news

Hannes Wolf: "Ich lasse mich nicht unterkriegen!"

"Beide Seiten hatten sich das ein bisschen anders vorgestellt", sagt der Gladbach-Legionär. Ein LAOLA1-Interview über seine Zukunft und seine "Liste".

Hannes Wolf: Foto: © gettyGEPA

Vertrauen, sofern es starker Natur ist, bildet ein standhaftes Fundament für langfristigen Erfolg. Das betrifft alle Lebensbereiche - auch den Fußball.

Fehlt einem als Spieler der Rückhalt des Trainers, liegt der Selbstzweifel nicht allzu fern. Gerade junge Profis sehen sich gegenwärtig steigenden Erwartungen ausgesetzt. So schnell man als vielversprechendes "Talent" gehandelt wird, so rasant kann eine Karriere stagnieren oder im schlimmsten Fall im Sand verlaufen.

Auch ÖFB-Legionär Hannes Wolf musste lernen, mit wachsendem Erfolgsdruck umzugehen. Der gebürtige Grazer war gerade einmal 17 Jahre alt, als er zum ersten Mal in den Reihen von Red Bull Salzburg die heimische Bundesliga-Bühne betrat. Im Jahr 2019 sah sich der Offensivspieler für den Schritt nach Deutschland zum Schwesternklub RB Leipzig bereit. Es folgten durchwachsene Jahre, geprägt von Verletzungen und unerwarteten Rückschlägen. 

Seit mittlerweile drei Spielzeiten, einer halbjährigen Leihe zu Swansea City inklusive, schnürt der heute 24-Jährige seine Schuhe für Borussia Mönchengladbach. 

Im Gespräch mit LAOLA1 gewährt Wolf tiefe Einblicke in seinen komplizierten Ist-Zustand bei den "Fohlen", eine mögliche Rückkehr nach Österreich, die "Schock-Nachricht" von Teamkollege Stefan Lainer sowie in die Arbeit an seiner mentalen Widerstandsfähigkeit. 

 

 

LAOLA1: Du hast große Teile der Vorbereitung krankheitsbedingt verpasst.  Wie weit hast du den Trainingsrückstand wieder aufholen können?

Hannes Wolf: Ich bin bereit für die neue Saison. Natürlich habe ich während der Vorbereitung einige Einheiten verpasst. Nichtsdestotrotz hatte ich mich vorher im Urlaub schon sehr fit gehalten.

LAOLA1: Mit welchem Gefühl gehst du nun in die neue Saison?

Wolf: Mit einem guten Gefühl, wie in jede neue Saison.

"Eine Rückkehr nach Österreich kann ich mir aktuell nur zu RB Salzburg vorstellen, halte es aber für schwierig. In meiner Wahrnehmung verfolgt der Klub mittlerweile eine andere Philosophie als zu der Zeit, in der ich noch da war."

Hannes Wolf

LAOLA1: Du gehst in dein letztes Vertragsjahr bei den "Fohlen". Man hat einige Leistungsträger verloren, auch auf deiner Position wurden jedoch neue Spieler verpflichtet. Welche Rolle ist für dich vorgesehen?

Wolf: Ich denke, das wird sich im Laufe der Saison zeigen. Natürlich haben wir viel individuelle Qualität verloren. Nun bleibt abzuwarten, inwieweit die Neuen die Abgänge kompensieren können. Dadurch ergeben sich auch für mich neue Möglichkeiten.

LAOLA1: Du stehst aber bekanntlich auch einem Abgang offen gegenüber. Gab es keine Anfragen oder Angebote, die dich gereizt haben?

Wolf: Ich bin Spieler von Borussia Mönchengladbach und habe noch ein Jahr Vertrag. Auch wenn es vielleicht lockere Anfragen gab, waren es bisher nicht die Dinge, die ich mir unbedingt vorstelle oder die so konkret sind, dass man sich zusammensetzen müsste.

LAOLA1: Was müsste denn ein für dich attraktiver Klub mitbringen?

Wolf: Ich bin aktuell bei einem großen Klub, den man nicht einfach so verlässt. Grundsätzlich geht es mir immer um Spielzeit. Die vergangenen Jahre waren in dieser Hinsicht nicht so, wie ich mir das vorgestellt habe. Mir ist aber auch wichtig, dass mir Perspektiven aufgezeigt werden. Es geht mir um das Standing im Team – wie sehr ich gebraucht werde.

Der Schweizer Gerardo Seoane steht seit diesem Sommer an Gladbachs Seitenlinie
Foto: © getty

LAOLA1: Hattest du mit dem neuen Trainer Gerardo Seoane schon ein Einzelgespräch?

Wolf: Nur eins, als ich noch im Urlaub war, kurz nachdem bekannt wurde, dass er neuer Cheftrainer bei Borussia wird. Seitdem hat es sich einfach noch nicht ergeben.

LAOLA1: Wie ist das Training unter dem Schweizer?

Wolf: Sehr gut. Es macht auf jeden Fall sehr viel Spaß und ist sehr dynamisch. Er ist sehr direkt und sagt klar, was er haben möchte.

LAOLA1: Welchen Trainertyp brauchst du, um dich optimal entfalten zu können?

Wolf: Es hängt für mich gar nicht so sehr vom Trainertyp ab. Das Wichtigste ist, dass du einen Trainer hast, der dich aufstellt, der dir sein Vertrauen schenkt, auch wenn du mal ein nicht so gutes Spiel abgeliefert hast. Ich glaube, dass sich jeder Spieler unter solchen Umständen gut entfalten kann.

LAOLA1: Spürst du in Gladbach aktuell das Vertrauen?

Wolf: Ich denke, ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage, dass sich beide Seiten das ein bisschen anders vorgestellt hatten. Natürlich würde ich mir mehr Spielzeit wünschen, als ich sie bislang hier erhalten habe.

LAOLA1: Wenn Red Bull Salzburg auf dich zukäme, wäre eine Rückkehr nach Österreich verlockend?

Wolf: Eine Rückkehr nach Österreich kann ich mir aktuell nur zu Red Bull Salzburg vorstellen, halte es aber für schwierig. Ich weiß, es gibt Beispiele, wo solche Rückholaktionen funktioniert haben. Aber in meiner Wahrnehmung verfolgt der Klub mittlerweile eine andere Philosophie als zu der Zeit, in der ich noch da war.

"Ganz oben auf der Liste steht: „Zu alter Stärke zurückfinden“. Ich möchte es vor allem mir selbst – und gar nicht den Leuten – beweisen, weil ich weiß, auf welchem Niveau ich spielen kann. Ich habe noch zehn, elf, zwölf Jahre in meiner Karriere vor mir. Da will ich schon das Maximum herausholen. Mein Hunger ist noch nicht gestillt."

Hannes Wolf

LAOLA1: Nehmen wir mal an, beide Klubs aus deiner Heimatstadt Graz würden Bundesliga spielen: Du bist als GAK-Fan aufgewachsen. Würdest du dich auch aktuell für den GAK entscheiden oder für Sturm Graz?

Wolf: Für den GAK.

LAOLA1: Warum?

Wolf: Weil ich als Kind ein großer Fan war. Es ist der Verein, der mich gemeinsam mit meinem Bruder und meinem Vater zum Fußball-Fan gemacht hat. Die Sympathien in die Richtung sind da eher rot.

LAOLA1: In die dynamische Truppe von Sturm Graz würdest du aber auch ganz gut reinpassen...

Wolf: Der Klub hat sich super entwickelt. Es ist auch für die ganze Liga wichtig, dass sie in der Vorsaison Druck auf Salzburg ausgeübt haben. Auch der LASK hat sich sehr stark weiterentwickelt. Das sind aber Klubs, mit denen ich mich aktuell nicht befasse.

Hannes Wolf und Stefan Lainer sind auch abseits des Platzes gute Freunde
Foto: © GEPA

LAOLA1: Wie geht es deinem Teamkollegen Stefan Lainer aktuell nach seiner Krebs-Diagnose?

Wolf: Wir haben viel Kontakt, weil wir auch abseits des Platzes sehr gut befreundet sind. Das ist eine Schock-Nachricht für ihn gewesen. Für uns alle im Klub. Ich habe großen Respekt davor, wie er die Situation annimmt und dem Ganzen positiv entgegentritt.

LAOLA1: Wie sehr geht er dem Team ab?

Wolf: Seine Abwesenheit fällt auf, weil er ein Spieler ist, der im Training viel Feuer und positive Stimmung reinbringt, sehr beliebt ist und sehr viel Qualität mitbringt. Er fehlt sowohl in der Kabine als auch in sportlicher Hinsicht. Wir alle wünschen ihm nur das Beste und unterstützen ihn, so sehr es braucht und möchte.

"Im heutigen Fußball ist man als Profi verschiedenen Drucksituationen ausgesetzt, sei es durch die Medien oder Social Media. Oder es läuft einfach mal nicht so wie man sich es vorstellt, obwohl man alles macht wie immer. Dann hinterfragt man sich. In solchen Fällen kann einem die Arbeit mit einem Mentaltrainer oder einer Mentaltrainerin helfen."

Hannes Wolf

LAOLA1: Mit Maximilian Wöber hast du neuerdings einen weiteren Landsmann als Teamkollegen. Hat er sich im Vorfeld des Transfers bei dir über den Klub erkundigt?

Wolf: Ja, er hat mich angerufen und erzählt, dass Gladbach eine Option für ihn ist. Ich habe ihm daraufhin nahegelegt, zu Borussia zu kommen. Ich habe ihm erzählt, dass gerade ein Umbau stattfindet, wir eine hungrige Mannschaft haben und er gut reinpassen würde.

LAOLA1: Welchen Eindruck macht er im Training?

Wolf: Einen sehr guten. Er war direkt im ersten Testspiel sehr laut auf dem Platz. Man hatte das Gefühl, dass er schon länger hier ist, als nur zwei, drei Tage.

LAOLA1: Wie laut bist Du am Platz?

Wolf: Nicht so laut wie Max (lacht). Ich bin nicht der Typ, der auf dem Platz oder in der Kabine unbedingt lautstark spricht. Ich glaube, das ist sowohl typ- als auch positionsabhängig. Als Innenverteidiger musst du lauter sein als ein Offensivspieler.

Hannes Wolf wartet noch auf auf sein ÖFB-A-Teamdebüt
Foto: © GEPA

LAOLA1: Wie stark schwingt das Thema Nationalteam bei deinen Zukunftsplänen mit?

Wolf: Nicht so stark. Das Wichtigste ist für mich das Tagesgeschäft, die Klubebene hat Priorität. Aber jeder weiß, dass du dich dadurch für das Nationalteam in den Fokus bringen kannst. Und natürlich wäre es schön, wieder einberufen zu werden und mein Debüt in der A-Nationalmannschaft zu machen. Das steht auf meiner Liste. Dafür muss man aber auch auf Klubebene spielen. Das habe ich in den zurückliegenden Jahren einfach zu wenig. Insofern habe ich das Nationalteam im Hinterkopf, es trägt aber nicht zu möglichen Entscheidungen bei.

LAOLA1: Hältst du Kontakt zu Ralf Rangnick?

Wolf: Nein, momentan nicht.

LAOLA1: Du hast deine "Liste" erwähnt. Was steht denn da drauf?

Wolf: Ganz oben auf der Liste steht: 'Zu alter Stärke zurückfinden'. Ich möchte es vor allem mir selbst – und gar nicht den Leuten – beweisen, weil ich weiß, auf welchem Niveau ich spielen kann. Mir ist klar, dass das nur über Spiele geht. In letzter Zeit konnte ich mich nicht zeigen, wie ich das gerne gewollt hätte. Dann will ich sehen, wohin die Reise geht. Ich habe noch zehn, elf, zwölf Jahre in meiner Karriere vor mir. Da will ich schon das Maximum herausholen. Mein Hunger ist noch nicht gestillt.

Hannes Wolf verletzte sich in der Vorsaison an der Schulter und musste neun Spiele pausieren
Foto: © getty

LAOLA1: In deiner Karriere hast du diverse Rückschläge aufgrund von Verletzungen hinnehmen müssen. Wie gehst du heute damit um?

Wolf: Ich versuche das Positive mitzunehmen. Wenn ich verletzt bin, versuche ich an anderen Dingen zu arbeiten, zu denen man, wenn man fit ist, nicht kommt. Ich lasse mich aber von nichts unterkriegen.

LAOLA1: Machst du mittlerweile etwas im Training oder dann im Spiel anders, um das Verletzungsrisiko zu minimieren?

Wolf: Wenn ich im Training bin, versuche ich das Maximum zu geben, damit ich fürs Spiel das Verletzungsrisiko minimiere. Wenn du, wie ich, in den letzten Jahren weniger gespielt hast, dann ist es oft schwierig, sich an die Belastung im Spiel zu gewöhnen. Weil es häufig von Null auf Hundert geht. Ich sehe mich dadurch aber nicht als verletzungsanfälligen Spieler. Bei den Verletzungen, die ich hatte, hatte ich leider einfach Pech. Sei es mein Sprunggelenksbruch oder meine Schulterluxation. Das kann man dann auch nicht wirklich verhindern.

LAOLA1: Was tust du, um deine mentale Gesundheit aufrechtzuerhalten und zu fördern?

Wolf: Ich arbeite mit einer Mentaltrainerin zusammen. Im heutigen Fußball ist man als Profi verschiedenen Drucksituationen ausgesetzt, sei es durch die Medien oder Social Media. Oder es läuft einfach mal nicht so wie man sich es vorstellt, obwohl man alles macht wie immer. Dann hinterfragt man sich. In solchen Fällen kann einem die Arbeit mit einem Mentaltrainer oder einer Mentaltrainerin helfen. Ich finde ich es gut, wenn man eine Meinung von außen bekommt – von einer Person, die das komplett neutral sieht. Du hast ansonsten nur deine Freundin oder deine Familie. Aber diese Leute sind natürlich ein bisschen befangen, weil sie auch das Beste für dich wollen. Ich kann das jedem nur nahelegen.

LAOLA1: Wobei hilft deine Mentaltrainerin konkret?

Wolf: Ich kann mit ihr über alles sprechen. Zum Beispiel darüber, wie ich aus Dingen, die nicht so laufen wie ich mir das vorstelle, für mich dennoch das Beste rausziehen kann. Das Wichtigste dabei ist, dass man sich auf sich selbst konzentriert und nicht abschweift.

Wolf in Action! Die Highlights seiner Saison 2020/21

Kommentare