In dieser Saison ist deutsche Bundesliga, abgesehen vom ersten und letzten Platz, umkämpft wie lange nicht mehr.
Ob es das Ringen um die Qualifikation am internationalen Wetbewerb ist, oder der Kampf um den blanken Klassenerhalt. In einer Spielzeit, die ausgeglichener kaum sein könnte, kann der Weg für viele Mannschaften noch in beide Richtungen führen.
Spektakuläre Comebacks, Überraschungsteams, unerwartete Trainerwechsel und neue Gesichter. LAOLA1 blickt zurück auf eine turbulente Hinrunde:
Bayern - Alles wieder gut
Der deutsche Rekordmeister steht wieder da, wo er nach eigenem - und mittlerweile jedermanns - Selbstverständnis hingehört. Dass die Münchner nun mächtige elf Punkte Vorsprung auf Platz zwei haben, war aber nach dem holprigen Saisonstart so nicht zu erwarten.
Nach sieben Runden fehlten auf den Tabellenführer aus Dortmund noch fünf Zähler. Ein durchwachsener Saisonstart, ein 2:2 gegen Wolfsburg und schlussendlich die vernichtende 0:3-Niederlage in Paris, kosteten Carlo Ancelotti den Job. Der Graben zwischen ihm und der Mannschaft wurde immer größer und sichtbarer, sodass Uli Hoeneß auf seinen Stein der Weisen zurückgreifen würde.
Mit Jupp Heynckes, der alte Hierarchien in der Mannschaft wiederherstellte, holte der Branchenprimus 15 Siege aus 16 Spielen. Unangefochtener Tabellenführer, Viertelfinale im DFB-Pokal und Achtelfinale in der Champions League erreicht. Alles wieder gut in München.
Nur die Zukunft bereitet dem gemeinen Bayern-Fan ein wenig Sorgen: Wer nach der Saison die Trainerbank ausfüllt, ist noch absolut unklar, zudem steht der Mannschaft ein Generationswechsel bevor. Für einen Verein, der sich über Erfolg definiert, ist es keine einfache Aufgabe, Jugendspieler in der Kader zu integrieren. Der letzte, der das geschafft hat, war David Alaba. Vor bald acht Jahren.
Platz 2 bis 6 - Alte Bekannte
Das Feld der "Verfolger" ist in dieser Saison besonders groß und vor allem dicht gedrängt. Schalke führt das Feld als Vize-Herbstmeister mit 30 Punkten an. Dahinter lauern vier Teams mit je 28 Zählern.
Eine Überraschungsmannschaft ist allerdings nicht dabei. Dortmund hat, dank eines fulminanten Starts unter Bosz und zwei Siegen zum Ende mit Stöger, seinen Platz in der Spitzengruppe sicher. Die finanzstarken Leipziger finden sich ebenfalls wie erwartet oben wieder.
Auch Schalke, Leverkusen und Gladbach, die sich über die Jahre als Champions-League-Aspiranten etabliert haben, hatten die meisten aufgrund der fehlenden Doppelbelastung wieder auf dem Zettel.
Der Blick auf die Marktwerttabelle spiegelt die obere Tabellenregion beinahe eins zu eins wieder. Die sechs teuersten Teams besetzten auch die ersten sechs Plätze in der Hinrundentabelle.
Platz 7 bis 11 - Die Hoffnung lebt
Direkt hinter dem Spitzendrittel scharren fünf weitere Teams mit den Hufen. Und auch hier geht es eng zu: Zwischen Hoffenheim (7. Platz) und Hannover (11.) liegen lediglich drei Punkte, der Anschluss an die internationalen Plätze in greifbarer Nähe.
Mit Hertha und Hoffenheim befinden sich zwei Mannschaften in der "dritten Reihe", die vor einem Jahr klar besser positionert waren, nun aber mit den klassischen Schwierigkeiten der Doppelbelastung zu kämpfen hatten.
Augsburg und Hannover muss man als die positiven Überraschungen der bisherigen Spielzeit anerkennen - nicht nur hatten viele Experten die beiden als Abstiegskandidaten ausgemacht, es sind auch die Klubs mit dem niedrigsten Marktwert der Liga.
Das Quintett darf sich weiterhin Hoffnungen aufs internationale Geschäft machen, doch auch der vermeintliche Abstand nach unten schmilzt schneller als man "Trainerwechsel" sagen kann.
Platz 12 bis 17 - Auf dünnem Eis
Hier geht es ebenso knapp zu: Der 17. aus Hamburg hat lediglich vier Punkte Rückstand auf die Wolfsburger an zwölf.
Dass Mainz, Freiburg sowie Hamburg und Bremen im Abstiegskampf stecken, sorgt sowohl was den Marktwert, als auch was die Erwartungen betrifft, nicht für allzu viel Verwunderung.
Nach der überstandenen Relegation in der abgelaufenen Spielzeit, schafft es der VfL Wolfsburg einmal mehr nicht, aus seinem enormen Etat und Potenzial ein Team zu formen, das ums internationale Geschäft mitspielt. Zum Vergleich: Der Marktwert der Wölfe ist knapp dreimal so hoch wie der, des geographischen und tabellarischen Nachbarn aus Hannover.
Aktuell sind der HSV und Werder Bremen (neben Köln) nicht zu Unrecht auf den unbeliebtesten Plätzen. Doch wie im Rest der Liga ist auch hier noch alles möglich. Jedes Team ist in der Lage die anderen zu schlagen, weshalb eine Vorhersage so gut wie unmöglich ist.
Köln - Zurück im Chaos
Hier ist die Vorhersage alles andere als unmöglich - im Gegenteil. Die Kölner, die heuer erstmals seit 25 Jahren wieder international unterwegs waren, werden mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit den Gang in die zweite Liga antreten müssen.
Bei den Rheinländern lief von Anfang an alles schief: Während sie Spiel um Spiel verloren, verletzte sich ein Leistungsträger nach dem anderen, bis das Lazarett regelrecht absurde Ausmaße annahm. Auch der viel diskutierte Videobeweis war den Geißböcken nicht hold.
Sinnbildlich für die Lage in Köln steht die 3:4-Heimpleite gegen den SC Freiburg. Im Schneechaos schoß sich die Mannschaft geradezu den Frust von der Seele und führte nach einer halben Stunde mit 3:0. Am Ende leuchtete ein 3:4 auf der Anzeigetafel.
Doch man blieb bemerkenswert lange cool in der Domstadt - ein Verdienst des Duos Schmadtke/Stöger, das den Klub vier Jahre lang kontinuierlich weiterentwickelt und in vermeintlich ruhige Gewässer manövriert hat. Doch nach Schmadtkes unrühmlichen Abgang und drei Punkten nach 14. Spieltagen, war der mediale Druck zu groß und Stöger musste den Platz auf der Trainerbank freiräumen.
Mit einer erweiterten Jugendmannschaft und dem beförderten Interimscoach Stefan Ruthenbeck, gelang dem FC am letzten Spieltag der Hinrunde mit einem 1:0 gegen Wolfsburg dann tatsächlich der erste Sieg.
Dennoch fehlen schon neun Punkte auf das rettende Ufer namens Relegationsplatz. Der FC müsste eine herausragende zweite Halbserie spielen, um dem Schlamassel noch zu entkommen. Mit Simon Terodde wurde zwar ein erster Winter-Neuzugang angekündigt, doch auch der neue Sportvorstand Armin Veh plant schon mit der Zweitklassigkeit.
Woher die Ausgeglichenheit?
Vergleicht man die deutsche Bundesliga mit anderen europäischen Topligen, manifestiert sich der Eindruck der Ausgewogenheit. Bis auf die beiden Ausreißer Bayern und Köln, besteht die Liga aus einem Knäuel von Teams, die sich gegenseitig neutralisieren.
Es war mir ein Anliegen, dies noch mal zu visualisieren. pic.twitter.com/TeGefJgN9Q
— Teilzeitborussin (@TZBorussin) 18. Dezember 2017
Ein möglicher Grund ist die Herangehensweise der neuen Trainergeneration mit Vertretern wie Domenico Tedesco (Schalke), Manuel Baum (Augsburg) oder Hannes Wolf (Stuttgart).
Die als "Laptoptrainer" verschrienen jungen Übungsleiter gelten als extrem systemorientiert. Das System steht über allem und der Matchplan sieht eher vor, das Spiel des Gegners zu zerstören, als es selbst zu gestalten.
Im Fußball-Talk-Format "Bohndesliga" beschreibt Peter Hyballa die vorherrschende Philosphie in Deutschland als "Gegengift-Gegengift-Taktik". Der Plan ist "nicht mehr wie wir das Spiel aufbauen, wie lange wir den Ballbesitz halten. Sondern wir geben dem Gegner den Ball und versuchen anzupressen", um Konter zu fahren. Dass sich die Teams in der Tabelle derart nahe stehen, resultiert zum Teil aus dieser Neutralisation.
Ein weiterer interessanter Fakt ist, dass bisher mehr als ein Drittel aller Tore nach Standardsituationen gefallen sind (143 von 424). So hoch war der Wert nie zuvor.
Die Schlüsselspieler
Ein Gewinner, wenn nicht DER Gewinner der Hinrunde, ist Leverkusens Jamaikaner Leon Bailey. Mit sechs Toren und vier Assists, ist er gemeinsam mit Kevin Volland der Top-Scorer der Werkself und hat sich aufgrund seiner Schnelligkeit und seiner unbeschwerten Dribblings bereits in den Fokus europäischer Spitzenklubs gespielt.
Zudem überrascht Augsburgs Offensivduo aus Alfred Finnbogason und ÖFB-Kicker Michael Gregoritsch die Liga, gemeinsam kommen sie auf 19 Treffer. Dazu ist Teamkollege Philipp Max mit neun Torvorlagen, ligaweit der beste Assistgeber.
In Hoffenheim erlebt Mark Uth in dieser Spielzeit seinen Durchbruch. Den Konkurrenten Kramaric hat der 26-Jährige bereits verdrängt und mit dem Abgang von Wagner nach München avanciert Uth zum Stürmer Nummer eins im Kraichgau. Insbesondere der Doppelpack beim 2:0 gegen die Bayern bleibt in Erinnerung. Doch sein Vertrag in Hoffenheim läuft zum Saisonende aus, was bereits Schalke 04, Mönchengladbach und den BVB auf den Plan ruft.
Eine große Ehre wird auch Stuttgarts 21-jährigem Innenverteidiger Benjamin Pavard zu Teil. Er hat es in die hochkarätige Auswahl der französischen Nationalmannschaft geschafft. Ein Erfolg für ihn und den VfB.
Text wird unter Diashow (ÖFB-Legionäre) fortgesetzt:
Das Trainerkarussell
Sechs Trainerwechsel hat es in der laufenden Saison bereits gegeben.
Wolfsburgs Andries Jonker musste als erster gehen. Er wurde vom Ex-Mainzer Martin Schmidt ersetzt, der mit rekordverdächtigen sieben Remis in Folge startete, das Team aber merklich stabilisierte und sich in 15 Spielen lediglich zweimal geschlagen geben musste.
Zehn Tage später endete die Episode zwischen Carlo Ancelotti und dem FC Bayern nach einem desaströsen Auftritt in Paris. Für ein Spiel wurde Ex-Profi Willy Sagnol eingesetzt, bevor Heynckes seine vierte Amtszeit als Bayern-Coach antrat.
Mit Sebastian Kohfeldt beförderte Werder Bremen nach Alexander Nouri und Viktor Skripnik zum dritten mal in Folge die Interimslösung aus der zweiten Mannschaft zum Cheftrainer.
Die kurioseste Trainer-Rochade spielte sich aber zum Ende der Hinrunde ab. Köln war gezwungen, schweren Herzens Peter Stöger zu entlassen und durch A-Jugend-Coach Stefan Ruthenbeck zu ersetzten, der das Team nun mindestens bis zum Saisonende betreuen soll.
Eine Woche darauf war auch für Peter Bosz, nach dem Ausscheiden in der Champions-League, der verspielten 4:0-Führung im Revier-Derby und einer 1:2-Heimpleite gegen Werder Bremen, endgültig Schluss in Dortmund. Zur allgemeinen Überraschung wurde am nächsten Tag Peter Stöger als Nachfolger präsentiert. Dessen Vertrag gilt aber vorerst nur bis zum Saisonende.
Das führt direkt zur wohl hartnäckigsten Trainer-Frage der Hinrunde. Wie geht es für Julian Nagelsmann weiter? Der 30-jährige Hoffenheim-Coach kokettierte in der Vergangenheit immer wieder mit einem Engagement beim FC Bayern. Nun erhärten sich jedoch die Gerüchte, dass Nagelsmann nach der Saison den BVB übernehmen könnte, was dem jungen Trainer wohl fürs erste den Weg nach München verbauen würde.
Offenbar ist in seinem Vertrag eine Ausstiegsklausel festgeschrieben, die im Sommer 2019 aktiviert wird. Wen Dortmund und vor allem wen Bayern bis dahin beschäftigen will, sorgt für noch mehr Spekulationen.
Wohin führt das alles?
Der erste und der letzte Platz sind wohl sicher vergeben, doch dazwischen ist es spannend wie selten zuvor. Es ist nahezu unmöglich, Aussagen darüber zu treffen, wer sich für die Champions- oder die Europa-League qualifizieren wird. Ebenso wenig kann man vorhersagen, welche Teams am Ende um den Relegationsplatz kämpfen. Doch umso größer ist die Spannung und die Vorfreude auf die Rückrunde.
Am Freitag, den 12.01.2018 (ab 20:30 Uhr im LIVE-Ticker) eröffnen Leverkusen und Bayern die zweite Saisonhälfte.