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Stojanovic: "Red-Bull-System tat mir gut"

St. Pauli als Karriere-Boost? Goalie über Werdegang und ein spezielles Spiel:

Stojanovic: Foto: © getty

Der FC St. Pauli siegt und siegt und siegt. Sechs der letzten sieben Spiele in der 2. deutschen Bundesliga konnten die "Kiezkicker" für sich entscheiden - nachdem aus den ersten 15 Partien lediglich ein voller Erfolg und zehn Punkte zu Buche standen.

Mit so einem Lauf kommt das Hamburger Derby gegen den Tabellen-Vierten HSV (heute Montag, 20:30 Uhr im LIVE-Ticker) genau richtig. Und neben Guido Burgstaller ist seit Winter mit Dejan Stojanovic ein zweiter ÖFB-Legionär dabei.

Der 27-Jährige kam per Leihe aus Middlesbrough. Besonders auffällig: St. Pauli schwimmt auf der Erfolgswelle, seit der Vorarlberger im Tor steht. Erst eine Niederlage musste er in acht Einsätzen hinnehmen.

Im LAOLA1-Interview spricht Stojanovic über den Erfolgslauf, seinen Werdegang, der erst spät in St. Gallen den endgültigen Durchbruch mit sich brachte, und ein ganz besonderes Negativ-Erlebnis:

LAOLA1: Quasi mit deiner Ankunft hat St. Pauli das Ruder völlig herumgerissen. Wo kommt der Erfolgslauf her?

Dejan Stojanovic: Die Qualität hat aus meiner Sicht nie gefehlt. Zwei, drei Veränderungen haben viel bewirkt. Und mit den Erfolgserlebnissen sind wir von Spiel zu Spiel enger aneinandergerückt. Ich selbst habe vom ersten Spiel weg das Vertrauen der Mitspieler gefühlt, ich fühle mich gut in der Mannschaft und dem Team rundherum, darum bin ich sehr glücklich über den Schritt.

LAOLA1: Presse und Beobachter waren von deinen Leistungen nicht immer überzeugt, du hast auch erst einmal zu null gespielt. Vom Trainer gibt es hingegen Rückendeckung. Was antwortest du und woran liegt die hohe Gegentor-Quote?

Stojanovic: Eine gute Frage! Wenn man die Spiele genau analysiert, bekommen wir viele Tore spät im Spiel. Vielleicht ist es eine Konzentrationsfrage. Aber wenn wir gewinnen und pro Spiel zwei Tore kassieren, kann ich damit leben. Ich denke aber, meine Leistungen sind relativ gut. Ich habe vorher ein halbes Jahr nicht gespielt, bin ins kalte Becken gesprungen. Mit Ausnahmen habe ich meine Leistung abrufen können. Aber ich denke, es ist normal, dass nicht jedes Spiel ohne Fehler ablaufen kann.

LAOLA1: Wenn die Fans fehlen, ist es kein idealer Moment, um bei einem Kultklub wie St. Pauli anzuheuern. Was macht den Verein abseits davon aus?

"Als wir unter Peter Zeidler sehr hoch gestanden sind schon ab der Mittellinie gepresst haben, musste ich aber anders mitspielen. Mittlerweile sagt man 'Red-Bull-System' dazu. Das hat mir sehr gut getan."

Stojanovic über Zeit in St. Gallen

Stojanovic: Den Bezug zu den Fans spürt man trotzdem, in den sozialen Medien etwa. Aber es ist ohne direkten Kontakt in den Stadien schwerer zu beurteilen. Was ich aber sehe: Dass die Menschen um den Verein in vielerlei Hinsicht sehr engagiert sind. Ich freue mich auf die Spiele, wenn wieder Fans dabei sein können. Das ganze Rundherum um den Verein, das Trainingszentrum, das ist auch alles sehr cool.

LAOLA1: Du hast Guido Burgstaller vorher noch nicht persönlich gekannt. Was kannst du nach den ersten Wochen über ihn sagen?

Stojanovic: Ich kann nur das Beste sagen. Er ist ein sehr guter Mensch! Er hilft den Jungen, spricht mit jedem, ist mit allen gut und hilft in jeder Situation, obwohl er schon so viel erreicht hat. Und natürlich schießt er momentan die Tore. Er muss keinem mehr zeigen, welche Qualität er hat. Er hat Jahre auf Top-Niveau gespielt und er bestätigt seine Leistung hier nur mehr.

LAOLA1: Der Schritt einer Leihe zu St. Pauli folgte auf die Unzufriedenheit in Middlesbrough, wo du in einem Jahr nur neun Spiele absolviert hast. Warum konntest du dich dort nicht durchsetzen?

Stojanovic: Eine entscheidende Sache war, dass das ganze Trainerteam, das mich nach England gebracht hat, entlassen wurde. Der neue Staff hat sich gegen mich entschieden, dann hat es nicht mehr viel Sinn gemacht, in England zu bleiben. Es ist momentan schwierig zu beurteilen, wie es weitergeht. Ich stehe bei Middlesbrough noch zwei Jahre plus Option auf ein weiteres unter Vertrag. Wenn Middlesbrough nicht mit mir plant, wäre es eine Option, hier zu bleiben.

LAOLA1: Du hast den FC Lustenau mit 17 Jahren Richtung FC Bologna verlassen und warst rund fünf Jahre dort, obwohl du kaum gespielt hast. Warum?

Stojanovic: Ich hatte damals schon mehrere Angebote aus Italien. Bologna war ein cooler Schritt für mich und meine Entwicklung, ich habe zwar nicht viel gespielt, aber viel Erfahrung mitnehmen und mit starken Spielern trainieren können. Es war kompliziert. Ich bin im zweiten Jahr zur Nummer zwei aufgestiegen und bekam fünf Spiele in der Serie A. Im dritten Jahr lief es überhaupt nicht. Vor dem Spiel gegen Inter Mailand habe ich erfahren, dass ich spiele - und mir zwei Tage später die Mittelhand gebrochen. In diesem Jahr sind wir abgestiegen, es sind viele weggegangen. Auch ich bin ohne groß nachzudenken nach Crotone - das war im Nachhinein vielleicht der falsche Schritt.

Dem Horror gegen Klose...
Foto: © getty

LAOLA1: Unter deinen wenigen Auftritten für Bologna findet sich auch ein 0:6 gegen Lazio Rom – mit fünf Toren von Miroslav Klose. Was macht so ein Negativ-Erlebnis mit einem jungen Torhüter?

Stojanovic: (lacht) Das legendäre 0:6! In dem Moment geht dir einiges durch den Kopf. Das erste Spiel, wo du allen zeigen willst, was du draufhast, dann steht es schon zur Halbzeit 0:4. Wir hatten da keinen guten Tag. Das war schwierig, aber die Leute um mich herum haben mich sehr gut unterstützt. Zwei Spiele danach zeigte ich gegen Parma (2:0) eine sehr gute Leistung und stand im Team des Tages. Daher hat dieses eine schlimme Spiel im Moment nicht viel bewirkt, es hat mir aber viel Erfahrung gegeben. Negative Erfahrung, aber das ist auch wichtig in der Fußball-Karriere.

LAOLA1: Erst in St. Gallen hast du dich richtig durchgesetzt. Warum dort?

Stojanovic: Durch das Vertrauen vom Verein, speziell als Peter Zeidler kam und auf mich setzte. In der ersten Saison hatten wir noch Schwierigkeiten, aber in der zweiten Saison sind wir Zweiter geworden. Das gespielte System hat mein Torwart-Spiel auch sehr verändert. Das Mitspielen, das hoch stehen. Bei St. Pauli haben wir aber ein anderes System. Als wir unter Peter Zeidler sehr hoch gestanden sind, schon ab der Mittellinie gepresst haben, musste ich aber anders mitspielen. Mittlerweile sagt man "Red-Bull-System" dazu. Das hat mir sehr gut getan.

...folgte ein starkes Spiel gegen Parma
Foto: © getty

LAOLA1: Hätte es speziell in der Bologna-Zeit nicht Sinn gemacht, früher mehr Praxis zu suchen?

Stojanovic: In der Vergangenheit habe ich sicher auch Entscheidungen getroffen, die nicht die richtigen waren, aber dort herumzuwühlen, bringt mir nicht viel.

LAOLA1: Wie würdest du deine persönlichen Stärken beschreiben? Du scheinst ein lauter Typ am Platz zu sein, der viel dirigiert. Was kommt da noch dazu?

Stojanovic: Ich bin für meine Größe relativ schnell und habe gute Reflexe. Die Kommunikation gehört sicher zu meinen Stärken auf dem Platz, mit der ich Situationen schon vorher klären will. Ich bin recht unerfahren nach Italien und hatte im ersten Jahr eine komplette Umschulung, danach die italienische Schule in mir. Bei jeder Station habe ich die ausgebreitet und etwas mitnehmen können. Ich hatte die Gelegenheit, mit vielen starken, teilweise auch Nationaltorhütern zusammen zu trainieren.

LAOLA1: Die Torhüter-Position in Österreich ist in den letzten Jahren gut besetzt gewesen. Wo siehst du dich in der Riege? Ist das ÖFB-Team überhaupt ein Thema im Kopf?

Stojanovic: Wir haben gute Torhüter, aber ich denke, dass ich mithalten kann. Das Nationalteam ist das Maximum für jeden Fußballer und es wäre natürlich auch ein Traum von mir. Mit Leistungen kannst du deinen Namen präsent machen.

LAOLA1: Was ist in dieser Saison mit St. Pauli noch das Ziel? Einen kleinen Polster auf die Abstiegsränge habt ihr schon aufgebaut.

Stojanovic: Ich bin mit dem Ziel hergekommen, mit dem FC St. Pauli die Liga zu halten. Das wird es auch bis Ende der Saison bleiben. Den Klassenerhalt würde ich als Erfolg ansehen. Als ich hergekommen bin, hatten wir neun Punkte. Wenn wir auch noch öfter die Null halten, kann ich zufrieden sein.

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