Ein Blick nach Deutschland lohnt sich immer aufgrund der Vielzahl an ÖFB-Legionären.
Auf die 3. deutsche Liga wird oft vergessen, nicht viele haben diese Leistungsstufe in Österreich auf dem Schirm.
Dabei wird die Liga unterschätzt, wenn man Unterhaching-Torhüter Lukas Königshofer glaubt. Der Ex-Rapidler erntet in dieser Saison herausragende Kritiken und träumt vom Aufstieg in die 2. deutsche Liga.
Dabei hätte sein Karriereweg ganz anders ausschauen können, davon ist der mittlerweile 29-Jährige überzeugt. Der Sohn von Rad-Weltmeister Roland Königshofer war in jungen Jahren die Nummer 1 bei Rapid, spielte in der Europa League, stand acht Mal im ÖFB-Team-Kader und hatte Probetrainings in England - ehe er ausgebootet wurde.
Obwohl er mittlerweile die unteren deutschen Ligen liebgewonnen hat, stellt er im LAOLA1-Interview ganz klar klar: "Der Knackpunkt war Rapid." Doch der Traum, wieder höherklassig zu spielen, soll sich schon bald verwirklichen.
Im ausführlichen Gespräch schildert Lukas Königshofer seine Erfahrungen in Deutschland, trauert Chancen nach, spricht über den nie gänzlich geklärten Abgang von Rapid und warum ihn der Ehrgeiz zu Höchstleistungen und möglicherweise in eine höhere Liga pusht.
LAOLA1: Du hast zuletzt wieder sehr positive Schlagzeilen geschrieben. Wie geht es dir in Deutschland?
Lukas Königshofer: Mir geht es sehr gut, außer dass wir in München gerade im Schnee versinken. Es waren ja auch in Deutschland keine leichten Jahre mit dem Kreuzbandriss und der Zeit danach. Aber in diesem Jahr läuft es richtig gut, was mich betrifft, aber auch für den Verein und die Mannschaft. Wir haben jetzt eine echt gute Hinrunde gespielt. Das taugt mir.
"Da spielst du auf keinem Dorfplatz wie teilweise in Österreich, da gibt es kein Stadion wie zum Beispiel in Hartberg. Alleine was Infrastruktur und Fan-Potenzial angeht, ist die 3. Liga der österreichischen voraus – wenn ich Rapid ausnehme."
LAOLA1: Du spielst jetzt mittlerweile eineinhalb Jahre bei Unterhaching in der 3. deutschen Liga, die in Österreich nicht so viele auf dem Schirm haben. Was macht Unterhaching aus, wie würdest du die Liga beschreiben?
Königshofer: Ich kenne das Gefühl, dass die Liga niemand auf dem Schirm hat. Mir ist es damals auch so gegangen. Aber vollkommen zu Unrecht, wenn man alleine die Zahlen mit der österreichischen Bundesliga vergleicht. Wir hatten jetzt ligaweit im Schnitt über 8.000 Zuschauer in den Stadien, obwohl auch kleinere Vereine dabei sind. Die Großen haben teilweise einen Schnitt von 17.000 bis 20.000. Da spielst du auf keinem Dorfplatz wie teilweise in Österreich, da gibt es kein Stadion wie zum Beispiel in Hartberg. Alleine was Infrastruktur und Fan-Potenzial angeht, ist die 3. Liga der österreichischen voraus – wenn ich Rapid ausnehme. Die guten Klubs der 3. Liga brauchen sich auch vom Fußballerischen her nicht zu verstecken, wenn man Salzburg sowie Rapid und Austria in Normalform wegzählt.
LAOLA1: Bei einzelnen Anbietern sind die Spiele schon zu sehen, aber die breite Masse erreichen diese dann nicht.
Königshofer: Stimmt. Man merkt aber auch, dass jedes Jahr ein Riesenschritt gemacht wird. Dieses Jahr ist die Telekom eingestiegen und überträgt jedes Spiel live in Deutschland. Auch die kleineren öffentlich-rechtlichen Regionalsender zeigen regelmäßig Spiele. Das wird immer besser, aber es ist natürlich immer noch ein Riesensprung zur 2. deutschen Bundesliga, gerade was Fernsehgelder angeht. Deswegen schaut jeder, dass er aufsteigt, das versuchen wir auch.
LAOLA1: Seit deiner Zeit bei Rapid warst du beim Hallescher FC, den Stuttgarter Kickers und nun in Unterhaching. War es die richtige Entscheidung, in Deutschland sesshaft zu werden?
Königshofer: Auf jeden Fall. Das Thema war ja, dass ich bei Rapid ein Jahr auf der Tribüne gesessen bin. Das Ziel war dann, dass ich wohin komme, wo ich wieder Spielpraxis bekomme. Dass das dann mit dem Kreuzbandriss natürlich nicht so gelaufen ist, wie ich mir das vorgestellt habe, hat man vorher nicht wissen können. Aber im Endeffekt geht es mir mit der Entscheidung sehr gut. Ich fühle mich auch richtig wohl und München ist eine super Stadt zum Leben. Auch die Nähe zur Heimat ist super.
LAOLA1: Aktuell läuft es für dich richtig gut, du wurdest auch vom „kicker“ bei den Torhütern als „Herausragend“ eingestuft, als drittbester Goalie der Liga, warst mehrmals im Team der Runde bzw. Spieler des Spiels. Was bedeutet dir dieses Hoch und die Anerkennung?
Königshofer: Ich selbst hänge das nicht zu hoch. Das sind einfach nur Benotungen, die ein einzelner Journalist macht. Aber natürlich fühlt man sich wohl dabei und sieht es auch als Ehre an. Es ist auch eine Auszeichnung für die ganze Arbeit, die wir alle miteinander in dem halben Jahr gemacht haben.
LAOLA1: Inwiefern spiegeln die Noten auch deine Leistungen wieder? Fühlst du dich richtig eingestuft, so wie du das selbst wahrnimmst?
Königshofer: Ich denke schon, ohne arrogant klingen zu wollen. Aber es war sicher eine gute Hinrunde von mir. Ich will aber nicht Dritter bleiben. Ich will noch weiter nach vorne kommen, noch mehr Gas geben und genau so gehe ich in die Rückrunde hinein. Ich bin noch genauso ehrgeizig wie in jungen Jahren, das wird man aus mir auch nicht mehr herauskriegen. Das große Ziel ist für mich natürlich, dass wir in die 2. Liga aufsteigen, weil es für den Verein ein Riesen-Schritt wäre. Viele Klubs gehen finanziell ein hohes Risiko ein, damit sie auch eine ordentliche Mannschaft haben.
LAOLA1: Unterhaching ist gut dabei, ihr seid Fünfter, sechs Punkte hinter dem Ersten Osnabrück. Ist der Aufstieg sportlich gesehen realistisch und wie schaut es mit den wirtschaftlichen Faktoren aus?
Königshofer: Auf jeden Fall. Wenn man die Spiele über die ganze Saison sieht, sind wir wahrscheinlich die spielstärkste Mannschaft in der Liga. Durch zu viele Unentschieden fehlen uns jetzt halt sechs Punkte nach oben. Osnabrück hat auch nur eine Niederlage wie wir, aber die Spiele oft noch in der Nachspielzeit durch einen Freistoß gewonnen. Das fehlt uns noch zur Top-Mannschaft in dieser Liga, aber wir sind auf einem sehr guten Weg. Wenn wir das Fußballerische noch mehr durchziehen können, dann tut sich in der Liga jeder schwer gegen uns.
LAOLA1: Unterhaching kennt ja auch die oberen Ligen, war früher sogar in der Bundesliga.
Königshofer: Das kenne ich schon von den Stuttgarter Kickers, aber bei denen ist es halt nach hinten losgegangen im letzten Jahr. Aber Haching entwickelt sich super, in den letzten eineinhalb Jahren ist extrem viel weitergegangen, auch was Infrastruktur und jetzt die Ausgliederung betrifft. Da tut sich schon was.
LAOLA1: Da du deinen Ehrgeiz betont hast: War es auch immer dein großes Ziel, irgendwann wieder höherklassig unter Beweis zu stellen, was du kannst?
Königshofer: Auf jeden Fall, ich bin noch immer in keinem Alter, wo ich es langsam ausrollen lasse. Das schaffe ich von meiner Persönlichkeit gar nicht, dass ich nicht mehr so motiviert bin. Natürlich würde ich gerne nächstes Jahr eine Liga höher spielen. Mal schauen, ob wir das selber schaffen.
LAOLA1: Letztes Jahr warst du noch nicht die Nummer 1, in Stuttgart hast du viel gespielt, davor beim Hallescher SC inklusive Kreuzbandriss kaum. Wie siehst du prinzipiell deine Entwicklung und warum läuft es aktuell wieder so gut?
Königshofer: Die Zeit bei Rapid war halt blöd, weil ich ein Jahr komplett abgesägt wurde. Danach war es gar nicht so leicht, wieder einen Verein zu finden, wo es Sinn macht, Fußball zu spielen – weil du die ganze Story einmal erklären musst. Der Kreuzbandriss hat mir dann quasi zwei Jahre gekostet. Wenn man dann natürlich nicht in der Form zurückkommt, wie es vor der Verletzung war, dann ist es schwer. Die Spielpraxis in Stuttgart war dann super, aber durch die finanziellen Probleme habe ich erst sehr spät wechseln können. Ich hatte eigentlich noch ein Jahr Vertrag und bin dann während der Saison nach Haching gekommen. Für den Klub ist es letztes Jahr relativ gut gelaufen, deshalb haben sie dann auch nicht so schnell gewechselt und es hat eine Zeit gebraucht, bis ich zur Nummer 1 geworden bin. Seitdem läuft es richtig gut und ich komme wieder in die Form, die ich früher hatte – oder vielleicht sogar in eine bessere.
LAOLA1: „Jeder ist seines Glückes Schmied“ – diesen Spruch trägst du auf Französisch als Tattoo auf deinem linken Arm. Wie viel Glück hattest du in deiner Karriere bzw. wie oft hat sich die Arbeit dafür ausgezahlt oder ist nach hinten losgegangen?
Königshofer: Also ich muss schon sagen, dass es einige Male nach hinten losgegangen ist. Geschenkt wurde mir auf keinen Fall etwas. Alleine, dass ich einmal zu Rapid gekommen bin, dort gespielt habe und im Nationalteam war. Das war schon richtig viel Arbeit und ich glaube nicht, dass mir da irgendwer was geschenkt hat. Die Jahre danach schon gar nicht. Ich musste es mir Stück für Stück erarbeiten, dass ich dort bin, wo ich jetzt bin. Also der Spruch trifft es schon ganz gut.
LAOLA1: Trotz deiner 29 Jahre hast du schon viel erlebt. Du warst bei Rapid die Nummer 1, hast Europa League gespielt, hattest Probetrainings in England, warst 8 Mal im ÖFB-Teamkader. Was siehst du als Gründe, warum deine Karriere dann doch in andere Bahnen gelenkt wurde?
Königshofer: Der richtige Knackpunkt war natürlich Rapid, das ist ganz klar. Innerhalb kürzester Zeit vom Nationalteam-Kaderspieler zum Tribünengast und ein Jahr nur zu trainieren, war halt vor allem in dem Alter schon sehr schwer zu verkraften. Das haut dich extrem zurück in deiner Entwicklung. Auch was potenzielle Transfers angeht, war die Zeit echt nicht leicht. Dann kamen Verletzungen dazu oder die finanziellen Probleme in Stuttgart. Ich könnte schon langsam echt ein Buch schreiben, was mir schon alles im Fußball passiert ist.
LAOLA1: Trauerst du gewissen Chancen damals bei Rapid nach? Schließlich hast du noch viele Jahre danach nicht gewusst, warum du von einen auf den anderen Tag auf die Tribüne musstest.
Königshofer: Es wurden von Rapid damals nie Gründe genannt und so ist es auch geblieben. Ich habe jetzt auch null Kontakt mehr zu Rapid. Ich habe mit dem Thema abgeschlossen, es ist mittlerweile zu lange her. Ich sehe es immer so, dass man nicht weiß, wofür etwas gut ist. Vielleicht war das damals genau so.
"Das ganz bestimmt sogar! Wenn man es ganz nüchtern betrachtet: Wenn ich nicht ein Jahr auf der Tribüne sitze, finde ich sicher einen ganz anderen Verein. [...] Dann gehe ich sicher in höhere Ligen."
LAOLA1: Aber du bist schon der Meinung: Wäre es bei Rapid damals anders gelaufen, wäre vielleicht auch deine Karriere ganz anders gelaufen?
Königshofer: Bestimmt sogar! Nüchtern betrachtet: Wenn ich nicht ein Jahr auf der Tribüne sitze, finde ich sicher einen ganz anderen Verein – ohne den Hallerschen SC jetzt irgendwie zu schmälern, ich hatte dort eine super Zeit. Aber dann gehe ich sicher in höhere Ligen.
LAOLA1: Als du noch Rapids Nummer 1 warst, war dein Ziel England ja mit den zwei Probetrainings doch schon ziemlich nah.
Königshofer: Ja, das erste war bei West Ham. Da habe ich dann im Nachhinein erfahren, dass das nur ein Good-Will-Zuckerl von Rapid war, dass ich ins Trainingslager mitfahren durfte. Sie hatten aber gar nicht die Absicht, mich gehen zu lassen – was damals auch irgendwie verständlich war. Für mich war es aber auch nicht so einfach zu verstehen. Wie konkret das dann wirklich war, weiß ich gar nicht. Das zweite war dann schon nach der Ausbootung bei Sheffield Wednesday. Da scheiterte es am finanziellen Rahmen, weil sie vom Vorstand aus nur eine Verpflichtung machen konnten. Der Trainer hat sich dann damals für einen Stürmer und keinen Tormann entschieden. Da konnte Rapid gar nichts dafür.
LAOLA1: Als dieser Höhenflug bei Rapid so abrupt gestoppt wurde: Wie schwierig war dieser Neustart oder hast du es nie als Neustart gesehen?
Königshofer: Die ersten Monate waren schon brutal. Da war noch Peter Schöttel der Trainer. Das Signal war, dass es in den letzten Spielen eh um nichts mehr geht. Nach dem Urlaub sollte ich wieder Gas geben und alles würde wieder seinen gewohnten Lauf nehmen. Dann kommst du aber aus dem Urlaub zurück und bekommst gesagt, dass du nie wieder ein Spiel für Rapid machen wirst. Einfach so, ohne irgendeine Begründung. Das war dann mit gerade 24 Jahren auch für mich alles andere als eine leichte Zeit. Irgendwann einmal ist das bei mir umgeschlagen in Ehrgeiz, ich wollte es ihnen im Training zeigen, aber das hat halt nichts bewirkt bei Rapid. Aber es war gut, dass ich Gas gegeben habe und so zumindest fit war, um die nächste Aufgabe angehen zu können. So konnte ich mir nichts vorwerfen.
LAOLA1: Du hast Deutschland und auch die 3. Liga mittlerweile lieb gewonnen. Wie war deine Einschätzung aber damals, als du hingewechselt bist? War das für dich doch ein großer Rückschritt?
Königshofer: Natürlich war es sportlich gesehen ein Rückschritt, wenn man vom österreichischen Rekordmeister aus der Europa League in die 3. deutsche Liga geht. Das wäre jetzt vielleicht noch immer so, auch wenn der Unterschied nicht mehr so krass ist. Aber trotzdem war ich positiv überrascht. Als ich nach Halle gekommen bin, habe ich das richtig schöne Stadion gesehen. Mein erstes Spiel hatte ich in Duisburg, wo auch 25.000 bis 30.000 in das Stadion reingehen. Was es dann für Fan-Basen gibt und was mittlerweile für eine Qualität mit großen Vereinen wie Kaiserslautern, Braunschweig, Karlsruhe oder Rostock besteht, ist richtig gut. Es macht echt mehr Spaß in solchen Stadien zu spielen als auf Halb-Dorf-Plätzen.
LAOLA1: Dein Vertrag läuft vorerst bis Sommer 2019. Wie geht es dann weiter? Gibt es schon Signale vom Verein oder was hast du als nächste Schritte geplant?
Königshofer: Mein Ziel bleibt eine höhere Liga. Der Idealfall wäre, mit Unterhaching aufzusteigen. Dort fühle ich mich super wohl, habe ein gutes Standing, die Stadt ist super und auch alles rund um den Fußball ist nahezu perfekt. Aber mein Vertrag läuft aus und dann schauen wir weiter. Aber ich kann mir schon vorstellen, länger in Haching zu bleiben.
LAOLA1: Wäre für dich irgendwann eine Rückkehr nach Österreich ein Thema?
Königshofer: Wenn es sportlich Sinn macht, wird das immer ein Thema sein, alleine aus familiärer Sicht. Meine Freundin wohnt noch den Großteil der Woche in Wien, mein Sohn und meine Eltern auch. Ich bin im Schnitt alle zwei Wochen in Wien, das hat sich ganz gut eingespielt. Alleine aus der Sicht ist Österreich immer interessant für mich.