. Angetrieben von der Österreichischen Turn- und Sportfront - welche die weibliche Variante gänzlich ablehnte - agierte auch der ÖFB in der Rolle des Verweigerers. Der Fußball-Bund verbot seinen Mitgliedsvereinen, den Frauen Spielfelder zur Verfügung zu stellen.

"Da die Einkünfte durch die Besucher aber höher waren als die Pönale, wurden sie weitervermietet. Dann kam die Drohung eines Ausschlusses aus dem Verband", so Marschik. Die Frauen wichen deshalb auf Wiesen und in Parks aus.

Der "Anschluss" Österreichs an Nazi-Deutschland machte dem Frauenfußball dann den Garaus. Die Meisterschaft wurde beendet. Letztlich kam erst wieder ab den 1970ern Schwung in die Szene. Union Landhaus wurde 1971 als erstes Frauen-Team in den Wiener Fußballverband aufgenommen, die Frauen-Bundesliga nahm im Jahr darauf mit sechs Teams in der Bundeshauptstadt den Spielbetrieb auf.

Der ÖFB blieb auch nach 1945 jahrzehntelang skeptisch, ehe er 1982 die Obhut über die Liga übernahm. Ein Frauen-Nationalteam gibt es freilich erst seit 1990.

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