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Fußballmärchen in Brasilien: Kösslers Umweg zum Profi

Die Liebe führte Elena Kössler nach Brasilien. Im Land des Sambas wurde die Tirolerin über Umwege Fußballprofi, heute kickt sie für Sturm Graz.

Fußballmärchen in Brasilien: Kösslers Umweg zum Profi Foto: © marcelovideo

Ein Auslandssemester in Mexiko sorgte dafür, dass die Tirolerin Elena Kössler die brasilianischen Frauen-Fußballgeschichtsbücher umschrieb. Als erste Europäerin gelang der Stürmerin ein Treffer in der höchsten Spielklasse Brasiliens.

LAOLA1 beleuchtet den ungewöhnlichen Karriereweg Kösslers, der sie im Sommer nach drei Jahren Brasilien zurück nach Österreich zu Vizemeister Sturm Graz führte.

Ausbildung statt Profi-Karriere

In der Jugend war für Elena Kössler alles andere als klar, dass sie den Weg in das Profigeschäft gehen wird, und das obwohl sie in den LAZ-Auswahlen mit den Burschen kicken durfte.

"Das war teilweise ganz witzig, die Reaktionen auch von den Eltern der Jungs. Wo man gesehen hat, dass ich teilweise stärker bin. Das hat nicht jeden gepasst, war auch nicht einfach. Im LAZ in Imst waren 26 Jungs und ich. Es gab Eltern, die haben sich darüber aufgeregt", berichtet Kössler gegenüber LAOLA1.

"Mit 14, 15 war schon der Gedanke da, ob ich mich auf den Fußball konzentrieren soll, im Hinterkopf war aber klar, ich brauche ein zweites Standbein", erzählt Kössler und spricht dabei damals fehlende Perspektiven im Frauen-Fußball an.

So kickte die Tirolerin trotz ihres vorhandenen Talents mit 20 Jahren nur in der drittklassigen Tirol Liga, um sich auf ihr Bachelorstudium Sport-, Kultur- und Veranstaltungsmanagement zu konzentrieren.

Auslandssemester führt Kössler nach Brasilien

Aber ausgerechnet ihr zweites Standbein änderte ihren Karriereverlauf. Im Zuge ihres Studiums verbrachte die heute 24-Jährige ein Auslandssemester in Mexiko. "Ich habe dort meinen Mann kennengelernt. Er hat zu der Zeit in Mexiko gelebt, ist aber Brasilianer", erzählt sie stolz.

Nach dem Semester kehrte die Tirolerin nach Österreich zurück, um ihr Studium abzuschließen, ihr brasilianischer Freund folgte.

"Die Brasilianer leben das viel intensiver. Wenn das Nationalteam spielt, ist das fast wie ein Feiertag."

Elena Kössler über Fußball

In der Heimat Kösslers blieb er allerdings nicht lange, durch die Covid-Pandemie musste er nach ein paar Monaten zurück nach Brasilien.

Kössler folgte 2020 mit abgeschlossenem Studium dem Ruf der Liebe und übersiedelte ohne nennenswerte portugiesisch-Kenntnisse ein paar Monate später nach Brasilien, in jenes Land, wo der Fußball für viele Menschen an oberster Stelle steht.

"Die Brasilianer leben das viel intensiver. Wenn das Nationalteam spielt, ist das fast wie ein Feiertag", erzählt Kössler. Bei der Herren-WM schlossen die Geschäfte an Brasilien-Spieltagen immer eine Stunde vor dem Anstoß und sperrten ihre Pforten erst zwei Stunden nach dem Ende wieder auf.

Frauen-Fußball erfreut sich in Brasilien immer mehr Beliebtheit

Das Interesse und die Freude am Fußball geht quer über alle Bevölkerungsschichten. Auch was den Frauenfußball angeht, hat sich im Land viel getan. Vor 20 Jahren war es noch Usos, dass den Mädchen in Brasilien der Fußball strengstens verboten wurde. Mittlerweile öffnen sich die Menschen dort zunehmend. 

"Es gibt noch einzelne Fälle, wo es nach wie vor die Eltern verbieten. Die Mädels gehen aber trotzdem irgendwo versteckt Fußball spielen", berichtet Kössler.

Auch medial wird der Frauen-Fußball mittlerweile intensiv begleitet. "Übertragungen gibt es von jedem Spiel. Ich kann von hier aus jedes Spiel der dritten brasilianische Frauen-Liga live schauen", erzählt Kössler. Die Spiele seien auch deutlich besser besucht als in Österreich.

Hobbyturniere mit Männern

Für die Tirolerin war nach dem Umzug klar, sie will den Fußball nicht aufgeben. Die Vereinssuche gestaltete sich aber alles andere als leicht.

"In der Corona-Zeit haben viele Teams auch nicht trainiert und es gab nicht wirklich eine Meisterschaft", berichtet sie

So kickte Kössler vorerst bei Hobbyturnieren mit Männern mit. "Ich war da die einzige Frau."

"Es war in den Trainings teilweise schwierig sich zu verständigen. Der Trainer hat eine Übung erklärt und ich habe es einfach nicht verstanden."

Elena Kössler über erste Sprachbarrieren

Die Österreicherin machte aber auf sich aufmerksam und wurde prompt zu einem Probetraining vermittelt.

So kam es, dass sie ihre Karriere in Brasilien beim FC Imperial in der dritten Liga startete. Dabei war die Kommunikation zu Beginn etwas schwierig.

"Es war in den Trainings teilweise schwierig, sich zu verständigen. Der Trainer hat eine Übung erklärt und ich habe es einfach nicht verstanden, weil keiner konnte Englisch und Deutsch schon gar nicht. Ich konnte kein Portugiesisch, es war mit Händen und Füßen", erzählt sie.

Wechsel in die erste Liga

Die Sprachbrarriere hatte sie aber schnell überwunden. Und auch sportlich wusste sie zu überzeugen, spielte sich in die Notizbücher höherklassiger Klubs und wechselte nach weniger als einem Jahr im Jänner 2023 zu Ceara SC in die höchste Frauen-Liga Brasiliens.

Als erste Europäerin durfte Kössler über einen Treffer in der brasilianischen Liga jubeln
Foto: © marcelovideo

Dort verewigte sich Kössler in die Geschichtsbücher. Als erste Europäerin verbuchte sie in der Brasileirao Feminino einen Treffer.

"In Brasilien habe ich dann gesehen, ich kann mich im professionellen Fußball beweisen. Ich wollte schon noch einmal testen, wie weit ich kommen kann", berichtet sie über ihren Weg in den Profibereich.

Nebenbei verdiente sie etwas Geld bei ihrem Partner. "Ich habe bei meinen Mann gearbeitet. Er ist im Autohandel tätig. Da habe ich vor und nach dem Training ihm geholfen", erzählt Kössler.

Die brasilianische Liga steckt mitten in einem Prozess der Professionalisierung. "Es gibt große Unterschiede innerhalb der Liga. Die besten fünf Teams sind schon sehr professionell aufgestellt. Die Spielerinnen können dort gut von ihrem Gehalt leben", weiß Kössler.

"Desto weiter man in der Tabelle runtergeht, desto weniger Spielerinnen können davon leben", stellt sie klar.

Bei ihrer Mannschaft, die am Ende der Saison den Abstieg hinnehmen musste, herrschte ein gewisser Standard. "Wir hatten immer einen Psychologen und einen Physiotherapeuten dabei."

Auch negative Beispiele in Brasilien

Es gibt in Brasilien aber auch negative Beispiele. Die Spielerinnen eines anderen Erstligisten wurden über Monate nicht bezahlt, was sogar einen Streik zur Folge hatte.

"Es ist schlimm, wenn man das sieht. Viele von den Spielerinnen kommen aus armen Verhältnissen und sind auf den Fußball angewiesen", weiß Kössler.

Nach dem Abstieg von Ceara schaute sich Kössler mit ihrer brasilianischen Spieleragentur nach einem neuen Klub um. "Der Wunsch war immer da, dass ich wieder zurück in die Heimat komme", erklärt Kössler und so kam das Thema österreichische Bundesliga auf.

"Man merkt natürlich, wie sich in den letzten Jahren in Österreich viel getan hat in der Bundesliga. Das Niveau ist echt hoch", reizte Kössler die Rückkehr.

Sturm-Transfer am Deadline-Day

Und es klappte auch. Am letzten Drücker unterschrieb die Tirolerin beim Vizemeister SK Sturm Graz. "Es ist dann alles recht schnell gegangen. Ich habe am Montag Bescheid gekriegt und am Freitag darauf war ich schon in Österreich. Gleich am Montag darauf sind wir nach Holland geflogen zur Champions League", so die Österreicherin.

In ihrer neuen Aufgabe sieht sie eine sehr gute Chance, sich zu beweisen. Einen Monat später reiste auch ihr Mann nach Graz.

Mit ihrem neuen Team Sturm Graz steckt sie im Umbruch
Foto: © SturmTifo.com

Ihr neues Team steckt gerade mitten im Umbruch. Es gibt zahlreiche Zu- und Abgänge, das ist wohl auch ein Grund, warum der Vizemeister aktuell nur auf Platz vier in der Bundesliga ist.

Kössler betont aber: "Es ist eine sehr talentierte Mannschaft, mit sehr viel Qualität." Diese müsse sich aber noch finden. "Wir hatten in der Saison sehr gute Spiele, aber auch Partien, wo wir die Qualität nicht so auf den Platz bringen haben können, wie wir es wollten", fordert der Neuzugang mehr Konstanz.

"Ich glaube aber, wir haben uns Woche für Woche weiterentwickelt", heißt es weiter.

In die Zukunft blickt die Tirolerin mit Optimismus. "Ich glaube, dass es in der nächsten Saison noch besser wird."

Wobei die ehemalige Brasilien-Legionärin einen erneuten Abschied von der Heimat nicht ausschließt: "Wo ich immer spielen wollte, ist die USA. Das ist so ein Traum, wo ich sage, wenn es ein Angebot gibt, natürlich wäre das sehr cool."

Vorerst liegt aber der Fokus auf die österreichische Bundesliga. Mit guten Leistungen möchte sie sich dort für das ÖFB-Team empfehlen, weiß aber auch: "Das Nationalteam ist zurzeit extrem stark, sehr viele Legionärinnen und ein sehr starker Kader. Es ist bestimmt nicht einfach, einberufen zu werden. Mal schauen, was die Zukunft bringt."

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