Sargon Duran ist zurück im Frauenfußball. Der ehemalige Co-Trainer des Frauen-Nationalteams übernimmt den Vizemeister der Admiral Frauen-Bundesliga SK Sturm Graz. Wie er auf der Auftaktpressekonferenz verrät, hat ihn Sportdirektor Andreas Schicker zu den "Schwoazn" gelotst.
Im Interview mit LAOLA1 spricht der ehemalige Assistenztrainer von Christian Ilzer bei der Wiener Austria über die Unterschiede zum Männerfußball und über das spannende Projekt im Frauenfußball bei Sturm Graz.
LAOLA1: Zuletzt warst du bei Wiener Neustadt in der Regionalliga Ost bei den Männern tätig. Jetzt kehrst du wieder in den Frauenfußball zurück. Was reizt dich an der Aufgabe als Damen-Cheftrainer?
Sargon Duran: Im Frauenfußball steckt sehr viel Potential. Er befindet sich noch „in den Kinderschuhen“. Teil dieser Entwicklung zu sein, ist für mich sehr spannend. Bei Sturm Graz haben wir ein langfristiges Projekt. Für mich als Trainer ist es egal, ob ich Frauen oder Männer, Kinder oder Erwachsene trainiere. Es geht darum, den Spielern zu helfen. Sie sollen sich individuell verbessern, und wir wollen ein Team entwickeln. Wenn das Frauen sind, warum nicht? Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Frauen sehr hungrig und wissbegierig sind. Die Spielerinnen sehnen sich nach Informationen und Weiterentwicklung. Deshalb macht das Riesenspaß.
LAOLA1: Gibt es Unterschiede in deiner Herangehensweise verglichen mit einer Männermannschaft?
Duran: Es ist nicht dasselbe, weil Frauen ganz einfach anders als Männer sind. Sie sind sensibler, und das musst du wissen. Es geht aber nicht nur um menschliche Aspekte, sondern auch um fußballerische. Du musst dich in der Frauenwelt anpassen. Zum Beispiel schaffen bei den Damen nur wenige einen Pass über 50, 60 Meter. Das ist vergleichsweise bei den Männern ganz normal. Wenn du beispielsweise Spielverlagerungen spielen willst, dann sind lange Pässe bei den Frauen etwa schwieriger. Es gibt schon Unterschiede, aber genau das macht es aus. Das ist das Spannende.
"Wir wollen durch kluge und harte Arbeit die Lücke zu St. Pölten schließen"
LAOLA1: Das heißt, taktisch gibt es Unterschiede?
Duran: Definitiv. Es ist auch das Thema Kopfballspiel, das ist bei den Frauen nicht so ausgeprägt wie bei den Männern. Dabei gilt es, sich beispielsweise bei den Standardsituationen anzupassen.
LAOLA1: Im Sommer gab es bei deiner Mannschaft einen enormen Umbruch. Nicht nur du als Trainer bist hier neu, sondern auch einige Spielerinnen haben den Verein verlassen oder sind dazugestoßen. Was ist dein erster Eindruck von deiner Mannschaft?
Duran: Es ist definitiv so, dass wir viele Veränderungen haben. Wir haben sehr viele junge Spielerinnen. Wir machen nicht den Fehler, nur sehr kurzfristig zu denken. Wir denken mittelfristig. Das bedeutet nicht, dass wir das Kurzfristige vernachlässigen. Jeder, der schon länger im Fußball ist, weiß, dass es Zeit braucht. Wir wollen durch kluge und harte Arbeit die Lücke zu St. Pölten schließen. Wie groß sie ist oder wie klein sie wird, sehen wir in den nächsten Wochen.
LAOLA1: Das Ziel ist also, St. Pölten-Verfolger Nummer eins zu sein?
Duran: Ja, das ist der erste Anspruch. Das wollen wir natürlich. Ich denke, das ist realistisch und machbar, obwohl das auch schon eine Herausforderung darstellt.
LAOLA1: Am Samstag seid ihr in der legendären "Gruabn" vor 600 Zuschauern mit einem 5:0 gegen Dornbirn in die Saison gestartet. Wie war das Erlebnis?
Duran: Die Stimmung war hervorragend. Man merkt, dass das ein ganz besonderer Ort ist, wo viel Geschichte dahintersteckt. Ich muss ehrlich zugeben, ich hatte ein paar Mal Gänsehaut.
LAOLA1: Bei Sturm gibt es ein Konzept und die Idee, dass alle Teams von der Jugend bis hinauf zu den Profis, egal ob Frauen oder Männer, denselben Fußball spielen sollten. Schränkt dich das nicht ein?
Duran: Es schränkt mich überhaupt nicht ein, ganz im Gegenteil. Es beflügelt mich, weil ich eine ganz klare Linie vom Verein aus habe. Mir ist bewusst, wofür Sturm stehen will. Das Gute ist, dass ich bereits ein Jahr mit Chris (Ilzer, Anm.) gearbeitet habe. Ich habe tagtäglich gesehen, wofür er steht. Ich kann mich zu 100 Prozent damit identifizieren, daher empfinde ich das als positiv.
LAOLA1: Besteht ein regelmäßiger Austausch mit Christian Ilzer und seinem Trainerteam?
Duran: Es ist so, dass ich seit der Austria-Zeit immer in Kontakt mit dem Trainerteam stehe. Es war nie so, dass wir komplett getrennt waren. Ich bin mit ein paar von ihnen richtig gut befreundet, daher besteht immer Austausch. Natürlich ist jeder in seiner Welt. Wenn interessante Themen auftauchen, besprechen wir das. Die tagtägliche Zusammenarbeit ist es jedoch nicht.
LAOLA1: Hast du als Trainer persönliche Ziele?
Duran: Ich habe in meiner Karriere gelernt, dass es keinen Sinn macht, einen Karriereplan aufzustellen. Es ist einfach schwierig, das Geschäft ist schnelllebig. Man weiß nicht, was morgen passiert. Mein Ziel ist es, jetzt das Maximum aus dem herauszuholen, was ich habe. Jede einzelne Spielerin soll sich verbessern. Ich möchte ihnen helfen, sowohl bessere Fußballerinnen als auch bessere Menschen zu werden. Ich will Werte vermitteln. Es gilt auch jeden Tag selbst besser zu werden. Ich möchte heute ein besserer Trainer sein als gestern. Das ist mein Ziel.