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Trainer-Export Glasner - Keine Hürde zu hoch

Der Wolfsburg-Trainer verrät im LAOLA1-Interview, was ihn so erfolgreich macht.

Trainer-Export Glasner - Keine Hürde zu hoch Foto: © getty

Österreichs Trainer sind auf der Überholspur! Was vor wenigen Jahren noch als undenkbar galt, ist heute Realität. 

Mit Oliver Glasner und Adi Hütter mischen zwei ÖFB-Trainer mit ihren Klubs die deutsche Bundesliga auf. Beide liegen nach 21 Spieltagen auf Kurs in Richtung Champions League. Mit dem VfL Wolfsburg und Eintracht Frankfurt bei Weitem keine Selbstverständlichkeit.

Außer dem aktuellen Erfolg haben die Wege der beiden Ex-Profis aber nur sehr wenig gemein. Hütter wählte den Weg über die Schweiz, während Glasner direkt den Sprung nach Deutschland wagte.

In seiner zweiten Saison im Weltmeisterland von 2014 scheint Glasner mit den "Wölfen" die schon starke Premieren-Saison sogar noch zu toppen. Erstmals winkt für den 46-Jährigen die Champions League. Vor einigen Jahren noch unvorstellbar, doch für den Erfolgstrainer, der sich aus der 2. Liga in Österreich zu einem Top-Klub in der Elite-Liga arbeitete, scheint keine Hürde zu hoch.

Im LAOLA1-Interview erklärt er, wieso er sich beim Gedanken an seine bisherige Trainer-Karriere an einen Klassiker von Wolfgang Ambros erinnert fühlt und was ÖFB-Legionär Xaver Schlager auszeichnet.

LAOLA1: Wann war für Sie klar, dass Sie nach der Zeit als Aktiver eine Trainerlaufbahn einschlagen wollen?

Oliver Glasner: Ich habe während meiner aktiven Karriere schon sieben Jahre Wirtschaftswissenschaften studiert und obwohl mir viele meiner Trainer gesagt haben, dass ich sicher einmal Trainer werde, hatte ich dieses Ziel eigentlich nie. Da habe ich mir eher gedacht: ‚Du wirst ja nicht sieben Jahre studiert haben, um dann Trainer zu werden.‘

LAOLA1: Wie ist es dann trotzdem relativ schnell so gekommen?

Manchmal denke ich mir schon auf Österreichisch gesagt ‚Zwickts mi, i glaub i tram‘. Ich habe das ja so überhaupt nicht geplant. Es gab auch Zeiten, in denen alles ein bisschen auf der Kippe gestanden ist. 14 Tage nach meinem Amtsantritt in Salzburg sind wir gegen Düdelingen in der CL-Quali ausgeschieden, da kann es auch schnell wieder vorbei sein.

Glasner: Anfangs war ich als Sportkoordinator bei Red Bull Salzburg aktiv. Das hat gepasst, weil ich das Sportliche und meine wirtschaftliche Ausbildung verbinden konnte. Nach einem halben Jahr sind dann Ralf Rangnick und Roger Schmidt nach Salzburg gekommen, und Rangnick hat mich gefragt, wo ich mich eigentlich in Zukunft sehe. Nach diesem halben Jahr in der Geschäftsstelle war mir schnell klar, dass mir die tägliche Arbeit auf dem Platz schon fehlt, und weil Roger noch einen Co-Trainer suchte, haben wir uns getroffen und ausgetauscht. Da hat sich schnell herausgestellt, dass wir relativ ähnliche Anschauungen vom Fußball und dem Umgang mit den Spielern haben – so war ich plötzlich Co-Trainer bei Red Bull Salzburg.

LAOLA1: Nach zwei Jahren als Co ging es dann über Ried und den LASK relativ schnell in die deutsche Bundesliga. Welche Bilanz ziehen Sie über ihre bisherige Trainerkarriere?

Glasner: Manchmal denke ich mir schon auf Österreichisch gesagt ‚Zwickts mi, i glaub i tram‘. Ich habe das ja so überhaupt nicht geplant. Es gab auch Zeiten, in denen alles ein bisschen auf der Kippe gestanden ist. 14 Tage nach meinem Amtsantritt in Salzburg sind wir gegen Düdelingen in der CL-Quali ausgeschieden, da kann es auch schnell wieder vorbei sein. Aber jetzt ist das natürlich ein Traum, der in Erfüllung gegangen ist. In Deutschland in der Bundesliga eine Mannschaft zu trainieren, schon letzte Saison im vorderen Drittel mitzumischen und auch heuer wieder. Die Dichte ist unvorstellbar, hier spielt mit Bayern der Champions-League-Sieger, mit Leipzig ein Halbfinalist und auch heuer sind wieder vier Teams im Achtelfinale der Champions League.

LAOLA1: Was macht Ihre Mannschaft so gut, dass sie sich mit diesen Mannschaften messen kann?

Glasner: Wir haben einen Stil und eine Idee von Fußball. Das wollen wir der Mannschaft vermitteln. Der Stamm des Kaders ist über den Sommer gleichgeblieben und wir haben uns punktuell ergänzt bzw. verstärkt. Wir haben, was uns mittlerweile auszeichnet, eine sehr intensive Spielweise. Jeder auf dem Feld weiß, was er in beide Richtungen zu tun hat und ist auch bereit, das für die Mannschaft einzubringen – das ist wahrscheinlich unser größtes Tool, warum es so gut lauft.

LAOLA1: Sie haben Ihr System von der für Sie in Österreich typischen Dreierkette in Wolfsburg mittlerweile wieder auf Viererkette umgestellt. Welche Vorteile hat die Viererkette für das Spiel Ihrer Mannschaft?

Glasner: Da muss ich etwas weiter ausholen. Bei meiner ersten Station in Ried habe ich zu Beginn noch mit Viererkette gespielt. Damals haben wir in der Zehnerliga im ersten Quartal sechs Punkte geholt. Ich werde nie vergessen, wie ich zu Stefan Reiter (Anm.: damaliger Ried-Sportdirektor) gegangen bin und gesagt habe: ‚Wenn wir nie trainiert hätten, hätten wir genausoviele Punkte.‘ Wegen der vielen Gegentore habe ich dann umgestellt und vereinfacht gesprochen, den Zehner nach hinten geschoben und so war die Dreierkette geboren. Die Grundausrichtung war dann ein 3-5-2, das auch perfekt zur damaligen Mannschaft mit Gernot Trauner hinten, Stefan Lainer, Oliver Kragl auf den Außenbahnen und den Stürmern Thomalla und Walch gepasst hat.

Foto: © GEPA

LAOLA1: Wie hat sich die Systemfrage dann beim LASK entwickelt?

Glasner: Auch beim LASK haben wir in der 2. Liga noch mit einer Viererkette gespielt, im Aufstiegsjahr trotz eines souveränen Titels aber relativ viele Gegentore erhalten. Weil Ried gleichzeitig abgestiegen ist, hat sich ein Transfer von Gernot Trauner aufgetan, der für mich der beste österreichische Spieler in der Zentrale einer Dreierkette ist. Er ist unglaublich spielintelligent, bringt alles mit, was diese Position für mich erfordert. Auch im ÖFB-Team hat er das fantastisch gespielt. Er weiß, wann er rausattackieren oder die Tiefe sichern muss, ist robust, hat ein gutes Kopfballspiel und bringt auch genügend Tempo mit. Mit ihm war dann klar, dass wir nach dem Aufstieg wieder auf eine Dreierkette wechseln, allerdings noch nicht fix ob wir 3-5-2 oder 3-4-3 als Grundordnung wählen. Das habe ich dann wieder vom Personal abhängig gemacht, und mit Spielern wie Reini Ranftl oder Maxi Ullmann hat sich das eigentlich von selbst ergeben. Mit dem 3-4-3 waren wir dann echt mega-erfolgreich.

Wenn du nicht bei 100 Prozent bist, verlierst du. Mannschaften, wie es wir sind, und eigentlich der Großteil der Liga, können nur Spiele gewinnen, wenn wir unsere beste Leistung auf den Platz bringen. In Österreich ist es für die Top-3-Vereine - Sturm ist diese Saison auch dabei - möglich, auch zu gewinnen, wenn sie nicht ihr Optimum auf den Platz bringen. Das gibt es in Deutschland nicht und genau das macht es für die Spieler schwierig, aber auch so reizvoll, weil du dich nur weiterentwickelst, wenn du jede Woche performen und ans Limit gehen musst.

LAOLA1: Und in Wolfsburg?

Glasner: In Wolfsburg sind wir es ähnlich wie in Ried angegangen. Die Mannschaft hatte in der erfolgreichen Vorsaison zu viele Gegentore erhalten. Wir haben dann einen Sechser hinten reingeschoben, um die Defensive zu stabilisieren. Nachdem das gut funktioniert hat, haben wir Schritt für Schritt wieder umgestellt und schaffen es mit einem Mann mehr in der Offensive trotzdem durch wahnsinnig viele intensive Läufe die Räume zu schließen. Man kann es ja auch umgekehrt sehen - jetzt haben wir vorne wieder einen Mann mehr.

LAOLA1: Das Herzstück Ihres Systems bilden ÖFB-Teamspieler Xaver Schlager und Maximilian Arnold. Wie zufrieden sind sie mit der Entwicklung vor allem von Schlager?

Glasner: Für Xaver war es natürlich ein großer Schritt aus Österreich in die deutsche Bundesliga zu wechseln. Der Schritt sorgt immer wieder für Probleme, auch wenn ich an Konrad Laimer denke, der zu Beginn in Leipzig kaum zum Einsatz gekommen ist. Nach einem guten Start kam dann relativ schnell der Knöchelbruch, der Xaver eigentlich viel länger außer Gefecht setzen sollte. Mit seinem Ehrgeiz war er aber dann deutlich schneller wieder zurück als erwartet, allerdings fehlte ihm die Match-Fitness. In der kurzen Winter-Vorbereitung konnte er den Rückstand nicht aufholen, dann kam Corona und die Spielintensität konnten wir in dieser Phase nie trainieren. Die Verletzung hat sich dann sehr lange ausgewirkt, auch weil wir während Länderspielpausen und Europa League bis zum Sommer nie dazu gekommen sind, ihm das Training zu ermöglichen, das er eigentlich gebraucht hätte. Erst durch das bittere Out in der aktuellen Europa-League-Saison haben wir viel Trainingszeit dazugewonnen und von der profitiert Xaver aktuell. Er ist topfit, mental auf der Höhe, hat mit dem Ball Qualitäten und erobert defensiv durch seine Cleverness wahnsinnig viele Bälle. Er ist ein wichtiger Eckpfeiler bei uns und ich bin sehr zufrieden mit ihm.

LAOLA1: Wo sehen Sie die größten Schwierigkeiten beim Sprung von Österreich nach Deutschland?

Glasner: Es ist eine riesige fußballerische Qualität da und eine irrsinnige physische Präsenz. Wenn du nicht bei 100 Prozent bist, verlierst du. Mannschaften, wie es wir sind, und eigentlich der Großteil der Liga, können nur Spiele gewinnen, wenn wir unsere beste Leistung auf den Platz bringen. In Österreich ist es für die Top-3-Vereine - Sturm ist diese Saison auch dabei - möglich, auch zu gewinnen, wenn sie nicht ihr Optimum auf den Platz bringen. Das gibt es in Deutschland nicht und genau das macht es für die Spieler schwierig, aber auch so reizvoll, weil du dich nur weiterentwickelst, wenn du jede Woche performen und ans Limit gehen musst.

LAOLA1: Und von der Trainerseite betrachtet?

Glasner: Die Liga ist größer, mehr Leute im Staff, mehr Aufmerksamkeit. Es ist auch bei mir eine stetige Entwicklung, trotzdem versuche ich es so handzuhaben, wie ich es für richtig halte. Die Kernaufgaben bleiben aber da und dort gleich. Mit unzufriedenen Spielern habe ich in Ried genauso gesprochen wie jetzt in Wolfsburg. Es geht um Wertschätzung, Respekt und Vertrauen. Das Wie ist vielleicht immer etwas anders. Jede Persönlichkeit ist anders, aber genau das ist es, was mich so reizt. Dass es nie gleich ist, sondern immer etwas Neues. Zu erkennen, wann ein Spieler vielleicht einmal nichts von dir hören will oder wann er einen ‚Spitz‘ braucht.

 

Foto: © getty

LAOLA1: Neben Ihnen arbeiten momentan auch einige andere österreichische Trainer erfolgreich in europäischen Ligen. Adi Hütter liegt beispielsweise mit Eintracht Frankfurt punktemäßig gleichauf mit Ihrer Mannschaft ebenfalls auf einem Champions-League-Platz. Was macht die heimischen Trainer so erfolgreich?

Glasner: Schwer zu sagen. Die Trainerausbildung ist sicher gut, aber jeder erfolgreiche Trainer, ganz egal welcher Nationalität, hat seine eigene Karriere. Das lässt sich nie vergleichen. Adi Hütter hat eine ganz andere Geschichte als ich. Auch Peter Stöger, der zuvor sehr erfolgreich in Deutschland war, hat es von der Regionalliga bei der Vienna bis in die Bundesliga geschafft. Jeder, der auf höchstem Niveau arbeitet, egal ob in Österreich oder Deutschland, hat seine Qualitäten und seine Qualifikation für diesen Job.

LAOLA1: Zum Thema Covid19 – Wolfsburg gilt eher als ‚graue Maus‘ in der deutschen Bundesliga. Schadet die Pandemie dem VfL weniger als anderen Vereinen, die mehr von ihren Fans und Zusehern leben?

Glasner: Nein, das glaube ich nicht. Ich zumindest kann an Corona überhaupt nichts Positives erkennen. Nur weil jemand anderer vielleicht mehr Schaden hat, ist es für mich auch nicht positiver. Das kann es nur sein, wenn wir einen Nutzen davon hätten und den gibt es nicht, weil unsere Fans nicht im Stadion sein dürfen. Die Atmosphäre war einer der Mitgründe in die deutsche Bundesliga zu wechseln, und das haben wir jetzt weder zu Hause noch auswärts. Deshalb gibt es da für mich überhaupt nichts Positives an der Corona-Pandemie.

 

Anstatt auf den Fußball einzuschlagen, hätte man vielleicht schon früher versuchen sollen, sich genau umgekehrt vom Konzept etwas abzuschauen.

LAOLA1: Auch bei Ihrer Mannschaft gab es vor Weihnachten Corona-Fälle - samt anonymem Hinweis, der Verein halte sich nicht an die Regeln. Was sagen Sie mit etwas Abstand zu dieser Causa?

Glasner: Wir dürfen nicht vergessen, dass alle Sportler und Fußballspieler zu allererst einfach Menschen sind und genauso nicht davor gefeit sind, sich zu infizieren, wie jeder andere Mensch auf der Welt. Die Bundesliga hat damals als Vorreiter ein Konzept erstellt, wie es möglich ist, die Fußballspiele austragen zu können – nur mit massiven Einschränkungen. Der Kunde darf quasi nicht ins Geschäft, ein Wirt ohne Gäste würde beispielsweise nie aufsperren. Das Glück ist aber, dass der Sport über das Fernsehen trotzdem verbreitet werden kann. Und dafür nehmen wir alle in dieser Fußball-Blase nach wie vor große Einschränkungen auf uns. Und wenn es trotzdem passiert, dass sich jemand infiziert, was auch in einer Familie immer passieren kann, finde ich es einfach traurig, wenn sich jemand bemüßigt fühlt, anonym ein E-Mail an irgendwen zu schicken. Ich würde gerne jeden einladen, um zu zeigen, welche Vorreiterrolle wir schon seit langer Zeit einnehmen. Anstatt auf den Fußball einzuschlagen, hätte man vielleicht schon früher versuchen sollen, sich genau umgekehrt vom Konzept etwas abzuschauen. Das, was mittlerweile in einigen Bereichen eingeführt wurde, wie beispielsweise tägliche oder wöchentliche Tests, machen wir schon seit Monaten.

LAOLA1: Wie sehr sind Sie privat von den Einschränkungen durch Covid19 betroffen? Ihre Familie lebt nach wie vor in Oberösterreich.

Glasner: Die Gesetzeslage erlaubt es mittlerweile wieder, für wenige Tage hin- und her zu reisen, ohne in Quarantäne zu müssen, was es für mich natürlich unmöglich machen würde. Es gab aber in der Vergangenheit auch schon andere Zeiten, in denen wir uns fünf bis sechs Wochen überhaupt nicht gesehen haben. Aktuell können wir uns alle zwei bis drei Wochen für ein bis zwei Tage sehen.

LAOLA1: Sie sind jetzt in Ihrer zweiten Saison bei den Wölfen und liegen aktuell auf Rang vier. Was muss am Ende herausschauen, um von einer guten Saison sprechen zu können?

Glasner: Europa! Wir haben gesagt, dafür wollen wir uns qualifizieren. Es würde keinen Sinn machen, die Ziele dauernd zu switchen. Was wir beibehalten wollen, ist, in jedes Spiel mit der Einstellung zu gehen, gewinnen zu wollen, egal ob der Gegner Bayern München oder ein Aufsteiger ist.

LAOLA1: Wie lauten Ihre persönlichen Ziele? Ist nach den Stationen Ried, LASK und Wolfsburg ein absoluter Top-Klub der logische nächste Schritt?

Glasner: Als ich von Ried zum LASK gewechselt bin, war es für mich auch nicht absehbar, ein paar Jahre später in der deutschen Bundesliga einen Top-Klub zu trainieren. Mein Ziel ist einfach dieses Feuer für den Trainerjob aufrechtzuerhalten, dass ich es weiterhin so gerne mache. Meine Überzeugung ist, wenn ich etwas gerne mache, mache ich es auch gut. Dann bin ich überzeugt, es wird das Richtige passieren, was auch immer das sein mag.

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